Das Geheimnis der Inselrose - Historischer Roman
entdeckt. Schon als kleiner Junge hatte er geahnt, was dies zu bedeuten hatte. Noch dazu übte der Geistliche diese merkwürdige Anziehungskraft auf ihn aus, so dass er immer wieder dessen Nähe gesucht hatte.
Eines Tages würde er es der Mutter auf den Kopf zusagen. Doch noch war es zu früh. Er wollte sein Erbe nicht gefährden. Doch nach dem Tod des Wirtes … Er freute sich schon darauf. Alles würde ans Tageslicht kommen, und dann wäre Zeit, auch das andere Erbe anzutreten. Er allein wusste, wo der Pastor das Vermögen versteckt hatte. Und wehe dem, der versuchen würde, es ihm streitig zu machen.
Aber eins nach dem anderen. Wiltert straffte die Schultern. Zunächst musste er diesen rothaarigen Teufel von der Insel schaffen. Das war er seinem Vater schuldig.
Jeels ging nicht geradewegs nach Hause zurück. Rastlos wanderte er am Strand entlang und versuchte seine Gedanken zu ordnen. Seine Reaktion Wiltert gegenüber hatte eine neue Seite in ihm zum Vorschein gebracht, die ihn beunruhigte.
Und was geschah mit ihm und Wemke? Jeels war, als wären
sie zwei Teile, die zu einem Ganzen gehörten. Er wusste, dass es die Angst um sie gewesen war, die seinen Jähzorn geweckt hatte. Die Wut auf Wiltert war so allumfassend gewesen, dass es ihn noch im Nachhinein erschreckte. Niemals wieder durfte er sich so vergessen! Er musste lernen, mit dieser Seite seines Wesens umzugehen.
Schließlich hielt Jeels inne und schaute zum Mond auf. Er stand ganz still, während der Schäferhund ihn fragend ansah.
»Was soll ich nur tun, Benno?« Er beugte sich hinunter, um seinen treuen Gefährten hinter den Ohren zu kraulen. Dann atmete er tief ein und seufzte schwermütig. »Ich glaube, ich liebe sie. Vielleicht sollte ich lieber fortgehen von hier. Weit weg von ihr. Es hat ja doch alles keinen Sinn und ist nur Qual.«
Er wandte sich mit schwerfälligen, erschöpften Schritten vom Meer ab. Wie von selbst fanden seine Füße den Weg zurück zur Kate, die ihm jetzt schon so vertraut war wie sein Zuhause auf dem Festland. Sollte er all dies wirklich schon wieder hinter sich lassen? Er war doch gerade erst angekommen und es gab noch so vieles, was er ergründen musste. So stark seine Gefühle für Wemke auch waren, er würde lernen müssen, damit umzugehen.
15
E rst als es bereits Morgen wurde, fand Jeels Schlaf, und so fühlte er sich wie zerschlagen, als er wenig später aufstand. Mit Anbruch des neuen Tages war starker Wind aufgekommen, der sich heulend gegen Fenster und Mauern drängte. Das Haus ächzte und stöhnte unter seinen Angriffen. Der schwarze Himmel ließ es kaum hell werden.
Die beiden Männer wuschen sich am Brunnen, wobei Jeels nicht umhin kam zu bemerken, dass er bei weitem die schlechtere Figur abgab.
»Krischan, du bist aber auch ein Bär von einem Kerl. Da kann ich nicht mithalten. Aber mit dir an meiner Seite und Benno als Wachhund fühl ich mich sicher wie in Abrahams Schoß.«
Krischan schüttelte das Wasser von sich wie Benno, wenn er sich zu weit in die See gewagt hatte. »Weißt ja: viele Muskeln, wenig Hirn«, brummte er. »Obwohl ich nicht ganz so dumm bin, wie einige zu glauben scheinen. Gestern hat Harm Weets, der Bäcker, mich ausgefragt. Wollte wissen, was du so vorhast mit dem Haus und auch, womit du dein Geld verdienst. Was, glaubst du, hab ich ihm erzählt?«
Jeels zuckte die Schultern.
»Na dass du überlegst, eine Bäckerei aufzumachen. So hartes Brot wie der Harm könntest du allemal backen. Machst dir kein Bild davon, wie der das Maul aufgerissen hat.« Krischan lachte bei der Erinnerung daran laut auf.
Fröhlich pfiff er vor sich hin. Der Wind, der Jeels zittern ließ, machte ihm nichts aus.
Nach wie vor tappte Krischan völlig im Dunkeln, was den Beruf seines Arbeitgebers anging. Es wäre ihm auch unfein und undankbar vorgekommen, danach zu fragen. Wenn es Zeit war, dann würde Jeels ihm davon erzählen. Denn dass sein Freund ein gebildeter und kluger Herr war, daran hegte Krischan keinen Zweifel.
Sie hatten sich viel vorgenommen für den heutigen Tag. Der kleine Stall an der Nordseite des Hauses sollte in Augenschein genommen werden. Die Räumlichkeiten waren früher für das Vieh genutzt worden. Über den Stallungen lag ein Dachboden, der mit Hilfe einer Leiter zu erreichen war. Vielleicht lagerte noch genug Brennbares dort, um die kalte Zeit zu überstehen. Ansonsten würde Jeels für den Winter Torf und vielleicht auch Holz vom Festland zukaufen müssen.
Krischan machte
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