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Das Geheimnis der Rosenkreuzerin

Das Geheimnis der Rosenkreuzerin

Titel: Das Geheimnis der Rosenkreuzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Klausen
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nur eine Matte und ein halbhohes Tischchen enthielt. Das Zimmer war so klein, dass Maria, Hafis und der Schaykh es vollkommen ausfüllten. Der Schuster brachte beflissen Tee und drei grobe Steingutschalen herbei, dann verschwand er sofort wieder. Augenscheinlich verehrte er den Meister. Mochte dieser ziegenbärtige Alte für den Handwerker ein Heiliger sein, für Maria roch es in dem Zimmer nur nach altem Mann, und sie hoffte inständig, bald wieder an die frische Luft zu kommen.
    Hafis verzichtet diesmal auf die übliche Art, das Gespräch mit einem theologischen Disput zu beginnen, sondern fragte den Shaykh unumwunden, ob er wisse, wo sich die Weisen von Damcar aufhielten und ob ein junger Mönch bei ihnen sei. Der Alte schwieg, endlos lange, wie es Maria vorkam, bevor er einräumte, von ihnen gehört zu haben.
    »Sie wohnen in Damcar. Aber niemand, der nicht von ihnen gerufen wird, gelangt zu ihnen.«
    Maria warf Hafis einen enttäuschten Blick zu, denn das wussten sie bereits.
    »Sie haben Damcar verlassen«, widersprach Hafis ein wenig missmutig.
    Bedächtig schlürfte der Alte einen winzigen Schluck Tee. »Ist Damcar ein Ort oder eine geistige Form?«, frag te er, ohne eine Antwort zu erwarten. Er sprach äußerst leise, als wäre es ihm gleichgültig, ob sein Gesprächspartner ihn verstand. Vermutlich empfand er es als eitel, sich darum zu sorgen, gehört zu werden – was gingen ihn noch die Menschen an?
    Maria sah eine neuerliche Haarspalterei auf sich zukommen. »Natürlich ein Ort!«, wies sie ihn zurecht und spürte den missbilligenden Blick des Persers.
    Der Alte lachte meckernd. »Ach, ihr Frauen, das Geistige ist euch fremd, für euch gibt es nur, was ihr hören, sehen, fühlen, schmecken und riechen könnt. Ihr seid der Körper. Das Feld des Mannes, sagt der Koran. Aus Üppigkeit entstanden, neigt ihr zu Übertreibung. Weshalb trägst du das Schwert an deiner Seite? Willst du in einen Kampf ziehen, obwohl du vom Kämpfen nichts verstehst?«
    Hafis rief ihm ins Gedächtnis, dass sich unter den Sufimeistern auch verehrungswürdige Frauen befanden. Selbst der Größte Meister verehrte Fatima bint al-Mutanna und hatte von ihr gelernt. Der Alte schwieg und würdigte den Einwand keiner Entgegnung. Er zeigte nicht einmal eine Regung, sondern starrte nur vor sich hin, trank wieder einen winzigen Schluck Tee.
    »Vielleicht«, sagte er nach langem Nachdenken, »ist Damcar nur ein geheimer Name für Mekka oder für den Berg Arafat. Es steht bei Gott zu wissen, wo die Weisen leben. Vielleicht ist ihr Palast die Straße und ihr Bett der Weg? Und den Zustand der höchsten Weisheit nennen sie Damcar.«
    Über diese Spekulation versank er in tiefes Nachdenken, so dass Hafis Maria durch ein diskretes Zeichen zu verstehen gab, dass mehr von dem Mann nicht zu erwarten war. Leise schlichen sie sich aus dem halbdunklen Raum. Wenn der Shaykh Recht hatte, dann konnten die Weisen überall sein. Aber wem, fragte sich Maria, waren sie dann im Jemen begegnet?
    Sie wollte Hafis fragen, doch der war kreidebleich. »Wir sind gerade dem Tod begegnet.«

Kapitel 30
    N achdem sich Hafis von seinem Schrecken etwas erholt hatte, erklärte er, der Alte gehöre dem Pfauen-Orden an, dessen Lehrer sich Pir oder Fakir nannten. Alles, was Hafis über den geheimnisvollsten aller geheimen Sufiorden wusste, war, dass sie in einem schrecklichen Kult mit blutigen Ritualen den Pfau und die Schwarze Schlange anbeten sollten. Ihr Oberhaupt nannten sie den malak tauus , den Pfauen-Engel. Diesen Fanatikern zu begegnen, gefiel ihm gar nicht. Es war eindeutig ein sehr schlechtes Zeichen.
    »Warum hast du aber gesagt, wir wären dem Tod begegnet?«
    Hafis kam nicht mehr zum Antworten, denn die Antwort stand plötzlich leibhaftig vor ihnen. Als sie um eine Ecke bogen, versperrte ihnen ein Mann den Weg, der in schwarzes Leder gehüllt war und einen schwarzen Turban wie ein Tuareg trug. In seinen Händen lag der Griff eines Beidhänders. Die Art und Weise, wie er dastand und das Schwert hielt, ließ keinen Zweifel daran, dass er mit der Waffe vortrefflich umzugehen verstand. Auf dem Turban erkannte sie die schwarze Schlange, die auch den Kaftan des Alten geziert hatte. Hinter ihnen versperrten jetzt fünf Männer den Rückweg. Eine Falle, schoss es ihr durch den Kopf, die ganze Geschichte mit dem Meister war nur eine Falle! Aus dem Schatten des Kämpfers trat ein alter Bekannter, den sie niemals wiederzutreffen gemeint hatten: der Kaufmann. Er hatte sie

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