Das Geheimnis der Maori-Frau (German Edition)
polterte er die Treppe hinunter und stürmte kurz darauf in das Arbeitszimmer seiner Mutter.
Die saß hinter ihrem Schreibtisch und blickte nur flüchtig von den Unterlagen auf, in die sie gerade vertieft war. »Joshua, was gibt es?«
»Da fragst du noch?« Wütend funkelte er sie an und trat näher an den Schreibtisch heran. »Kannst du mir wohl erklären, wer zum Teufel dir das Recht gibt, dich in meine Angelegenheiten einzumischen?«
Missbilligend runzelte seine Mutter die Stirn. »Bitte nicht in diesem Ton, Joshua. Dies ist ein anständiges Haus, also zügle dein Temperament!«
»Ein anständiges Haus?« Josh lachte bitter auf. »Nun, wenn es deine Definition von Anstand ist, dem eigenen Sohn bei der Verwirklichung seiner Pläne ständig Steine in den Weg zu legen …«
Mit unbewegter Miene lehnte Geraldine Wood sich auf ihrem Stuhl zurück. Sie begegnete dem wütenden Blick ihres Sohnes gelassen. »Ach, darum geht es. Nun, was hast du erwartet? Sofern ich mich erinnere, haben wir eine Vereinbarung, mein Lieber. Wenn es dir gelingt, das Makepeace-Flittchen zum Verkauf der Farm an dich zu bewegen, sollst du deine Chance bekommen – und nur dann!« Die Andeutung eines Lächelns umspielte ihre Mundwinkel. »Wenn du mich nun bitte entschuldigen würdest, ich habe noch zu tun.«
»Es ist wirklich unglaublich, Mutter.« Er schüttelte den Kopf. »Selbst wenn es um den eigenen Sohn geht, scheust du vor hinterhältigen Intrigen nicht zurück.«
»Emerald Downs kann nur überleben, wenn wir die Wasserstelle auf dem Land dieser verfluchten Makepeace’ weiterhin nutzen können«, entgegnete Geraldine steif. »Das weißt du ganz genau. Aber statt dich darum zu kümmern, deinen Teil unserer Vereinbarung zu erfüllen, suchst du lieber nach dem einfacheren Weg, von dem jedoch ausschließlich du allein profitieren würdest. Du siehst also, mir geht es nur um das Wohl der Familie.«
»Natürlich, Mutter. Ganz wie du meinst.«
Jedes weitere Wort wäre Energieverschwendung gewesen, daher drehte Josh sich einfach um und verließ schweigend das Zimmer. Doch er schwor sich, dass er seine Mutter damit nicht durchkommen lassen würde.
Wie es der Zufall wollte, ergab sich die Gelegenheit, ihr eine Lektion zu erteilen, schon kurze Zeit später. Auf seinemHandy fand er nach der Rückkehr in sein Zimmer eine Sprachnachricht vor.
Sie stammte von Shellys neunjährigem Sohn, der wegen des noch immer ausstehenden Besuchs bei der Feuerwache von Aorakau Valley nachfragte und ganz nebenbei von einem kleinen Missgeschick seiner Mutter berichtete, das ihr auf dem Viehmarkt in Palmerston unterlaufen war.
Mit einem zufriedenen Lächeln wählte Josh die Nummer eines alten Bekannten, der ihm noch einen Gefallen schuldete …
»Und was machen wir jetzt?« Niedergeschlagen saßen Shelly und ihre Kinder gemeinsam mit Hal, Emily und Lenny am nächsten Tag in der Küche des Farmhauses zusammen und hielten Krisenrat.
»Ich bin sicher, dass Trevor Brown Ihnen ein faires Angebot für die gesamte Herde machen wird«, schlug Emily vor. »Sein Schlachtbetrieb ist zwar eig…«
»Nein!«, fiel Kim ihr entsetzt ins Wort. »Unsere Schafe werden nicht geschlachtet! Wenn du das zulässt, Mom, dann rede ich nie wieder ein Wort mit dir!«
Shelly lächelte milde. Ihre Tochter ahnte ja nicht, dass sie mit ihrem Protest offene Türen bei ihr einrannte. Sie hätte es ebenfalls niemals übers Herz gebracht, die Herde einem Schlachter zu überlassen. Aber was dann? Sie hatte immerhin einen nicht gerade geringen Anteil ihrer finanziellen Reserven für den Kauf dieser Tiere investiert, die nun nicht die erhofften Erträge erwirtschaften würden.
Schlimmer noch: »Die Viecher werden uns die Haare vom Kopf fressen«, fasste Hal die Situation auf seine ganz eigene Weise sehr treffend zusammen.
Shelly hatte bereits versucht, mit dem Verkäufer der TiereKontakt aufzunehmen und eine Rückabwicklung des Geschäfts zu vereinbaren. Doch davon wollte der natürlich nichts wissen. Er war drei Dutzend vorwiegend männliche, unkastrierte Schafe losgeworden, die für die Zucht verwendet worden waren und aufgrund ihres geringen Fettansatzes kaum zur Fleischproduktion taugten. Shelly war ihm und seinem Helfershelfer Percy, der den Deal zwischen ihnen vermittelt und dafür vermutlich eine dicke Provision kassiert hatte, voll auf den Leim gegangen.
War sie am Ende also doch alles viel zu naiv und blauäugig angegangen? Unter normalen Umständen hätte sie diese Erfahrung
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