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Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition)

Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Geiges
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Kettenhemd über sie. Gegen Lepra gab es kein Heilmittel. Sie war zu einem langsamen und qualvollen Tod verurteilt.
    »Aber … das kann doch nicht sein. Als ich mich schlafen legte, war ich noch ganz gesund!«, sagte sie. Ihre Stimme hatte einen schrillen Unterton bekommen.
    Pater Sixtus schüttelte bedauernd den Kopf. »Glaub mir, Bruder Marian, ich bin ein erfahrener Infirmarius, so wie dein Mentor Pater Urban es war. Gott hab ihn selig. Ich habe schon mehrmals Lepra gesehen. Es ist leider keine seltene Krankheit in diesen Tagen.«
    Anna begann zu ahnen, was ihr bevorstand. Sie war schon einmal Zeuge der grausamen Zeremonie gewesen. »Nein!«, schrie sie. »Nein. Das könnt Ihr nicht machen! Ich bitte Euch, Herr!«
    Der Erzbischof hatte ein ernstes und offizielles Gesicht aufgesetzt, das keinerlei Widerspruch zu dulden schien. »Es darf keine Ausnahme geben, Bruder Marian, das weißt du als Famulus eines Infirmarius selbst am besten. Die Gesunden müssen vor der Ansteckung durch die Kranken geschützt werden. So befiehlt es das christliche Gesetz. Folge mir, Bruder Marian. Und Ihr, Bruder Sixtus – bereitet schon mal alles vor. Wir haben keine Zeit zu verlieren. Die Krankheit darf sich nicht weiter ausbreiten. Und wenn wir mit Bruder Marian fertig sind, müssen die Zellen der Laienbrüder gründlich ausgeräuchert werden.«
    » Deus vult !«, sagte der Erzbischof.
    »Gott will es!«, schallte es aus hundert Kehlen zurück.
    »Der Erzbischof will es!«, intonierte Pater Sixtus, der als neu eingesetzter Abt des Klosters die Zeremonie leitete.
    »Der Erzbischof will es!«, erwiderte die Menge.
    Anna stand wie zur Salzsäule erstarrt in Habit und Skapulier vor den Stufen zum Altar der Klosterkirche und blickte in die halb geifernde, halb ängstliche Menge der Mönche und Laienbrüder, die in weitem Halbkreis mit dem nötigen Sicherheitsabstand um sie versammelt war. Aber sie sah sie nicht. Annas Blick war in die Ferne gerichtet, auf die Ewigkeit hin. In ihr war alles leer. Sie fühlte sich, als sei sie nur noch eine leblose Hülle. Hilf- und regungslos ließ Anna die unvermeidliche Zeremonie über sich ergehen, mit der jeder Leprakranke nach gültigem Kirchenrecht aus der menschlichen Gemeinschaft verstoßen wurde und von da an ein Aussätziger war.
    Auf ihrer linken Seite standen Erzbischof Konrad und Graf Lothar von Hochstaden. Abt Sixtus war hinter ihr beim Altar. Nun hob er an zu sprechen.
    »Der Abt will es! Wende dein Angesicht zum Altar, Bruder Marian.«
    Wie in Trance folgte Anna dieser Aufforderung. Aber sie sah den Adlatus des Erzbischofs nicht an, sondern schaute durch ihn hindurch auf das Altarbild von Meister Mathis, das das Jüngste Gericht darstellte. Links wurden die Gerechten und Reuigen von den Heiligen empfangen und nach oben gen Himmel geleitet, wo der Allmächtige auf sie wartete. Und rechts umkreisten die Diener Satans in Gestalt von Monstern und Ungeheuern die zahlreichen Sünder, deren Gesichter vor Angst verzerrten Fratzen glichen. Sie wurden hinuntergerissen in den pechschwarzen Höllenpfuhl, wo ewige Qual und Verdammnis auf sie warteten. Anna fing in Gedanken an zu beten. Gott allein sollte ihre Worte hören, denn sie waren nur für ihn bestimmt und von tiefster Verzweiflung durchdrungen. Wenn es dich gibt, oh Herr, dann lass einen Blitz vom Himmel fahren und erschlage meine Peiniger! Sie sind Mörder, du allein weißt es. Sie haben Pater Urban getötet. Und jetzt hast du auch noch über mich, die Einzige, die sie anklagen könnte, einen Fluch ausgesprochen, so dass ich krank geworden bin und sterben muss. Warum nur, oh Herr?
    Aber Gott sprach nicht mehr zu ihr. Es kam auch kein Zeichen. Kein Blitz fuhr vom himmelhohen Kirchengewölbe herunter. Die Erde tat sich nicht auf und verschlang auch nicht Annas Peiniger.
    Im Grunde ihres Herzens hatte Anna nichts dergleichen erwartet. Zahlreiche Prüfungen durch Gott und die Menschen hatten sie, so jung sie war, gelehrt, dass sie nur sich selbst helfen konnte. So zu denken kam natürlich einer Gotteslästerung gleich. Sie würde ihre unsterbliche Seele verlieren und zu den Sündern gehören, die in den Höllenschlund hinabfahren mussten. Darum hatte sie solche Gedanken auch stets für sich behalten. Aber was war das für ein Gott, der nicht eingriff, wenn unschuldige Menschen krank wurden und starben? Wenn Menschen anderen Menschen unendliches Leid antaten? Wenn sie, die stets ein untadeliges Leben im Dienste der Kranken geführt hatte, Lepra

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