Das Geheimnis der Rosenlinie - Esch, W: Geheimnis der Rosenlinie
diesen konnte man doch nicht trauen. Außerdem gab es mehrere Zeugen unserer Streits. Was läge näher, als dass der Lehrling seinen Meister umbrachte?
Nur des Kaisers Gunst hielt mich am Leben und Tycho Brahes wohlbekanntes Testament.«
Matthias nickte verständnisvoll.
»Durchaus eine schwerwiegende Anschuldigung, die man da hinter vorgehaltener Hand gegen Euch erhoben hatte. Meine Hochachtung, dass Ihr es dennoch ertragen und ausgehalten habt.«
»Ja, so erlebte ich sogar noch zwei weitere Kaiser in Prag, nämlich Matthias I. und Ferdinand II. Während mir Kaiser Matthias ähnlich wie Rudolf wohlgesinnt war, nahmen die Spannungen am Hof nach seinem Tod und der Machtübernahme durch Kaiser Ferdinand deutlich zu. Zudem verstarb 1611 meine Frau Barbara und auch einer meiner Söhne kam ums Leben. Ich suchte um einen Posten an der Universität Tübingen nach. Doch den Herren dort waren meine Thesen zum heliozentrischen Weltbild zu gewagt und sie ließen mich nicht als Professor zu. So nahm ich denn dann die Stelle als Mathematiker im oberösterreichischen Linz an. Doch meine Widersacher waren nicht untätig. So musste ich mich 1615 um die Verteidigung meiner geliebten Mutter kümmern, der man kriminelle Handlungen, ja sogar Hexerei vorwarf und sie deshalb einkerkerte. Der Grund dafür war aberwitzig, müsst Ihr wissen. In meiner Jugend schrieb ich einst einen Roman. Ich nannte ihn Der Traum. Somnium. Eine phantastische, ja magische Reise zum Mond, die ich als Student beschrieb. Dabei stellte ich mir vor, wie die Welt vom Mond aus betrachtet aussehen würde. Ein blau-grüner Planet. In diesem Traumwesen, das vom Mond aus die Erde betrachtete, glaubten meine Gegner meine Mutter als Hexe wiederzuerkennen. Fünf Jahre lang kämpfte ich um ihr Leben. Und als ich endlich mit Hilfe eines guten Freundes, auch ein Jurist wie ihr, meine Mutter frei bekam, starb sie kaum ein Jahr später an den Folgen der schrecklichen Folter, die man ihr angetan hatte. Dann musste ich gewahr werden, dass die Sorgen auch in Linz kein Ende nahmen. Man zwang meine Kinder zur Teilnahme an der katholischen Messe, meine private Bibliothek wurde beschlagnahmt…..und ähnliches… Seitdem bin ich auf der Suche nach einem neuen Heim für meine Familie.«
»Ist das auch der Grund, warum Ihr in Regensburg weilt?«, wollte Matthias wissen. Kepler nickte.
»Ja, aber auch hier wird es wohl nicht möglich sein. Ich habe noch einige, wenige Freunde in Ulm. Vielleicht habe ich da mehr Glück.«
»Das wünsche ich Euch, werter Kepler, das wünsche ich Euch von ganzem Herzen.«
»Ich danke Euch, Liebknecht. Und ich danke Euch für den großen Dienst, den Ihr mir erwiesen habt. Ihr seid mir von großer Hilfe gewesen. Sobald ich ein neues Heim für meine Familie gefunden habe, werde ich mit Wallenstein in Kontakt treten, werde die von ihm angebotene Stelle annehmen. Aber sagt, Herr Commissarius! Jetzt haben wir so viel von mir gesprochen. Wohin führt denn Euer Weg?«
»Ich bin als Gesandter und Sonderkurier meines Churfürsten Ferdinand von Cölln auf dem Weg nach Rom.«
Für einen Augenblick kehrte Stille ein. Kepler hatte die Hände gefaltet, seine Lippen nur noch schmale Striche. Fragend blickte er Matthias an.
»Wäret Ihr so freundlich und würdet mir ein wenig mehr von Eurem Zusammentreffen mit Robert Fludd berichten? Ich meine die näheren Umstände, die Euch zusammenbrachten.«
»Aber gern«, entgegnete Matthias freundlich und erzählte Johannes Kepler von seinen Abenteuern in Frankreich, von seiner Jagd nach dem Dieb und Mörder, von seiner seltsamen Begegnung mit Fludd vor der Kathedrale Notre Dame und ihrem anschließenden, sehr ausführlichen Gespräch.
»Dann seid Ihr es also«, stellte Kepler abschließend fest. Ein wenig irritiert schaute Matthias den Wissenschaftler an.
»Entschuldigt, wie meinen?«
»Ihr habt Euch da auf ein gefährliches Abenteuer eingelassen, Liebknecht. Ihr seid einem Geheimnis auf der Spur, nicht wahr? Oh bitte, Ihr braucht jetzt nicht zu antworten. Doch wenn Ihr das Geheimnis wirklich ergründen wollt, dann solltet Ihr nach Salzburg reisen!«
»Salzburg? Was wisst Ihr denn von diesem Geheimnis? So seid auch Ihr eingeweiht?«
»Ja, Salzburg. Sucht dort den Notaren Andreas Gassenhöfer auf und befragt ihn nach Paracelsus’ Geheimnis. Ich werde Euch ein Empfehlungsschreiben mitgeben, das wird Euch weiterhelfen.«
»Paracelsus. Meint Ihr jenen Arzt, der vor 80, 90 Jahren lebte?«
»Ja, genau den meine ich. Er
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