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Das Geheimnis der Jadekette - Fandorin ermittelt Kriminalerzaehlungen

Das Geheimnis der Jadekette - Fandorin ermittelt Kriminalerzaehlungen

Titel: Das Geheimnis der Jadekette - Fandorin ermittelt Kriminalerzaehlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
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Einsamkeit. Erstens.
    Las religiöse Bücher. Zweitens.
    Wollte den Verkauf des Gutes verhindern. Drittens.
    Hatte krankhafte Vorstellungen von der Größe des Baskakowschen Geschlechts. Viertens.
    Na, und das Verdächtigste – verstreute nachts krepierte Mäuse.
    Tulpow blätterte in dem aus Moskau mitgebrachten Lehrbuch der Kriminalistik und schrieb sich nützliche Termini heraus, um später vor seinem Chef zu glänzen. Die Hauptversion sah jetzt sehr solide aus.
    Folgendermaßen. Durch die hingebungsvolle Lektüre alter Bücher und durch
obsessive Fetischisierung
seines Vasallenstatus bei den Baskakows ist Samson Krascheninnikow übergeschnappt und hat wohl selbst nicht bemerkt, wie er aus der realen Welt in die Welt krankhafter Phantasien hinüberglitt. Auslösendes Moment war möglicherweise die Legende von der Zauberschlange, erzählt von dem Petersburger Folklore-Forscher. Krascheninnikow bildet sich ein, als Verwalter der Baskakows diene er eigentlich der Beschützerin ihres Geschlechts, der Skarpea. Als die Nachricht vom Tod des jungen Baskakow kam, begriff Krascheninnikow, dass mit Sofja Baskakowa das uralte Geschlecht enden würde, und folgte dem eingebildeten Ruf der Sumpfherrin. Es ist anzunehmen, dass der Verwalter Halluzinationen hat und wohl sogar unter einer Persönlichkeitsspaltung leidet. Falls er mit Hilfe irgendwelcher Mittel das Erscheinen der Skarpea inszeniert, hat er im nächsten Moment seine Tricks vergessen. Wie lässt sich sonst erklären, dass er gestern am Ufer des Teichs Schlangennahrung ausgelegt hat? Nein, hier handelt es sich nicht um Habgier, sondern um Wahnsinn. In Erfüllung der Prophezeiung hat er den Herztod von Frau Baskakowa herbeigeführt, und Warwara Iljinitschna hat er bestraft, weil sie nach dem Reichtum der Skarpea trachtete. Als ihm klar war, dass die Erbin keine Kirche zum Ruhm des Heiligen Pankrati errichten würde, hat er an der armen Frau einen Ritualmord vollzogen.
    Die Version war logisch, nur mit den Beweisen haperte es.Darum legte sich Tulpow am folgenden Tag schon in aller Herrgottsfrühe vor dem Haus des Verwalters heimlich auf die Lauer.
     
    Krascheninnikow wohnte im dichtesten Grün des riesigen Baskakowschen Parks, in einem festen Blockhaus mit grünem Blechdach. Zuerst kam ein hochgewachsenes junges Mädchen mit langem blondem Zopf heraus, das musste die Tochter sein. Sie fütterte die Hühner, schöpfte Wasser, goss die Blumen im gepflegten kleinen Vorgarten. Papachin hatte recht, die Tochter des Verwalters war bildschön.
    Der Verwalter selbst enttäuschte Tulpow. Er kam in der neunten Stunde die Vortreppe herunter, mit mürrischer und geschäftiger Miene, sattelte das Pferd und ritt davon. Also hatte Tulpow umsonst seit dem Morgengrauen im Gebüsch gesessen, sich vom Tau durchnässen und dreimal von tückischen Ameisen beißen lassen.
    So lief der Tag von Anfang an schlecht.
    Als sein Magen knurrte und sich zusammenkrampfte, ging Tulpow nach Olchowka, um etwas zu essen zu beschaffen, aber das Dorf war wie ausgestorben. Mit Müh und Not fand er in einem Haus eine uralte Frau, die kaum noch die Beine setzen konnte. Befragt, wo die Einwohner alle seien, antwortete sie: »Schie retten schich vor der Schkarpea. Ich bleib, hab mein Leben gottlob hinter mir. Kommscht du von ihr, von Mütterchen Schkarpea? Willscht du mich holen?« Sie kniff hoffnungsvoll die halbblinden Augen zu.
    Der Semstwo-Vorsitzende hatte die Wahrheit gesagt: Hier war tiefstes Mittelalter. Und das nur sechzig Werst von Moskau entfernt!
    Von der alten Frau bekam Tulpow nur Kwass und ein Stück Brot. Da er bei niemandem ein Pferd leihen konnte, ging er zu Fuß nach Iljinskoje, wo es einen Laden und ein Postamt gab. Im Laden kaufte er Kringel, Tee, Zucker, Wurst. Dann wartete er lange aufdie Abendpost – vielleicht kam vom Chef eine Antwort auf seinen gestrigen Brief. Doch er wartete vergeblich.
    Zurück nach Baskakowka musste er wieder auf seinen zwei Beinen. Kein Bauer war bereit, ihn zu fahren – nicht für einen Rubel, auch nicht für zwei. Am Tage, sagten sie, wohin du willst, aber am Abend um keinen Preis. Unwissenheit und Aberglaube.
    Es dunkelte bereits, als er das verlassene Anwesen erreichte, müde und wütend. Erast Petrowitsch, Sie tun nicht recht an mir. Sie haben mir nichts von der Skarpea erzählt – na schön, ich sollte mir selbst eine Meinung über diese irre Geschichte bilden. Aber wieso antworten Sie nicht auf meinen Brief? Es geht doch nicht um Kinkerlitzchen!
    Und

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