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Das Geheimnis der Haarnadel

Das Geheimnis der Haarnadel

Titel: Das Geheimnis der Haarnadel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fitzgerald Heard
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aus der Tabaksasche zu lesen, sie zu deuten und seine Schlußfolgerungen daraus zu ziehen, wie uns berichtet wird. Vielleicht war er medial veranlagt und kam zu diesen Schlüssen als Seher, wobei die Zufallsmuster der Asche lediglich als Stimulans für seine übersinnlichen Einsichten dienten – wie bei den Damen, die aus Kaffeesatz die Zukunft lesen! Vielleicht war es auch der Hauch eines Aromas, das aus der Asche zu seinen außerordentlich feinen Geruchsnerven aufstieg und ihn zu seinen Visionen anstachelte, so wie der Rauch der Lorbeerblätter in Delphi die pythische Sibylle stimulierte!
    Doch das sind Spekulationen, die uns in eine beinahe mythische Vorzeit führen. Lassen Sie uns in die profane Gegenwart zurückkehren. Ich fand in der Asche etwas, das mich weiterbrachte. In der Ritze zwischen den Seiten entdeckte ich mit meinem Vergrößerungsglas – das hervorzuholen mir Janes Erzählung reichlich Zeit ließ – nicht nur Asche, sondern winzige Krümel des Tabaks selbst.
    Es war Virginiatabak – etwas, das ein Latakia-Raucher niemals anrühren würde. In den Ritzen der ersten Seite fand ich weitere Asche – nicht so viel wie zwischen den späteren Seiten, aber doch mit einem Krümel oder zweien unverbrannten Tabaks, und bei diesem Tabak handelte es sich um Latakia. Mit anderen Worten, als ich diesen Punkt erreicht hatte, konnte ich folgendes mit Sicherheit sagen: daß Sankey die ersten Seiten gelesen hatte, jedoch nicht die Passage über Petus, denn bevor er so weit gekommen war, sank er nieder, das Buch in Händen, das Messer in der Brust; daß zum zweiten jemand, der Virginiatabak rauchte, diese Petus-Pas- sage gelesen und, jawohl, darüber gebrütet hatte, bevor Sankey das Buch bekam; und zum dritten, daß seit dem Vorfall niemand mehr das Buch in Händen gehabt hatte, denn der Inspektor hatte es unter Verschluß genommen, als der hiesige Polizeivorsteher es ihm übergab, der es selbst unter der unberührt gebliebenen Leiche hervorgezogen hatte.
    Und während ich, mit einigem Gewinn, wie Sie sehen, das Buch mit meinem Glase studierte, versäumte ich keineswegs, Janes munter sprudelnden Worten zu lauschen. Und wiederum wurde ich durch ihre lebendigen Sinneseindrücke belohnt – schlichte Gemüter haben oft ein photographisches Gedächtnis. In ihrer Beschreibung jenes letzten Tages war ihr wirklich nicht das geringste entgangen. Sie werden sich erinnern, daß sie berichtete, wie sie Mr. Sankey seinen, so nannte sie es, >Morgentrunk< – seine Schokolade brachte, und wie im selben Augenblick der Besucher von gegenüber eintraf und daß er, obwohl er dieses schwere Buch (das sie in einem verständlichen Versehen für die Küche reklamierte) unter dem Arm hatte, ihr die Türen aufhalten konnte, auch wenn er es mit der linken Hand tun mußte. Und ihr fiel auf, daß an dieser linken Hand Daumen und Zeigefinger dick verbunden waren. Natürlich verschaffte ich mir bei der ersten Gelegenheit – genauer gesagt am heutigen Tag – einen Eindruck von diesem Daumen und diesem Finger, indem ich ihren Besitzer dazu brachte, sie mir zu zeigen, als Sie mir nämlich meine Zigarette entzündeten. Ich konnte nicht das geringste Anzeichen einer Verletzung entdecken. Doch wenn diese Finger an jenem schicksalhaften Vormittag rasch und unbemerkt ein Papiermesser aufnehmen wollten, auf dem unter keinen Umständen ihre Abdrücke zu sehen sein durften, dann war es eine kluge und naheliegende Vorsichtsmaßnahme, sie zu bandagieren, nicht wahr?«
    Während dieser Erläuterungen war Milium, der auf dem Boden saß, noch weiter in sich zusammengesunken. Mr. M. wandte sich um und legte ihm die Hand auf die gebeugten Schultern.
    »Bitte«, sagte er, »nehmen Sie diesen Teil der Geschichte nicht so tragisch. Wenn wir zur Frage des Motivs zurückkehren, dann ist wieder Zeit für finstere Mienen. Und da haben wir, wie ich Mr. Silchester beweisen werde, einen Punkt, der sehr zu Ihren Gunsten spricht. Um nun aber zu den Mitteln zurückzukehren: Ich für meinen Teil finde, sie sind elegant. Einige würden vielleicht sagen, daß es eine so raffiniert gelegte falsche Fährte war, so ausgeklügelt, einen Spürhund von der Spur abzubringen, daß niemand sie jemals bemerkt hätte. Aber sehen Sie, sie war ja nur deswegen so gelungen und so erfolgreich, weil die höheren Chargen der Polizei heutzutage so intelligent, ja sogar gelehrt sind. Sie bekräftigt den alten Ratschlag: es zahlt sich aus, niemals ein Publikum herablassend zu behandeln, niemals

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