Das Geheimnis Der Pilgerin: Historischer Roman
gehört ...«, flüsterte sie. »... du wirst mich verraten ...«
Sie fühlte, dass Abram den Kopf schüttelte. »Aber nein, meine Schöne, mein Süße, meine Teure. Ich werde dich nicht verraten. Aber ich werde dich auch nicht mehr diesem alten Lustmolch überlassen. Von jetzt an erkläre ich dir die Sterne ... oder nein, ich hole sie dir gleich vom Himmel! Zunächst den deinen - wie willst du ihn noch nennen?«
»Konstantin«, sagte Maria mit leiser, matter Stimme, »Konstantin, wir können nicht ...«
Abram verschloss ihr die Lippen mit einem Kuss. »Erst sagst du mir den Namen deines Sterns«, forderte er, »und dann nenne ich dir den meinen ...«
Das Mädchen flüsterte einen Namen, und es klang wie ein Schluchzen. »Orli ... das ist ... das heißt ...«
Abram küsste sie wieder. »Das heißt ›Ein Licht für mich‹«, sagte er sanft und strich ihr das Haar aus dem Gesicht. »Und der meine bedeutet ›Vater vieler Söhne‹. Ich hoffe, du hilfst mir, meiner Bestimmung gerecht zu werden.«
Das Mädchen sah ungläubig zu ihm auf. Der Mond hatte sich inzwischen erhoben und regierte eine weitere sternklare Nacht.
»Abraham?«, fragte sie verwirrt.
Kapitel 9
U nd wie, denkst du, soll das nun weitergehen?«, examinierte Salomon seinen Neffen. Die beiden saßen am Morgen nach dem Überfall auf dem Bock ihres Wagens - Gerlin als eine Art Streitschlichter zwischen sich. Abram wirkte jedoch trotz Salomons gestrenger Worte auffallend fröhlich.
Am Abend vorher war nicht mehr viel gesprochen worden. Maria war völlig erschöpft, als Abram sie ins Lager zurückbrachte. Der Empfang entsprach seinen schlimmsten Befürchtungen. Martha empfing das Mädchen gleich mit Schmähungen, Martinus beachtete es kaum. Salomon beherrschte sich eisern, hätte seinem Neffen aber einiges zu sagen gehabt. Abram hielt Maria im Arm, das Mädchen kuschelte sich vertrauensvoll an ihn und schien fast zu schlafen. Abram küsste ganz offen ihr Haar, als er sie vom Pferd gleiten ließ. Salomons Blick wich er nicht aus, er erwiderte ihn sogar fast spöttisch. Der Medikus war sichtlich entrüstet.
Gerlin nahm Maria mit in ihren Wagen und gab ihr heißen Würzwein zu trinken - aus Salomons eigenem Fundus. Den letzten Rest seiner Vorräte hatte der Magister auf das glücklich überstandene Abenteuer geleert, und auch um sich über die Schmerzen seiner leichten Verbrennung am rechten Bein hinwegzutrösten. Er machte großes Aufheben um den Verband, den Salomon ihm anlegte, und musste dann von Martha in seinem Planwagen zur Ruhe gebettet und getröstet werden. Die ältere Frau zeterte zwar wie immer, kümmerte sich aber ganz offensichtlich gern um ihn. Auch sie schien zu hoffen, dass er Maria nicht mehr begehrte.
Salomon zog sich schließlich mit Abram unter den Wagen zurück und überließ sein Lager dem Mädchen. Zu Martha und Martinus konnte man es ja kaum zurückschicken, während Gerlin sich gern um ihre kleine Freundin kümmerte. Sie war sehr erleichtert, dass Maria nichts weiter geschehen war, und sprach ihr freundlich zu, bis sie schließlich einschlief. Unter dem Wagen herrschte derweil angespanntes Schweigen. Salomon begnügte sich in Bezug auf Marias Befreiung mit den Informationen, die Abram den Rittern lieferte. Während die Einzelheiten seiner Aktion Martinus und die seinen kaum zu interessieren schienen, konnten Berthold und seine Leute nicht genug davon hören. Dabei war das Interesse der meisten Ritter wohl völlig unschuldig, sie schienen bereit, den »Badergehilfen« für seine Kampfkraft zu feiern.
Nur Berthold konnte nicht umhin, wieder zu sticheln - seine Bemerkungen wurden zusehends beunruhigender. »Da kann man doch mal sehen, Herr Friderikus und Herr Konstantin ... die ganze Zeit von fast jüdischer Zurückhaltung, und dann auf einmal entpuppen sie sich als kundige Schwertkämpfer und Retter der Unschuld ...«
Auf die letzten Worte hin lachten die Ritter natürlich hämisch auf. Abram verspürte das Bedürfnis, sich auf sie zu stürzen, aber er beherrschte sich.
»Nicht, dass sich da Ritter unter dem Gewand des Baders und seines Gehilfen verstecken?«, stichelte Berthold weiter.
Die Ritter lachten noch lauter - kaum ein Angehöriger ihres Standes hätte sich zu einer solchen Verkleidung erniedrigt. Allenfalls in den modernen Ritterromanen bewies ein Herr seine Ergebenheit gegenüber seiner Dame, indem er in die Rolle eines Bettlers schlüpfte.
»Ihr seid nicht womöglich Sir Lancelot und in den Diensten der Lady
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