Das Geheimnis der Maori-Frau (German Edition)
Sternenglanz.
Einen Moment lang vergaß sie alles um sich herum – sogar die Katastrophe mit Adrian. Doch der Gedanke an ihn holte sie bald wieder ein. Sie wusste, dass sie die Wahrheit nicht mehr viel länger vor ihren Kindern verheimlichen durfte.
Doch die Vorstellung, ihnen alle Illusionen über den wahren Charakter ihres Vaters rauben zu müssen, brach ihr schier das Herz.
Wie sollte sie ihnen bloß beibringen, dass ihr Vater mit seinen Taten dafür mitverantwortlich war, dass bereits Kinder in Wills Alter in Kontakt mit Drogen kamen und Mädchen wie Kim in die Prostitution gezwungen wurden? Und dass er in seiner Wut über den Verrat seiner Frau, wie er es nannte, nun sogar dazu bereit sein würde, seiner eigenen Familie etwas anzutun?
Durch einen puren Zufall war Shelly Adrians Machenschaften auf die Schliche gekommen. Hätte er an diesem Tag nicht versehentlich den Safe in seinem Arbeitszimmer offen stehen lassen, und wäre Shelly nicht so neugierig gewesen, hineinzusehen – sie würde vermutlich heute noch mit Adrian zusammenleben und nicht einmal im Traum daran denken, dass der Mann, mit dem sie verheiratet war, in kriminelle Machenschaften verwickelt war.
Doch genau das war eingetreten, und ehe sie sichs versah, stand Shelly vor der schwierigsten Entscheidung ihres Lebens. Der Entscheidung, ob sie ihre Augen vor der Wahrheit verschließen und einfach so weiterleben sollte wie bisher, oder ob sie Adrian das Handwerk legte. Sie hatte lange hin und her überlegt, ehe sie zu dem Schluss gekommen war, dass sie sich der Verantwortung nicht entziehen konnte.
Die Frage war nur: Würden auch Kim und Will ihr Handeln verstehen, oder würden sie sie verurteilen für das, was sie getan hatte? Bisher wussten die beiden nur, dass ihr Vater ins Gefängnis gekommen war – nicht aber, warum, und schon gar nicht, dass es ihre Mutter gewesen war, die ihn hineingebracht hatte.
Shelly konnte einfach nicht mit Sicherheit sagen, was siedarüber denken würden. Sie atmete tief durch, da spürte sie plötzlich, dass sie nicht mehr allein war. Abrupt schlug sie die Augen auf und wollte sich umdrehen, als sich eine Hand um ihre Kehle legte und ihr eine raue Stimme ins Ohr raunte: »Ganz ruhig! Eine falsche Bewegung, und es könnte deine letzte sein!«
2
Adrian!
Einen Augenblick lang war Shelly vor Schreck wie gelähmt. Ihr stockte das Herz, ehe es im nächsten Augenblick wie verrückt loshämmerte. Wie hatte Adrian sie so schnell finden können? Und warum war er nicht im Gefängnis?
Es dauerte ein paar Sekunden, ehe ihr klar wurde, dass die tiefe, etwas raue Stimme, die direkt an ihrem Ohr erklungen war, gar nicht ihrem Noch-Ehemann gehörte.
Also ein Fremder! Obwohl das die Situation nicht weniger gefährlich machte, fühlte sie sich fast ein wenig erleichtert. Mit jemandem, der es vermutlich nur auf Geld abgesehen hatte, würde sie schon irgendwie fertig werden. Hoffentlich.
Sie holte tief Luft. »Sie haben sich die falsche Frau für einen Überfall ausgesucht, Mister«, stieß sie heiser hervor. Jetzt, wo sie wusste, dass es sich bei dem Angreifer nicht um Adrian handelte, konnte sie wieder einigermaßen klar denken. Und nun erinnerte sie sich auch wieder an die Dinge, die man ihr in dem Selbstverteidigungskurs beigebracht hatte, an dem sie vor ein paar Jahren auf Adrians Wunsch hin teilgenommen hatte. Die goldene Regel lautete: Nur keine Angst zeigen. Und so drängte sie die auf einen Augenblickder Schwäche lauernde Panik in den hintersten Winkel ihres Unterbewusstseins und straffte energisch die Schultern. »Ich habe kein Geld bei mir, und im Haus werden Sie auch keine großartigen Wertgegenstände finden.«
»Überfall? Geld?« Die Stimme des Mannes klang tief und rauchig. »Sie glauben doch nicht etwa …?«
Shelly hätte nicht damit gerechnet, dass die Strategie ihres Trainers tatsächlich auf Anhieb Wirkung zeigen würde. Umso erstaunter war sie, als sich der Griff um ihren Hals praktisch augenblicklich lockerte.
Endlich konnte sie wieder frei atmen.
Sofort nutzte sie die Chance, sich loszureißen und einen Sicherheitsabstand zwischen sich und ihren Angreifer zu bringen.
Dann wirbelte sie herum.
Das Erste, was ihr durch den Kopf schoss, als sie nun einen Blick auf den Unbekannten werfen konnte, war: Was für ein Mann!
Diese Reaktion erschien ihr angesichts der Situation, in der sie sich befand, reichlich grotesk, doch es stimmte: Der Fremde sah wirklich ausgesprochen gut aus. Im Mondlicht
Weitere Kostenlose Bücher