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Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3

Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3

Titel: Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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allmächtig.«
    Camaris zog ein paar kleine Striche durch den äußeren Kreis, die, vermutete Simon, wohl die Engel darstellen sollten. Der junge Ritter war, um die Wahrheit zu sagen, ein wenig verwirrt, obwohl ihm vieles von dem, was Camaris erzählte, einleuchtete, also hielt er sich an das, was er begriff, und wartete.
    »Aber«, fuhr der Alte fort, »die Herrscher der Menschen sind, wie schon gesagt, unvollkommen. Sie sind Sünder wie wir alle. Und obwohl darum jeder Ritter seinem Lehnsherrn treu sein muss, hat er sich zugleich an das Gesetz der Ritterschaft zu halten, an die Regeln des ritterlichen Kampfes und des Anstands, der Ehre, der Barmherzigkeit und der Verantwortung, die für alle Ritter in gleicher Weise gelten.« Camaris halbierte die Linie durch den inneren Kreis, sodass ein Kreuz entstand. »Gehorchen alle Ritte ihrem Gesetz, kommt es nicht darauf an, welcher irdische Herrscher den Sieg davonträgt – er hat ihn nach göttlichem Recht errungen, und die Entscheidung in der Schlacht ist ein Abbild des göttlichen Willens.« Er sah Simon eindringlich an. »Habt Ihr mich verstanden?«
    »Ja, Herr.« Tatsächlich erschienen die Worte ihm sinnvoll, obwohl er erst noch selbst darüber nachdenken wollte.
    »Gut.« Camaris bückte sich und wischte das lehmverschmierte Holzschwert so sorgfältig ab, als sei es Dorn. Dann reichte er es Simon zurück. »Wie nun Gottes Priester dem Volk den Willen des Herrn in einer Form verständlich machen muss, die dem Ohr angenehm ist, so müssen auch Gottes Ritter seinen Wünschen in geziemender Weise Ausdruck verleihen. Darum darf ein Krieg, so furchtbar er auch sein mag, niemals zum viehischen Gemetzel ausarten. Darum ist aber auch ein Ritter mehr als nur ein starker Mann auf einem Pferd. Er ist Gottes Stellvertreter auf dem Schlachtfeld. Der Schwertkampf ist wie ein Gebet, junger Krieger – ernst und traurig, und doch auch nicht ohne Freude.«
    Er sieht nicht besonders freudig aus, dachte Simon, aber er hat etwas, das an einen Priester erinnert.
    »Und darum wird man nicht einfach ein Ritter, wenn man eine Nachtwache hält und mit einem Schwert berührt wird, so wie man auch kein Priester wird, wenn man das Buch Ädon von einem Dorfende zum andern trägt. Man muss lernen, immer wieder lernen.« Er sah Simon an. »Steht auf und haltet Euer Schwert hoch, junger Mann.«
    Simon gehorchte. Erstaunt nahm er zur Kenntnis, dass Camaris eine gute Handspanne größer war als er. Simon war inzwischen gewöhnt, alle zu überragen.
    »Ihr haltet es wie eine Keule. Spreizt Eure Finger – so.« Die langen Hände des Ritters umschlossen Simons Hände. Seine Finger waren trocken, hart und so rauh, als hätte Camaris sein Leben lang Erde geschaufelt oder Steine gemauert. An seinem Griff erkannte Simon blitzartig die ungeheure Erfahrung des Alten und verstand, dass er viel mehr war als nur eine fleischgewordene Legende oder ein bejahrter Mann mit vielen nützlichen Kenntnissen. Er spürte die unzähligen Jahre voll harter, mühsamer Arbeit, die unendlichen und fast immer ungewollten Waffengänge, die dieser Mann erdulden musste, um zum mächtigsten Ritter seiner Zeit zu werden. Er begriff, dass Camaris so wenig Freude daran gehabt hatte wie ein gütiger Priester, der einen unwissenden Sünder öffentlich brandmarken muss.
    »Fühlt es jetzt, wenn Ihr es hebt«, sagte Camaris. »Fühlt, wie die Kraft aus den Beinen kommt. Nein, Ihr steht nicht im Gleichgewicht.« Er schob Simons Füße enger zusammen. »Warum stürzt ein Turm nicht um? Weil sein Schwerpunkt auf den Fundamenten ruht.«
    Bald ließ er auch Jeremias arbeiten, und das nicht zu knapp.
    Rasch eilte die Nachmittagssonne über den Himmel. Gegen Abend wurde der Wind eisig. Der alte Krieger ließ sie immer wieder ihre Bewegungen üben, und etwas wie ein Glanz – kühl, aber dennoch hell – trat dabei in seine Augen.
    Als Camaris sie endlich entließ, war es dunkel geworden. Überall im Tal brannten Lagerfeuer. Sie hatten es an diesem Tag geschafft, alles über den Fluss zu bringen, und die Schar des Prinzen würde beim ersten Morgengrauen aufbrechen können. Inzwischen richteten dieBewohner von Neu-Gadrinsett sich notdürftig ein, aßen oder wanderten müßig durch das düstere Tal. Ein Gefühl von Stille und Vorahnung hatte sich über alle gelegt, so unübersehbar wie die Dämmerung selbst. Es war ein wenig wie in der Zwischenwelt, dachte Simon, dem Ort, der vor dem Himmel lag.
    Aber natürlich liegt er auch vor der Hölle, fiel

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