Das Geheimnis der Heiligen Stadt
sich mit ganzem Gewicht gegen die schwere Tür gelehnt hatte, um sie zu schlieÃen.
Hinter Geoffrey stürzte ein lichterloh brennender Holzbalken in einem Funkenregen herab, und er musste sich nach hinten werfen, damit er nicht getroffen wurde. Der Balken kippte um und blockierte die Tür. Geoffrey schaute bestürzt darauf. Auf diesem Wege kam er gewiss nicht mehr aus dem brennenden Stall hinaus!
Der flammende Balken entzündete noch mehr von dem Heu, und das Feuer prasselte und knisterte. Geoffrey hätte es jetzt nicht mehr löschen können, selbst wenn er es versucht hätte. Das Freilassen der Pferde musste irgendwem verraten haben, dass etwas nicht mit rechten Dingen zuging, und dieser Jemand hatte sofort das Tor geschlossen â vielleicht nur, damit der Brandstifter nicht davonkam. Oder steckte Schlimmeres dahinter? Hatte ihn womöglich Melisende in dem brennenden Gebäude festgesetzt oder einer der Griechen, die sie in ihrem Auftrag verfolgten?
Geoffrey hustete schwer, da seine Lungen sich gegen den erstickenden Qualm wehrten, den sie einatmeten. Eine ferne Stimme in seinem Kopf wies ihn darauf hin, dass es im Moment gleichgültig war, wer ihn in dem Stall eingesperrt hatte, sondern dass er besser einen Ausweg suchen sollte. Der Stall war klein und niedrig und hatte nur ein Stockwerk. Geoffrey richtete seine tränenden Augen nach oben, aber der Raum unter dem Dach war mit dichtem Rauch angefüllt, und die Reglosigkeit dieser Schwaden verriet ihm, dass es dort keine Lücken gab. Er versuchte, aufzustehen und sich den Weg zu den Rückseiten der Verschläge zu ertasten. Doch der Luftmangel machte ihn gleich benommen, und er lieà sich zurück auf Hände und Knie fallen.
Mit jedem Augenblick wurde Geoffrey schwächer, und langsam kroch er über den Boden, bis er die hintere Wand erreichte. Er schlug halbherzig dagegen, aber das Holz war stabil. Er bewegte sich weiter und hoffte darauf, eine Lücke zu finden oder vielleicht sogar eine Art Tür. Als Geoffrey die Hoffnung eben aufgeben wollte und das Gefühl hatte, dass es leichter war, aufzugeben, fanden seine tastenden Finger eine UnregelmäÃigkeit im Holz. Es fühlte sich an, als wäre eine der Planken verrottet, und anstatt sich die Mühe zu machen, sie zu ersetzen, hatte irgendwer einfach eine andere darüber genagelt. Wenn er diese abreiÃen konnte, dann würde er vielleicht in der Lage sein, das morsche Holz zu durchbrechen und zu entkommen.
Aber wer auch immer die neue Planke festgenagelt hatte, er hatte ganze Arbeit geleistet. Nach einigen missglückten Versuchen wusste Geoffrey, dass er sie nicht aufstemmen konnte. Ãber ihm brannte nun auch das Dach. Flammen liefen in Linien über die Balken zu dem Dachbelag aus getrocknetem Lehm. Eine weitere Stütze krachte auf den Boden und überschüttete Geoffrey mit Funken. Er sah, wie sein Wappenrock an einigen Stellen zu glimmen anfing. Nun konnte er kaum noch atmen, und ihm wurde schwindlig. Als ein weiterer Tragebalken mit einem markerschütternden Ãchzen zusammenbrach, senkte sich Dunkelheit auf Geoffrey herab.
* Anmerkung des Ãbersetzers: Ein arabisches, fiedelähnliches Streichinstrument, im mittelalterlichen Europa später als »Rebec« lange Zeit beliebt und bei Spielleuten verbreitet.
9. Kapitel
D urch dunsterfüllte Schwärze hörte Geoffrey das Knarzen reiÃenden Holzes, dann spürte er, wie er an den Schultern gepackt und durch ein Loch in der Wand gewuchtet wurde. Die gezackten Ränder rissen ihm Hände und Gesicht auf. Er wurde fortgezerrt, die sengende Hitze blieb hinter ihm zurück, und er stellte fest, dass er wieder kühle, saubere Luft atmen konnte. Während er um Atem rang und versuchte, die Augen zu öffnen, die immer noch brannten und schmerzten, wurde er wie ein Sack eine dunkle Gasse entlanggetragen und über eine Mauer gehoben.
Allmählich kam er wieder zu Sinnen. Sein Atem kratzte nicht mehr so, seine brennenden Augen erholten sich, und die Ãbelkeit durch den Qualm lieà nach. Geoffrey schlug die Augen auf. Funkelnde Sterne explodierten am Nachthimmel und wurden sofort von einem groÃen, besorgten Gesicht ausgelöscht.
»Roger!«, krächzte Geoffrey. »Du solltest in der Zitadelle sein.«
»Ich weià eben, wie sehr du ein Feuer am Abend zu schätzen weiÃt. Daher dachte ich mir, dass du dich vielleicht nicht losreiÃen
Weitere Kostenlose Bücher