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Das Geheimnis der Jadekette - Fandorin ermittelt Kriminalerzaehlungen

Das Geheimnis der Jadekette - Fandorin ermittelt Kriminalerzaehlungen

Titel: Das Geheimnis der Jadekette - Fandorin ermittelt Kriminalerzaehlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
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noch auf den Beinen halten, worauf der Diakon seinen Gesang unterbrach und schallend lachte, so sehr erheiterte ihn der plumpe Fremdling.
    In der Ferne zeigten sich über dem Hochufer die Häuser des Dorfes Denisjewo, große Häuser mit winzigen Fenstern in geschnitzten Rahmen. Aus den Schornsteinen stiegen weiße Rauchsäulen in den Himmel.
    Plötzlich hielt der vordere Schlitten an – Kryshow hatte jäh die Zügel angezogen.
    »Kochanowski, hören Sie?«, schrie er und reckte sich im Schlitten hoch. »Die Hunde heulen. Merkwürdig.«
     
    Eine Schande für ganz Europa
     
    Und wirklich, im gesamten Dorf, wie abgesprochen, heulten die Hunde. Andere Laute gab es nicht, keine Stimmen, keinen Arbeitslärm, nur den jämmerlichen, trostlosen Chor der Tiere.
    »Was mag hier passiert sein?« fragte Kryshow verständnislos. »Ob die alle gestorben sind?«
    Nein, sie waren nicht alle gestorben.
    Als die Schlitten sich dem Dorfeingang näherten, kam aus dem ersten Haus eine alte Frau geeilt und trippelte hurtig die Straße entlang. Sie würdigte die Ankömmlinge keines Blicks, was in einem so entlegenen Dorf erstaunlich war.
    Kryshow rief sie an: »He, Alte!«
    Doch sie blieb nicht stehen.
    Da sprang Kochanowski aus dem Schlitten und lief ihr hinterher.
    »Liebe Frau, wir kommen aus dem Kreis, wegen der Volkszählung! Wo finden wir den Starosta 8 ?«
    Bei dem Wort »Volkszählung« drehte die Alte sich endlich um, und ihr Gesicht war verzerrt vor Leid oder Angst. Sie bekreuzigte sich mit zwei Fingern, murmelte laut »Pfui über dich!« und schlüpfte um die Ecke des nächsten Hauses.
    »Was zum Teufel soll das«, brummte Kochanowski verwirrt.
    Fandorin betrachtete mit Interesse das Dorf.
    Es hatte sehr wenig Ähnlichkeit mit einem gewöhnlichen mittelrussischen Dorf. Erstens waren die Gebäude von eindrucksvoller Größe. Selbst wohlhabende Bauernfamilien in der Gegend von Rjasan oder Orjol besaßen keine solchen Häuser: zwei, auch zweieinhalb Etagen, ein Dutzend Fenster zur Straße hin, einige im Obergeschoss sogar mit geschnitzten kleinen Balkons. Zweitens gab es keine Zäune, die Nachbarn grenzten sich nicht voneinander ab. Am erstaunlichsten aber war die Sauberkeit und Gepflegtheit. Keine durchhängenden Dächer, keine Müllhaufen, keine schiefen Schuppen. Alles fest, haltbar, ordentlich. Wegen der warmen Witterung war der Schnee auf der Straße fast überall weggetaut, aber der Matsch war mit hellem Sand bestreut, und die Schlittenkufenknirschten, blieben jedoch nicht stecken. Näher zur Dorfmitte waren die Häuser noch schöner – mit gemauertem Untergeschoss und Spitzengardinchen an den Fenstern.
    »Wie kommt es, dass das Dorf so reich ist, Herr?«, fragte Masa.
    »Hier hat es nie Gutsbesitzer gegeben. Außerdem trinken die Anhänger dieses Glaubens keinen Wodka und arbeiten viel.«
    Der Japaner nickte beifällig.
    »Ein guter Glaube. So ähnlich wie die Nichiren-Sekte. Auch so diszipliniert. Schauen Sie – alle haben sich auf dem Platz versammelt. Bestimmt ein heiliger Festtag.«
    Fandorin drehte sich um und erblickte weiter vorn tatsächlich so etwas wie einen kleinen Platz, darauf drängten sich die Menschen dicht an dicht vor einem Haus mit dunkelrotem Dach und schmuck gefirnisten Wänden. Durch das gedämpfte Stimmengewirr der Männer drang das Weinen und Wehklagen der Frauen.
    »Ich sehe Uniformmützen«, erklärte Kryshow, der im Schlitten aufgestanden war und über die Köpfe hinwegspähte. »Da muss was passiert sein. He, ihr Glaubenshüter!«, rief er den Hintersten zu. »Macht Platz für die Obrigkeit!«
    Die Leute drehten sich um, sahen die Städter und den Priester in der schwarzen Kutte und wichen sogleich, wie um sich nicht zu beschmutzen, nach beiden Seiten auseinander. So entstand eine Gasse, durch welche die aus den Schlitten gestiegene »Obrigkeit« nach vorn schritt.
    Die Gesichter der Dörfler zeigten alle den gleichen Ausdruck, eine Mischung von Argwohn und Abscheu. Als Vater Vikenti, der sich gewichtig wiegenden Ganges bewegte, mit dem Ärmel ein weißblondes Jungchen streifte, nahm die Mutter das Kind hoch und drückte es an sich.
    Schließlich langten sie bei dem Haus an.
    Abgesondert von allen anderen stand, wie hinter einer unsichtbarenBarriere, eine kleine Gruppe von Männern: zwei Uniformierte und zwei in Stadtkleidung.
    »Das ist unser Polizeichef«, sagte der Statistiker im Gehen zu Fandorin und zeigte auf den Mann, der mit einem Tuch seine verschwitzte Glatze wischte. »Und der im

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