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Das Geheimnis der Krähentochter

Das Geheimnis der Krähentochter

Titel: Das Geheimnis der Krähentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Becker
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wirklich eine große Stadt«, meinte Bernina zu Poppel.
    »Und eine, die gefährlich sein könnte. Die
Franken und Bayern haben den Kaiser immer unterstützt. Aber ich sagte Ihnen ja,
vor wenigen Jahren noch haben Gustav Adolfs Protestanten eine eigene Festung
daraus gemacht. Den Offizieren gefiel es nicht, dass sich Falkenberg in diese
Gegend wagen wollte. Sie waren dafür, weit nach Norden, in Richtung des
Kaisers, zu ziehen.«
    »Aber Falkenberg ließ sich nicht beirren, nehme ich an.«
    Poppel nickte. »Er hat sie schließlich überzeugen können. Das
Landgut, zu dem wir unterwegs sind, liegt doch etwas abseits der Stadt. Seiner
Meinung nach ist es abgeschieden genug, um unterzutauchen. Es ist etwas feiner
und bequemer als dieses Spukhaus von Kraubach, um es mit seinen Worten zu
sagen.«
    »Sind Sie schon einmal auf diesem Gut gewesen?«
    »Nein, ich weiß nur das, was ich Ihnen bereits mitteilte: dass es
angeblich einem Freund seiner Familie gehört, einem gewissen Heinbold Graf zu
Wasserhain, den ich jedoch nicht kenne. Und dass große Ländereien sowie ein
erstaunlicher Palast dazu gehören.«
    Als die Kolonne einen leichten Schwenk in eher nördlicher Richtung
vollzogen hatte, verschwanden Nürnberg und die Burg allmählich wieder aus
Berninas Blickfeld. Dafür sah sie, viele Meter hoch über den Wagen, ein
Vogelpärchen, das sich vom Wind tragen ließ, die Schwingen ausgebreitet.
    Berninas Zeigfinger wies beinahe senkrecht nach oben: »Sind das
Krähen?«
    Poppel schüttelte nach einem langen Blick den Kopf. »Bussarde.«
    »Was halten Sie von Krähen, Herr Poppel? Das wollte ich Sie immer
schon fragen«
    Er lachte verdutzt auf. »Warum ausgerechnet Krähen? Weil sie
manchen Menschen Angst einjagen? Weil sie ganz gerne als böses Zeichen gedeutet
werden?«
    »Sind sie das denn: ein böses Zeichen? Oder ein gutes? Oder gar
kein Zeichen?« Bernina schenkte ihm einen schelmischen Blick. »Ich kannte eine
Frau, die hat sehr viel von Krähen gehalten. Und ich kannte eine Frau, die
hatte eine Heidenangst vor diesen Vögeln.«
    »Da haben Sie ja schon die Antwort auf Ihre Frage, Bernina. Es
kommt nicht auf die Krähen an, sondern auf die Menschen, die sich mit ihnen
beschäftigen. Man sieht immer das, was man sehen will. Ob in einer Krähe oder
in sonst etwas.« Er rollte mit den Augen. »Es ist der Glaube, der seinen Anteil
an diesem verdammten Krieg hat und als Ausrede für viele Mordtaten herhalten
muss. Der Glaube ist mächtig, die Kirche noch mächtiger. Aber es ist der
Aberglaube, der die Menschen täglich im Griff hat. Jeder Soldat hat einen
Glücksbringer dabei, der ihn vor Tod und Verletzung schützen soll. Ich habe
noch nie einen Bauern kennengelernt, der nicht abergläubisch war. Aber auch
noch nie einen edlen Herren.«
    »Ist Falkenberg abergläubisch?«, warf Bernina rasch ein.
    »Na gut, er ist vielleicht die einzige Ausnahme. Oder er ist, ohne
dass es jemand ahnt, der Abergläubischste von allen.«
    »Und haben Sie auch irgendwann von seltsamen Steinen gehört? Von
Steinen, die …«
    »Steine der Wahrheit?«, unterbrach er sie. »Ja, davon habe ich
ebenfalls gehört. Und von vielen weiteren Dingen, die einen angeblich die
Wahrheit erkennen lassen.«
    »Würden Sie an so etwas glauben?«
    »Wahrscheinlich nicht. Aber von Zeit zu Zeit werde ich von dem
eigenartigen Gefühl befallen, dass da mehr ist als das, was wir mit unserem
Wissen und unserer Erfahrung entdeckt und erkannt haben. Etwas, das über uns,
unserem Verstand und unseren Wissenschaften steht.«
    »Eine Welt, die man nicht sehen kann«, bestätigte Bernina und
hörte in ihrem Hinterkopf die Stimme der Krähenfrau.
    Sie durchquerten ein Tal und erreichten bald darauf eine Anhöhe.
Hier folgten sie einer getrampelten Straße, die zu einer Abzweigung führte. Von
da aus war es ein mit Kieselsteinen bestreuter, breiter Weg, den die Kolonne
nahm, vorbei an sorgfältig in einer geraden Reihe gepflanzten Birken. Das
Nächste, was sie sahen, waren Hecken, etwas braun von der kühlen Witterung,
doch überaus akkurat geschnitten. Noch immer die Birken, noch immer die
Kieselsteinstraße, die mittlerweile durch Parkanlagen führte. Gewaltige
Kastanienbäume, perfekt angelegte Blumenbeete, die im Sommer in etlichen
Farbtönen erstrahlen mussten. Rosensträucher, von denen rote, weiße und gelbe
Blüten übrig waren.
    Am Ende der gekieselten Straße, direkt hinter einem großen Brunnen
mit Engelsfiguren als Wasserspendern, nahm ein beeindruckendes

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