Das Geheimnis der Perle
wieder zu Archer. „Juan Fernandez hat gesagt, es gibt noch eine.“
Archer gab keine Antwort.
Willow hob das Kinn. „Die Köstliche Perle. Die Hälfte dieser Perle gehört Tom.“
Sorgfältig faltete Archer das Taschentuch wieder zusammen und steckte es zurück in die Jacke. „Selbst wenn es sowäre, Tom ist jetzt tot. Ich gebe Ihnen diese Perle, weil er es so wollte. Nicht, weil ich es Ihnen schuldig bin.“
„Schuldig? Sie schulden mir gar nichts. Aber Toms Kind schulden Sie das, was ihm gehörte.“
„Tom hat keine Kinder.“
Willow legte die Hand auf ihren Bauch. „Sie irren sich.“
Ein seltsames Gefühl erfasste Archer. Er hatte nie erwogen, dass Tom vielleicht ein Kind gezeugt haben könnte. Plötzlich erfasste ihn für einen Moment ein Gefühl der Angst. Er hatte seinen Partner aus dem Weg geräumt, damit ihm alles gehörte, was sie zusammen erarbeitet hatten. War das alles umsonst gewesen?
Doch mit einem Mal schoss ihm ein Gedanke durch den Kopf, der seine Wut schürte. „Du kleine Hure! Tom hat dich aus einem Freudenhaus gerettet. Meinst du wirklich, irgendjemand glaubt dir, das Kind sei von ihm?“
„Es ist Toms Kind.“
Archer wusste, dass sie die Wahrheit sagte. Als Tom ihm von Willows Rettung erzählt hatte, hatte er erwähnt, dass sie noch Jungfrau sei. Archer war jedoch sicher, dass Tom es keinem anderen erzählt hatte.
Er ging die Stufen hinunter, drehte sich unten aber noch einmal um. „Ich habe Ihnen Toms Perle gegeben. Sie können Sie behalten oder verkaufen, ist mir völlig egal. Wenn ich das Perlmutt verkauft habe, schicke ich Ihnen vielleicht ein bisschen Geld, aber nur dann, wenn Sie keine Gerüchte über mich verbreiten. Abgesehen davon schulde ich Ihnen gar nichts.“
Ihre verweinten Augen waren auf ihn gerichtet. „Sie können mir die Wahrheit nicht abkaufen. Und Sie können sich keinen Seelenfrieden kaufen. Keinen ruhigen Schlaf. Keine Freunde. Sie haben nur eine Perle, und die wird Sie für den Rest Ihrer Tage verfolgen. Genau wie ich.“
Auch wenn sie ihn nicht mit einem Fluch belegt hatte,fühlte Archer sich so. Er wollte etwas erwidern, brachte jedoch kein Wort heraus. Schweigend wandte er sich ab und ging zurück zum Hotel.
Zwei lange Tage wartete Archer darauf, dass Viola oder Sebastian sich mit ihm in Verbindung setzten. Dann schrieb er ihnen zwei weitere Briefe mit dem gleichen Wortlaut wie zuvor und ließ sie von einem anderen Boten überbringen. Doch er hörte wieder nichts, obwohl er wusste, dass die Somersets in der Stadt waren.
Wenn er schlief, hielt er die Pistole in seiner Hand, während die Perle eingewickelt in seinem Halstuch an seiner Kehle ruhte. Er sehnte sich danach, endlich wieder ruhig schlafen zu können, die Perle zu verkaufen und sein Geld in Sicherheit zu wissen. Er wollte sein Glück mit Viola teilen und ihr das Versprechen abringen, dass sie ihn heiraten würde.
Wenn er wach lag, dachte er an seine Zukunft. Doch immer wieder schob sich Toms entsetzlich entstelltes Gesicht dazwischen.
Tom, der sein Freund gewesen war.
Am vierten Tag ohne Nachricht verlor er endgültig die Geduld. Auch wenn er zu gerne Sebastians neidvollen Blick und Violas erfreutes Gesicht beim Anblick der Perle gesehen hätte, ging er zu einem der erfolgreichsten Perleneinkäufer in Broome, zu einem Engländer, der angeblich alle Perlen von Somerset bekam.
Fabian Wells trug einen maßgeschneiderten Anzug aus feinstem Tuch. „Sie haben mir etwas mitgebracht?“, meinte er, nachdem er Archer die Hand geschüttelt hatte. Als der nur nickte, fuhr Wells fort: „Ich habe einen wichtigen Termin. Kommen Sie mittags wieder.“
Obwohl Archer vor Wut schäumte, weil er abgewiesen worden war, stand er mittags wieder vor der Tür. Doch diesmalwar Fabian nicht allein. Als Archer von der Haushälterin in dessen Büro geführt wurde, fand er sich auch Sebastian Somerset und dem Sergeant von Broome gegenüber.
Archers Puls schlug plötzlich viel zu schnell. „Anscheinend haben Sie eine Besprechung.“ Er trat nicht ein. „Dürfte ich fragen, ob es um mich geht?“
„Kommen Sie herein, Mr Llewellyn“, bat Fabian. „Und schließen Sie die Tür hinter sich.“
Archer trat sofort ein, weil er nicht verunsichert wirken wollte. „Ich wollte eigentlich mit Ihnen allein etwas Geschäftliches besprechen, Mr Wells.“
„Mr Somerset und der Sergeant haben mich gebeten, dabei sein zu dürfen. Sie haben gehört, dass Sie eine außergewöhnliche Perle zum Verkauf anbieten wollen.
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