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Das Geheimnis der Rosenkreuzerin

Das Geheimnis der Rosenkreuzerin

Titel: Das Geheimnis der Rosenkreuzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Klausen
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früh könnt ihr es euch noch überlegen, ihr dummen Weiber!«, brüllte Konrad voller Wut. Er befahl den Bütteln, die Frauen in den Kerker zu bringen.
    Benommen schlich Maria durch die Nacht zum Dominikanerkloster. Die Dunkelheit der Gassen strahlte taghell im Vergleich zu der Finsternis in ihrem Herzen. An dem wuchtigen Bau von Sankt Nikolaus angekommen, der in der Nacht wie ein schlafender Bär wirkte, klopfte sie an und verlangte nach Bruder Odo, der kurz darauf erschien und sie mit ins Cellarium nahm. Auf dem Weg dorthin erinnerte sie sich daran, wie Odo ihrem Bruder und ihr damals die Kleidung gebrachte hatte, als sie dank Bruder Johannes dem Pogrom entkommen waren.
    Im Cellarium ließ er sich im flackernden Licht einer dicken weißen Kerze von ihr berichten, während er ihr in der Küche einen Kräutertee braute. Auf ihren Wunsch besorgte er ihr ein Ordenshabit. Sie legte es an, schnitt sich anschließend die langen schwarzen Haare ab und verwandelte sich so in einen zierlichen Mönch. Es war die zweite Verkleidung, in die sie in ihrem bisher recht kurzen Leben zu schlüpfen gezwungen war. Wie oft wür de sie ihre Identität noch wechseln müssen? Sie wusste es nicht. Aber das Äußere war nur eine flüchtige Chiffre der Zeit und das Leben nur eine Verkleidung für die Seele. Nur sie allein konnte wirklich Schaden nehmen, hatte Mechthild sie gelehrt.
    In aller Frühe passierte sie das Stadttor, überquerte die Brücke und versteckte sich im Unterholz, an derselben Stelle, an der sie vor zwei Jahren blutenden Herzens den Auszug ihres Bruders zur Wallfahrt beobachtet hatte. Nicht das Geringste hatte sie seither von ihm gehört. Unterdessen wurde es unruhig am Stadttor. Knechte stellten zwei Käfige auf die Brücke. Zimmerleute er richteten grobe Dreifüße aus Balken, an denen sie Vorrichtungen befestigten, mit denen man die Käfige von der Brücke ins Wasser hinablassen konnte. Maria hatte einmal gehört, dass man diese seltsamen Vorrichtungen, die auch beim Bauen von Burgen und Kirchen Verwendung fanden, nach einem Vogel nannte, nämlich Kraniche. Neugierige Menschen strömten aus der Stadt und versammelten sich, so dass Maria ihr Versteck verlassen und sich unter die Schaulustigen mischen konnte. Die meisten freuten sich auf das Schauspiel, das ihnen gleich geboten werden würde. Mitleid empfand keiner von ihnen. Sie hatten sich sogar herausgeputzt und ihre Kinder mitgebracht.
    Jetzt wurden auf Ochsenkarren die Beginen herbeigebracht. Auf dem Wehrgang des Stadttores zeigte sich August von Virneburg und schlug ein Kreuz. Die Menschen verstummten.
    »Gelobt sei der Herr!«, rief er der Masse zu. Dann wandte er sich an die Beginen. »Nun, meine verirrten Töchter, ist eine unter euch, die reuig in den Schoß der Kirche zurückkehren will? Oder seid ihr etwa alle vom Teufel besessen? Ich will’s nicht glauben, dass der Satan so reiche Beute einfährt. Jetzt ist eure letzte Gelegenheit, Gottes Segen und Verzeihung zu erlangen. Ach, kehrt um, meine Kinder, kehrt um!« Er faltete die Hän de zum Gebet und wartete. »Sorge dich nicht um uns, uns könnte es nicht besser gehen, denn wir sind bei unserem Herrn, aber wo bist du, Priester des Satans? Sorge dich um dein eigenes Seelenheil. Tue Buße, August von Virneburg! Ich sehe Jesus zur Linken Gottes sitzen, zur Rechten aber ist der Heilige Geist. Sie haben so gewaltige Tränen in den Augen, dass die kleinste von ihnen den ganzen Ozean füllen würde, gesetzt denn, er wäre leer. Mit einer Stimme aber befehlen sie: Tue Buße, für all deine Sünden, August!«, rief ihm Mechthild zu.
    Ein Raunen ging durch die Menge. Die Frauen auf den Ochsenkarren sanken auf die Knie und begannen, auf Latein die Bußpsalmen zu singen:
    De profundis clamavi ad te Domine…
    Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu dir
    Herr, höre meine Stimme! Wende dein Ohr mir zu,
achte auf mein lautes Flehen!
    Würdest du, Herr, unsere Sünden beachten, Herr,
wer könnte bestehen?
    Der Bischof, dessen Gesicht vor Zorn rot glühte, versuchte, etwas zu entgegnen, vermochte seine Stimme gegen die singenden Frauen aber nicht mehr durchzusetzen. Unwillig raunte er seinem Schreiber etwas zu, dann verließ er den Wehrgang und ward nicht mehr gesehen. Der Gesang aber schuf den Beginen Note für Note eine neue Heimat. So empfand es jedenfalls Maria, die sich nach vorn drängte. Der Wunsch, sich zu bekennen und den gleichen Weg zu beschreiten, den die Frauen nun antraten, wurde fast übermächtig in ihr. War sie

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