Das Geheimnis der Maori-Frau (German Edition)
schließlich meldete sich Emily. »Shelly?« Sie klang schrecklich aufgeregt. »Gott sei Dank, ich hatte schon Angst, dass ich Sie nicht erreichen würde!«
»Was ist denn los?«, fragte Shelly alarmiert. »Ist etwas mit den Kindern?«
»Es geht um Kim. Keine Angst, es geht ihr gut. Aber Michael O’Shea von der Polizei hat eben angerufen, um mir mitzuteilen, dass sie sich zum Verhör auf der Wache befindet. Sie …«
»Was?« Shelly fiel aus allen Wolken. »Kim ist auf der Polizeiwache? Aber wieso? Was ist denn los? Was hat sie denn jetzt wieder angestellt?«
»Wenn ich es richtig verstanden habe, geht es immer noch um die Sache mit dem Ladendiebstahl bei Mulligan’s .«
»Was?« Das überraschte Shelly. »Die haben meine Tochter wegen ein paar geklauter Ohrringe verhaftet? Aber ich dachte, das wäre längst geklärt!« Sie runzelte die Stirn. Hatte Josh nicht gesagt, dass der Besitzer des Kaufhauses die Angelegenheit auf sich beruhen lassen wollte? »Aber das spielt auch keine Rolle. Wir machen uns jetzt gleich auf den Weg und brauchen ungefähr …« Hilfe suchend schaute sie Josh an, der drei Finger hob. »Ungefähr dreißig Minuten. Tun Sie mir bitte einen Gefallen, Emily? Fahren Sie schon mal voraus zur Wache und schauen, ob Sie irgendetwas für Kim tun können?«
»Das ist doch selbstverständlich«, erwiderte Emily mitfühlend.
Shelly beendete das Gespräch und rieb sich mit den Handballen so fest über die Augen, dass Blitze vor ihren Netzhäuten explodierten. Doch auch das half ihr nicht dabei, einen klaren Kopf zu bekommen. Die Sorge um Kim machte sie fast verrückt.
»Es tut mir wirklich leid, Josh, aber Kim ist in Schwierigkeiten …« Sie blinzelte überrascht, als sie bemerkte, dass er während ihres Telefonats bereits alles zusammengepackt hatte und nun abmarschbereit vor ihr stand.
»Die Sachen können wir einfach hierlassen«, sagte er. »Mein Freund wird sie heute Abend abholen. Sollen wir dann?«
Sie lächelte dankbar. Fünf Minuten später erreichten sie den Wagen und machten sich auf den Rückweg nach Aorakau Valley.
»Sei doch vernünftig, Shelly«, bat Josh, als er mit dem Jeep knapp eine halbe Stunde später vor dem Polizeirevier von Aorakau Valley vorfuhr. »Ich kenne die meisten Leute hiervon klein auf. Wenn du mich mitkommen lässt, kann ich Kim und dir vielleicht nützlich sein.«
Doch Shelly, die gerade den Sicherheitsgurt löste, schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte sie. »Ich schaffe das schon allein. Außerdem ist Emily ja auch noch da. Sie wollte gleich nach unserem Telefonat losfahren.«
Vielleicht war es verrückt, seine Hilfe einfach so abzulehnen, doch Shelly konnte nicht anders. Noch immer verspürte sie den Drang, sich selbst und allen anderen zu beweisen, dass sie es allein schaffen konnte. Nie wieder wollte sie sich von einem Menschen so abhängig machen wie von Adrian. Und außerdem war Joshs letzter Versuch, ihr zu helfen, nicht besonders erfolgreich gewesen. Warum sonst stand der Vorwurf des Ladendiebstahls plötzlich wieder im Raum?
Josh seufzte. »Es ist deine Entscheidung …«
»Du sagst es.« Sie zwang ein Lächeln auf ihre Lippen.
»Trotzdem vielen Dank für das Angebot. Ich weiß das wirklich zu schätzen …«
Sie stieg aus und schlug die Tür hinter sich zu. Dann atmete sie tief durch und betrat die Polizeistation von Aorakau Valley. Emily, die auf einer harten Holzbank im Eingangsbereich saß, sprang sofort auf, als sie Shelly erblickte.
»Endlich!«, rief sie. »Ich bin so schnell hergekommen, wie ich konnte, aber sie wollten mich nicht zu Kimberly lassen.« Sie warf einen wütenden Blick zu dem jungen Beamten hinter dem Empfangstresen. »Angeblich, weil ich keine Verwandte von ihr bin!«
»Wo ist meine Tochter?«, wandte Shelly sich nun selbst an den jungen Constable. Sein Namensschild wies ihn als Michael O’Shea aus – den Beamten, von dem Emily vorhin gesprochen hatte. »Ich verlange, dass Sie mich auf der Stelle zu ihr bringen!«
O’Shea stieß ein unterdrücktes Seufzen aus. »Natürlich, Ma’am.« Er hielt ihr eine niedrige Schwingtür auf, die in den hinteren Bereich der Polizeiwache führte. »Kommen Sie bitte mit.«
Kim wurde in einem kleinen Raum auf der Rückseite des Gebäudes festgehalten. Er war minimalistisch eingerichtet, verfügte nur über einen einfachen Holztisch, zwei Stühle und eine Lampe, deren Glühbirne ständig flackerte. Auf dem Tisch stand ein Plastikbecher mit Wasser sowie ein Pappteller mit einem Donut,
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