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Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition)

Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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die Stufen hinabzusteigen.
Robert ließ mit einem lauten Knall die Zimmertür hinter
sich zufallen. Andrews Kieferknochen pressten sich aufeinander. Sein
Blick irrte durch den Treppenflur, um dem Emilys nicht begegnen zu
müssen, aber bald schon stand sie vor ihm.
         »Nun
sag schon, wo bist du gewesen? Ich wusste, dass du irgendwann
zurückkommst. Aber eine Überraschung ist es trotzdem!«
         Die
Freude in ihrer Stimme klang zu schrill, um völlig von Herzen zu
kommen. Vermutlich ahnte Emily in ihrem tiefsten Inneren, dass die
Dinge anders lagen, als von ihr erhofft, doch verschloss sie ihre
Augen hartnäckig vor einer unerträglichen Wirklichkeit.
         »Hör
zu, Emily, ich kann nicht lange bleiben«, sagte Andrew schnell.
»Ich habe jetzt Frau und Kinder, doch werden sie in diesem Haus
nicht willkommen sein. Ich werde wieder fortgehen. Wenn du möchtest,
kannst du uns gemeinsam mit meiner Mutter besuchen kommen, aber ich
weiß nicht, ob …«
         Er
verstummte verlegen und sah sich sehnsüchtig zur Ausgangstür
um. Nur die jahrelange Erziehung zum Gentleman hinderte ihn wohl
daran, seine Schwägerin einfach stehen zu lassen. Emilys Körper
war mit einem Schlag versteinert. Sie hob nur kurz die Arme, um sie
gleich wieder sinken zu lassen.
         »Wovon
redest du denn? Eine Frau, die hier nicht willkommen ist? Andrew, ich
verstehe, dass ein Mann manchmal Dummheiten macht, aber für mich
hat sich nichts geändert.«
         Margaret
war froh, dass Robert sich in seinem Zimmer verbarrikadiert hatte.
Eine Weile herrschte gespenstische Stille, dann räusperte Andrew
sich laut.
         »Aber
in meinem Leben ist jetzt alles anders geworden. Hör zu, Emily,
es war nicht richtig, was wir damals taten. Wir haben Robert verletzt
und Unfrieden in diese Familie gebracht. Das hätte niemals
geschehen dürfen.«
         »Was
erzählst du auf einmal?«
         Jetzt
kreischte Emily. Margaret lief ein Schauer über den Rücken.
Hämmer schlugen gegen ihre Schläfen und sie musste die
Zähne zusammenbeißen, um nicht vor Schmerz zu wimmern.
         »Du
hast gesagt, die Meinung engstirniger Kleingeister sei dir völlig
unwichtig, dass der Mensch auf sein Herz hören muss«,
schrie Emily weiter. »Dass wir jederzeit von hier verschwinden
könnten, nach Europa gehen oder vielleicht auch nach Japan. Ich
gehe nach Japan, wenn du unbedingt in Asien bleiben willst. All die
Jahre habe ich gewartet, dass du die Dinge regelst und mich holen
kommst wie versprochen.«
         »Ich
habe niemals etwas versprochen«, entgegnete Andrew nun mit
neuer Entschiedenheit. »Jetzt habe ich eine Frau. Sie ist
Chinesin. Mit ihr zusammen gehe ich nach Hongkong. Es tut mir sehr
leid, dich zu enttäuschen. Wenn du zurück nach Europa
willst, dann helfe ich dir. Robert kann dich nicht mit Gewalt in
Shanghai festhalten. Ich gebe dir Geld von meinem Erbe und dann
fährst du einfach wieder nach Hause. Es wäre am besten für
dich. Du hasst China.«
         Emily
fuhr zusammen, als hätte sie einen schweren Schlag erhalten, und
hielt sich am Geländer der Treppe fest.
         »Aber
was soll ich denn ganz allein in England? Meine Familie wird mich
nicht wollen, sie werden sagen, dass ich zu meinem Mann gehöre.«
         Ihre
Stimme war leise geworden, so hilflos und schwach, dass Margaret
plötzlich Mitgefühl empfand.
         »Du
solltest dir eine Arbeit suchen. Gib dich als Witwe aus, das macht
einen besseren Eindruck«, redete Andrew unbeirrt weiter.
»Vielleicht könntest du Gouvernante oder Gesellschafterin
werden oder … oder …«
         Die
Ideen gingen ihm aus. Er wusste wohl ebenso gut wie Margaret, dass
eine menschenscheue, zutiefst schüchterne Person für keine
dieser Aufgaben besonders geeignet wäre. Emily hatte abwehrend
die Hände gehoben, dann strich sie sich übers Gesicht und
schüttelte den Kopf.
         »Ich
werde deine Chinesin tolerieren«, sagte sie, nun wieder
deutlich gefasster. »Fast alle englischen Männer hier
haben ihre kleine schlitzäugige Geliebte, das weiß ich
doch. Geh mit mir fort und ich werde die Augen verschließen,
wenn du manchmal deine Huren besuchst. Ich kann vernünftig sein,
glaub mir.«
         Margaret
lehnte sich wieder gegen den Türrahmen. Wusste Emily denn nicht,
dass eine Frau durch solche Selbsterniedrigung alle Aussichten auf
die Liebe eines Mannes verlor?
         »Wer
sich dem Bruder des eigenen Mannes in die Arme geworfen hat, sollte
andere

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