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Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition)

Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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Die
Erinnerung an ihr Heimatdorf trieb ihr Tränen in die Augen. Sie
würde Chuntian mitnehmen, denn eine Tochter war unwichtig. Als
Erstes würde sie deren kleine Füße von den Bandagen
befreien, sobald sie endlich das Haus der Rongs verlassen hatten.
         Doch
Lanhua senkte den Blick.
         »Ich
kann nicht anstelle meines Bruders aussagen. Und du bräuchtest
einen Mann, der für dich Anklage erhebt«, meinte sie leise
und erhob sich, um nach der Dienerin zu rufen.

    ******

         Yazi
erhielt einen langen Rock und eine Jacke aus schwarzer Seide, dann
wurde sie von zwei Dienerinnen gestützt, um zur Sänfte
gehen zu können. Zwischen ihren Schenkeln brannte ein Feuer, das
mit jeder Bewegung höhere Flammen schlug. Aber sie schaffte es,
mit gefasster Miene ihr Heim zu betreten, wo Laoshu sie nur mit einem
entgeisterten Blick musterte, um gleich darauf einen Bottich zum
Baden hereinbringen zu lassen. Yazi verbrachte fast einen ganzen Tag
darin, lag mit geschlossenen Augen in dem reinigenden Nass, während
Laoshu immer wieder heißes Wasser nachschüttete.
Allmählich ließ der Schmerz nach. Sie errichtete eine
Mauer in ihrem Kopf, um die Erinnerung an die vergangene Nacht
auszusperren. Dann begann ihr Verstand aus seiner Betäubung zu
erwachen und löste unbändigen Zorn aus.
         »Sag
meinem Gemahl, dass ich ihn zu sehen wünsche«, rief sie
Laoshu zu und löste sich selbst aus der warmen Umarmung des
Wassers. Die Dienerin huschte davon.

    ******

         Yingxiong
empfing Yazi mit einem aufgetischten Abendmahl und einer weiteren
Karaffe von Reisschnaps. Seine Hände zitterten leicht, als er
selbst ihren Becher füllte. Yazi widerstand der Versuchung, ihm
das Getränk aus der Hand zu schlagen.
         »Warum?«,
fragte sie nur, als sie ohne jeden Appetit auf ihre gefüllte
Essschale starrte.
         Yingxiongs
Kopf blieb gesenkt.
         »Ich
hatte Schulden bei ihnen. Mein Vater hätte mich totgeschlagen,
wenn er davon erfahren hätte. Und … und von anderen
Dingen.«
         Er
stocherte mit den Essstäbchen in seinem Reis herum.
         »Sie
waren doch alle drei sehr schöne Männer.«
    Kurz
streifte sein Blick Yazis Gesicht, schien auf eine Reaktion zu
hoffen, die ausblieb.
         »Ich
dachte, dass … dass … sie dir etwas geben, was du bei
mir vermisst. Denn ich bin nicht der Mann, den du verdient hast. Das
weiß ich. Wenn du jetzt schwanger bist, so wird es vielleicht
ein Sohn. Wir hätten dann beide Ruhe vor meinem Vater.«
         Yazi
sprang auf die Beine, wobei sie zwei Essschalen und die Karaffe mit
dem Reisschnaps umstieß. Der Zorn würgte wie ein Stein,
der in ihrer Kehle steckte. Sie konnte ihn weder schlucken noch
hinausschreien. Ratlos sah sie sich im Zimmer um, erblickte auf einem
Tisch den Tintenstein, auf dem sie so oft Yingxiongs Schreibmaterial
vorbereitet hatte. Ohne weiter zu überlegen, griff sie zu, um
ihn nach Yingxiongs schuldbewusst kauerndem Körper zu
schleudern. Er zuckte erschrocken zur Seite, schrie aber auf, als er
an der Schulter getroffen wurde.
         »Lass
uns schlafen gehen. Morgen geht es dir sicher besser«,
flüsterte er, ohne Yazi nochmals anzusehen.
         Ihr
Körper gehorchte wie eine Marionette, gezogen von den Fäden
alter Gewohnheit. Sie legte sich an das äußerste Ende des
Bettes. Als Yingxiongs Finger zaghaft ihren Ellbogen berührten,
trat sie nach ihm.
         Sie
schliefen Seite an Seite, doch lag ein unüberwindlicher Graben
zwischen ihnen. Yingxiongs Schluchzen ließ Yazi in den Schlaf
sinken. In dieser Nacht war sie zu erschöpft für Albträume
und wusste noch nicht, wie dankbar sie dafür sein sollte.
         Yingxiong
ließ niemals wieder nach ihr rufen. Auch seine Besuche bei
Chuntian blieben fortan aus. Yazi nahm dies mit Erleichterung hin,
obwohl sie dadurch in den Frauengemächern in völlige
Bedeutungslosigkeit zurückfiel. Ein weiterer Wutausbruch des
Hausherrn blieb ihr beim nächsten Neujahrsfest erspart, denn
inzwischen hatte die Familie Rong völlig andere Sorgen als das
Fehlen eines Erben.

    ******

         Innerhalb
der drei Jahre, die Yazi im Haus der Rongs verbracht hatte, waren die
Taiping von einer merkwürdigen Sekte, um die sich ein paar
Aufwiegler und Räuberbanden scharten, zu einer riesigen Armee
herangewachsen. Wenn Laoshu von Besorgungen in der Stadt zurückkam,
berichtete sie, dass die Straßen Nanjings regelrecht von
Flüchtlingen überschwemmt würden und man sich

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