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Das Geheimnis der Jadefigur (German Edition)

Das Geheimnis der Jadefigur (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Jadefigur (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christel Mouchard
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vorhanden. Ich kann das Geschäft eigentlich gleich wieder aufnehmen.«
    »Es stimmt, Sie scheinen Ihr Geschäft sehr gut zu kennen«, bemerkte Professor Morton beeindruckt.
    Nina nutzte ihren Vorteil aus.
    »Die Familie d’Armand ist eine alte, adlige Familie. Wir aber haben uns nie sonderlich für die gehobene Gesellschaft interessiert. Ich bin daran gewöhnt, mir meinen Lebensunterhalt zu verdienen.«
    »Wie interessant«, mischte sich Madame Morton ein, mit einem Ton so spitz wie ihr rasiermesserscharfer Blick. »Das ist eine weitere Überraschung für uns. Wir hatten nicht erwartet, Sie bei einem Empfang des Kaisers zu sehen.«
    Nina schluckte. Sie hatte Halsschmerzen vor Angst. Was sollte sie antworten? Sie selbst hatte sich gewundert, dass die Tochter eines einfachen Fotografen in den kaiserlichen Palast eingeladen wurde. Da erhob sich hinter ihr eine Stimme. Eine sanfte und melodiöse Frauenstimme.
    »Ich habe Mademoiselle d’Armand persönlich eingeladen, uns Gesellschaft zu leisten.«
    Nina drehte sich mit einem Ruck um und stieß ein »Oh« der Überraschung aus. Vor ihr stand die Frau mit dem Kind. Die von der Fotografie.
    »Ich bin …«, begann die Dame.
    Nina verneigte sich.
    »Majestät, ich weiß, wer Sie sind. Sie sind die Mutter des Kaisers. Die Königin Phuong.«
    Nun war die Königin verwundert.
    »Ich habe Ihre Porträtaufnahme im Labor meines Vaters gesehen«, erklärte Nina.
    »Ich mochte Ihren Vater sehr«, sprach die Königin weiter. »Deshalb lag mir daran, Sie einzuladen, als ich erfuhr, dass Sie in Hué angekommen sind.«
    Ihr Lächeln war ebenso sanft wie ihre Stimme, und Nina sah die Madonna aus Jade vor sich. Es stimmte, sie ähnelte ihr. Sie hatte denselben kleinen Mund und dieselben bis zu den Schläfen gezogenen Augen. Ihre Haare waren unter einem flachen Turban mit einem Diadem hochgesteckt. Der einzige Schmuck waren lange Ohrgehänge aus Diamanten. Ihr Kleid war nach chinesischer Mode einfarbig und aus so dunkelroter Seide geschneidert, dass es fast schwarz war. Nina vergaß zum ersten Mal am Abend ihre Rolle.
    »Sie sind … wunderschön!«, rief sie aus und hatte wieder ihre Jung-Mädchen-Stimme.
    Sogleich richteten die Mortons ihre mörderischen Augen auf sie. Die Königin brach in ein herzliches Lachen aus.
    »Na ja, meine Liebe, ich gebe Ihnen Ihr Kompliment gern zurück. Ihr Vater erzählte uns oft von Ihnen, doch er vergaß, uns zu sagen, wie reizend Sie sind.«
    Nina kam wieder zu sich.
    »Ich bitte Eure Majestät, mir meine Spontaneität zu verzeihen«, sagte sie mit einem verlegenen Ausdruck. »Sie wissen, dass ein Fotograf nicht umhinkann, derartige Dummheiten zu sagen.«
    »Ich weiß. Sie reagieren als Künstler.«
    Nina sah die Königin dankbar an, doch sie bemerkte auch, dass die Mortons argwöhnisch blieben. Würden sie ihr etwa den ganzen Abend lang nicht von der Seite weichen? Sie spürte, wie sich Wut in ihr breitmachte. Sie unternahm einen Versuch, näher an die Königin heranzutreten, und wandte dem Ehepaar den Rücken zu, doch sogleich machten sie beide einen Schritt zur Seite, um ihr so nah wie möglich zu sein.
    Als sie die Hoffnung verlor, sie loszuwerden, kam ihr die Königin ein weiteres Mal zu Hilfe.
    »Wollen Sie mit mir kommen, meine liebe Nina? So nannte Ihr Vater Sie, nicht wahr? Ich möchte Ihnen etwas zeigen, das ich gerne fotografiert hätte, um einen Abzug davon an meine Eltern in Saigon zu schicken.«
    Sie fasste Nina am Ellbogen und führte sie in den hinteren Teil des Saales.
    Doch so leicht wollten die Mortons sich nicht geschlagen geben. Wie zwei Schatten folgten sie den beiden. Die Königin stieß einen verzweifelten Seufzer aus, ging weiter und schob ihren Arm unter Ninas. Als sie am Thron vorbeikamen, gab sie dem Kaiser ein Zeichen.
    »Kommen Sie, mein Sohn. Wir wollen uns ein wenig die Beine vertreten.«
    Das ließ sich der junge Kaiser nicht zwei Mal sagen. Ohne zu zögern, sprang er auf und folgte den beiden. Nina wagte einen Blick über ihre Schulter. Die Mortons waren immer noch da, Seite an Seite, sie ganz grau, er dick und rot. Sie erinnerten Nina an zwei Figuren aus ihren Comics. Sie hätte kein Problem damit gehabt, wenn aus heiterem Himmel ein Blitz auf sie niederführe.
    Als die kleine Truppe vor einer Tür am Ende des Saals stand, drehte sich die Königin Phuong um und wandte sich an die Mortons.
    »Ich danke Ihnen, dass Sie uns eskortiert haben, meine lieben Freunde. Sie können uns jetzt allein lassen.«
    Nina

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