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Das Geheimnis der Haarnadel

Das Geheimnis der Haarnadel

Titel: Das Geheimnis der Haarnadel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fitzgerald Heard
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einen Gegner zu verachten, niemals die Polizei zu unterschätzen.
    Und nun verstehen Sie, Mr. Silchester«, sagte Mr. M. denn er hatte sich nun, da sein Versuch Miliums Interesse an den Mitteln und der Mycroftschen Art ihrer Darlegung wachzuhalten, den Patienten nicht hatte aufrütteln können, mir zugewandt, »nun verstehen Sie, Mr. Silchester, warum ich Ihnen, nachdem der Inspektor den Fall für abgeschlossen erklärt hatte, vorschlug, noch einen Blick auf das Nachbarhaus zu werfen. Wir mußten den Schwerpunkt unserer Ermittlungen verlagern. Das Hauptinteresse lag nun nicht mehr hier in diesem Garten: hier hatte sich nur das Ende zugetragen. Der Anfang jener Bahn, die wir nachzuzeichnen hatten, lag, dessen war ich sicher, auf der anderen Seite der Mauer – dort, von wo das Buch gekommen war.
    Das Indiz, das ich hatte, war ja wie ein justiertes Visier. Ja, es war nicht nur wie ein solches, sondern es war, wie sich erweisen sollte, tatsächlich eine Visierlinie, die mir die Richtung wies, die ich zurückverfolgen mußte, um an den Ursprung des Geheimnisses zu gelangen. Sie wies nicht nur zum Haus auf der anderen ‘ Straßenseite – sie wies mir sogar genau die Stelle an jenem Haus. Also besuchten wir Mrs. Sprigg, und Sie werden sich erinnern, daß ich um Erlaubnis bat, unsere Blicke >ins Erdenrund zu schickem, und jenes Zitat und die Tatsache, daß ich mich an ihrer heimischen Landschaft erfreuen wollte, sorgten dafür, daß sie uns unsere Aussicht vom Pisga mit Freuden gewährte. Und Sie haben sie genossen.«
    »Im Gegensatz zu Ihnen!« warf ich ein.
    »So warten Sie noch«, sagte Mr. M. »noch sind wir erst auf dem Weg hinauf.«
    »Das«, begriff ich nun, »war wohl der Grund, daß Sie, als Sie erst einmal oben waren, der Landschaft nicht ganz so viel Interesse entgegenbrachten, wie Sie zuvor bekundet hatten. Ja, ich weiß noch, als wir die letzte Etappe erklommen und Mrs. Spriggs Kräfte erlahmt waren, so daß sie uns allein weitergehen ließ – daß Sie, als Sie die Spitze der letzten, leiterartigen Treppe erreichten und eben die kleine verglaste Tür aufdrücken wollten, die auf die Bleiplatten hinausführt, innehalten und um Atem ringen mußten. Allerdings war, wie ich zugeben muß, die Luft dort oben auch stickig wie ein Betäubungsmittel.«
    »Gutes Gedächtnis und solide Beobachtung, wohingegen die Deduktion, wie ich zu meiner Freude sagen kann, so falsch ist, wie ich gehofft hatte!«
    Nach diesem kleinen Schlenker, den ich durchgehen ließ und im Interesse dessen, worauf er hinauswollte, ignorierte, fuhr er sogleich fort: »Als ich innehielt, in der Hoffnung, daß Sie und Mrs. Sprigg – für den Fall, daß sie uns noch immer nachsah – glaubten, ich müsse Atem schöpfen, betrachtete ich die kleine Tür. Sie werden sich erinnern, daß es eine zweiflüglige Tür war, die sich in der Mitte öffnete, und daß Mrs. Sprigg gesagt hatte, niemand sei dort oben gewesen seit den Dachdeckern, Monate zuvor. Doch ich erblickte sogleich den eindeutigen Beweis, daß – ja beinahe das genaue Datum, zu dem – jemand kurz vor uns dort gewesen war!
    Spinnweben! Wir vom Detektivgeschäft erzählen immer vom Spinnennetz und dergleichen Dingen. Aber warum hat bis heute niemand erkannt, welch einen faszinierenden Spurenleger wir hier haben – ja, sogar einen faszinierenden Kollegen!«
    Auf diese Rhapsodie hin erkundigte ich mich mit mehr als nur einem Lächeln: »Meister, spinnt Ihr lediglich eine Geschichte aus, oder seid Ihr auf einer Spur?«
    »Warten Sie noch, bitte,« entgegnete er, »denn jemand hat tatsächlich genau das Buch verfaßt, von dem ich mir jahrelang gewünscht habe, ich hätte Zeit und Geschick, es zu schreiben. Sechs Jahre lang hat Dr. André Tilquin La Toile Géométrique des Araignées beobachtet und Aufzeichnungen darüber verfaßt. Er stellte ihnen zwei Zimmer seines Hauses zur Verfügung, damit sie ihm zeigen konnten, wie sie ihre Gazefallen, ihre Trapeze und Hängemattenhäuser bauen. Und nach und nach, indem er diese winzigen Linien studierte, erschloß sich ihm aus diesen hauchzarten, doch streng geometrischen Mustern der Schatten jenes merkwürdigen Verstandes, der diese Spuren hinterließ. Natürlich ist das Repertoire von Spinnen begrenzt. Aber was sie tun können, funktioniert wie ein Uhrwerk. Das war einer der interessantesten Schlüsse, auf die le grand Tilquin kam. Er entdeckte, daß, wenn Sie die richtige Art von Spinne in eine Ecke mit den für ihr geometrisches Gefühl< richtigen

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