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Das Geheimnis der Perle

Das Geheimnis der Perle

Titel: Das Geheimnis der Perle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emilie Richards
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Cullen schien ungerührter und sagte: „Du hast deinen Bruder also meinem Großvater vorgezogen?“
    „Drei Monate später kam ich in Amerika an. Nach dem Feuer gab es eine große Überschwemmung, sodass Bryce mich nicht hätte finden können, falls er nach mir suchte. In Darwin fand ich eine Familie, die nach Amerika wollte. Als Gegenleistung für die Überfahrt habe ich auf die Kinder aufgepasst. Ich durfte ausreisen, weil mein Vater ein Weißer war. Damals waren Chinesen auch in Amerika nicht sehr willkommen.
    „War es das wert, Mei?“
    Ein trauriges Lächeln verschattete Meis Gesicht. „Ich fand deinen Vater ohne größere Probleme, Liana, so wie ich es mir immer erträumt hatte. Thomas war groß und stark, hatte jedoch keinerlei Ähnlichkeit mit mir. Wir haben uns heimlich getroffen. Er wollte nicht, dass unsere Großeltern etwas mitbekamen, weil sie versuchen würden, mich wieder nach Hause zu schicken.“
    Ihr trauriges Lächeln verschwand. „Ich war so glücklich, ihn zu sehen! Er war die andere Hälfte meiner Seele, und ich habe mich daran geklammert, weil ich alles andere verloren hatte. Ich zeigte ihm die Perle und erklärte ihm, dass es alles sei, was ich ihm mitbringen konnte. Dann erzählte ich ihm von unserem Vater und Archer. Er legte die Perle in seine Hand und fuhr sanft mit den Fingerspitzen darüber. Und dann hat er erklärt, ich solle in meine Unterkunft zurückgehen. Er würde am nächsten Tag zu mir kommen, damit wir zusammen neu anfangen könnten.“
    Traurig schüttelte Mei den Kopf und schwieg.
    „Er ist nicht gekommen, oder?“, flüsterte Liana.
    „Am nächsten Morgen stand die Polizei vor der Tür. Man hat mich ins Gefängnis gesteckt. Thomas hatte behauptet, ich hätte seine Uhr gestohlen, und einer der Polizisten tat so, als hätte er sie in meinen Sachen gefunden. Zwei Tage hielten sie mich fest. Dann erklärte man mir, Thomas würde keine Anklage erheben, aber wenn ich ihn noch einmal belästigen sollte, würde er dafür sorgen, dass ich nach Australien zurückgeschickt würde. Und das hätte er sicher gekonnt. Unser Großvater war ein sehr einflussreicher Mann und Thomas sein einziger Erbe.“
    Liana warf einen Blick zu Cullen und merkte, dass er sie ansah.
    „Als ich dann in die kleine Pension zurückkam“, fuhr Mei fort, „wartete dort ein Brief von Thomas auf mich. Ich dürfe keiner Menschenseele erzählen, wer ich war, schrieb er, oder auch nur ein Sterbenswörtchen von der Perle. Dass er mich, wenn ich schweige, nicht ausweisen lassen würde. Das sei ein Gefallen. Weil ich seine Zwillingsschwester war.“

19. KAPITEL
    San Francisco – Gegenwart
    D u hast von all dem nichts gewusst?“, fragte Cullen schließlich und fuhr sich mit den Fingern durch die Haare. Den ganzen Weg zurück zu Lianas Apartment hatte er geschwiegen.
    „Ich wusste, dass Tante Mei und mein Vater sich entfremdet hatten. Aber bis zu meinem dreizehnten Lebensjahr habe ich nicht einmal gewusst, dass sie überhaupt existiert.“ Liana ging durch den Flur zur Bar. Normalerweise trank sie zum Abendessen nur ein oder zwei Gläser Wein. Aber an diesem Abend musste sie ihren Schmerz betäuben.
    Sie nahm die erste Flasche, die sie greifen konnte, aus dem Schränkchen, ein alter Scotch, und schüttete ein Glas voll ein. Dann bot sie Cullen wortlos die Flasche an.
    Er schüttelte den Kopf.
    Liana hingegen trank das halbe Glas in einem Zug aus.
    „Dann hast du nicht gewusst, dass Mei die Perle meiner Familie gestohlen hat?“
    „Die ja eigentlich nicht deiner Familie gehörte.“ Sie trank ihr Glas aus. „Einen Teil dieser Geschichte kennst du ja bereits.“
    „Dann erzähl mir den Rest.“
    Erneut schenkte sie sich ein, ohne davon zu trinken. Stattdessen ging sie mit dem Glas ins Wohnzimmer und setzte sich in die Sofaecke, vor sich das Porträt ihres Sohnes. Cullen kam zu ihr.
    „Als ich dreizehn war, haben wir mit meiner Klasse eine Exkursion nach Chinatown gemacht. Eine alte Frau fiel mir dabei auf, die mich beobachtete. Wir standen auf dem Gehsteig der Grant Avenue, und unser Lehrer hielt uns gerade einen Vortrag. Als wir weitergehen wollten, kam die alte Frauzu mir und gab mir ein Stück Papier. Sie sagte: ‚Ruf mich an.‘“
    „Und diese Frau war Mei.“
    Liana nickte. „Es war natürlich kein Zufall. Sie wusste von mir, seit ich bei meinem Vater lebte. Vermutlich hat sie mich im Auge behalten und wusste daher, dass ich ein rebellischer Teenager war und nicht gut mit meinem Vater und meiner

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