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Das Geheimnis der Herzen

Das Geheimnis der Herzen

Titel: Das Geheimnis der Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Holden Rothman
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mein Verhalten immer noch vertreten, selbst wenn ich Sie dadurch verletzt habe.«
    »Dann geben Sie also zu, dass Sie wissen, wo er ist? Und Sie geben auch zu, dass Sie es mir verschwiegen haben?« Die Worte brachen aus mir heraus, ein heiseres Flüstern. Ich vermochte nicht normal zu sprechen, beim besten Willen nicht. Sir William hatte mich getäuscht.
    »Agnes, meine Liebe«, sagte er und streckte seine dürre Hand nach mir aus. In dieser Geste lag etwas von dem früheren Howlett, von dem charmanten, einnehmenden Menschen aus der Vergangenheit, aber ich stand nicht mehr unter seinem Bann. »Ich habe Ihnen unrecht getan«, murmelte er. »Es tut mir leid.«
    Das hatte ich nicht erwartet. Die Entschuldigung klang ungekünstelt und einfach, sie vertrieb meinen Zorn. Stattdessen sprudelten die Fragen aus mir heraus. »Haben Sie beide über mich gesprochen? Weiß er, dass wir uns kennen?«
    Sir William schüttelte den Kopf. »Er weiß nichts, Agnes.«
    Ich ließ mich fassungslos auf einen Stuhl sinken. »Aber Sie haben ihn doch gesehen. Sie haben mit ihm geredet!«
    Sir Williams Stimme klang immer noch gütig. »Wir sehen uns nicht mehr. Die Reise nach Calais war eine Ausnahme.« Er schwieg kurz und fuhr dann fort: »Hören Sie, meine liebe Agnes, ich weiß, das muss schlimm für Sie sein. Ich wollte nicht, dass Sie es erfahren.«
    Die Worte trafen mich bis ins Mark. Wie war es möglich, dass er meine Situation immer noch nicht verstand? »Sie wollen sagen, dass Sie mich weiterhin anlügen würden, wenn Jakob Hertzlich mir nicht von dieser Reise nach Calais erzählt hätte?«
    »Es ist keine Lüge.«
    »Ach nein?« Ich hatte meine Stimme wiedergefunden, ja, ich schrie fast. »Was ist es dann?« So mutig hatte ich noch nie mit ihm gesprochen.
    Er hob den Blick, dann kniff er die Augen zusammen. »Eine Unterlassung«, erwiderte er nach einer Weile. »Sie haben nie gefragt. Er hat übrigens auch nicht gefragt. Das Unrecht, das hier begangen wurde, Agnes White, geschah zu Ihrem Besten.«
    »Aber ich habe mein Leben lang nach ihm gesucht! Ich wollte immer nur eines: meinen Vater finden.« Ich fing an zu weinen. »Ich dachte, das wissen Sie. Ja, Sie haben es gewusst. Ich habe es Ihnen selbst gesagt.«
    »Liebe Agnes«, meinte Sir William und streichelte meine Hand. »Mein armes, armes, liebes Kind. Ich konnte Ihnen nichts über Ihren Vater erzählen. Ich weiß, das klingt hart, aber verstehen Sie doch: Honoré Bourret ist kein einfacher Mann. Er wollte alle Brücken hinter sich abbrechen.« Howlett musterte mich aufmerksam. »Alle, ohne Ausnahme.«
    »Den Kontakt zu Ihnen hat er nicht abgebrochen.«
    Sir William schüttelte müde den Kopf. »Bei mir ist das etwas anderes, Agnes. Und selbst in meinem Fall gab es Bedingungen.«
    Es kam mir vor, als würde sich eine riesige, schwere Hand auf meinen Brustkorb legen und meine Rippen wie Streichhölzer zerdrücken. Was sagte er da? Dass er irgendwie mehr wert war als ich, mehr als meine arme Mutter und meine Schwester?
    »Ich habe etwas für ihn getan, was er nicht vergessen kann«, sagte Sir William als Erklärung. »Aus seiner Sicht steht er in meiner Schuld.«
    Endlich kam die Geschichte ans Tageslicht. Es war eine bestimmte Version der Ereignisse, erzählt aus einem speziellen Blickwinkel, aber endlich erfuhr ich die Details. Sir Williams Bericht begann mit einer Frage, die mich überraschte. »Erinnern Sie sich an meinen Besuch im Museum, kurz vor dem Brand? Ich war in Montreal, um für ein Porträt zu sitzen. Das war eine Idee des Kanzlers gewesen.« Als ich nickte, fuhr er fort: »Während dieses Besuchs haben Sie mich nach meinen Aufzeichnungen gefragt.«
    »Die Autopsie-Berichte«, sagte ich. Ich erinnerte mich genau, wie Jakob ihn in die Enge getrieben hatte. »Jakob Hertzlich hat Sie angegriffen.«
    »Es ging um das Howlett-Herz«, sagte Sir William.
    »In Ihren Berichten stand, Sie hätten die Autopsie geleitet, aber vorher hatten Sie mir gesagt, der zuständige Arzt sei mein Vater gewesen.«
    »Ja«, erwiderte er. Sein Blick wanderte wieder zum Fenster. »Sie waren nicht die Einzige, der ich das gesagt habe.«
    1873 hatte er in Montreal vor Gericht einen Meineid geschworen, um seinem Mentor Honoré Bourret ein Alibi zu verschaffen. Das Herz war im Oktober 1872 entnommen worden, exakt in dem Monat und Jahr, in dem Marie Bourret verschwunden war. Mir waren diese Daten bekannt, aber ich hatte sie in meinem Kopf immer säuberlich voneinander getrennt, es war mir gelungen,

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