Das Geheimnis der Rosenlinie - Esch, W: Geheimnis der Rosenlinie
einem einzigen Kapitel aus dem geheimen Tagebuch des Caesarius von Heisterbach wurde diese Kirche jemals erwähnt.
»Dann wisst Ihr wohl mehr als ich«, bedeutete Aaron.
»Nicht ganz, Herr Trachmann, aber ein Ding fügt sich zum anderen. Darf ich Euch bitten, lest weiter! Zu gerne möchte ich wissen, wohin uns die Geschichte führt.«
Was folgte, war für Matthias ohne Belang, die Wiedergabe einer ausführlichen Familienchronik, das Wissen vieler Generationen. Doch plötzlich war sein Interesse wieder geweckt…
5234! Zu jener Zeit belagerte der burgundische Herzog, Karl der Kühne genannt, die chur-cöllnische Stadt Neuß. Angst vor einem großen Krieg herrschte plötzlich in den rheinischen Landen. .Das Volk suchte diese Furcht in der Rückbesinnung auf den Glauben zu überwinden. Die hohen Herren hingegen hatten Sorge um ihre Kriegskasse und kamen zu uns in die jüdischen Viertel, um hohe Summen Geld zu leihen und um damit die Kriegskosten zu decken. Doch alle Versuche, den Herzog von Burgund zu vertreiben, schlugen fehl. Die Belagerung dauerte schon Monate an. Darauf beschloss man im Rat der Stadt Cölln das Konvent der Dominikaner um Rat zu bitten, da man glaubte, die Belagerung der Stadt Neuß und die drohende Kriegsgefahr in chur-cöllnischen Landen seien eine Strafe Gottes. Man wollte den Herrn wieder versöhnen. Der Prior des Convents, Jacob Sprenger, beriet sich mit seinen Fratres und anderen hohen geistlichen Würdenträgern und kam zu dem Schluss, dass das Rosenkranzgebet eine wirksame Übung sei, um Gott zu versöhnen. Die neue Nähe zur Mutter Gottes sollte die Menschen wieder fester an die Kirche binden und auch von häretischem Gedankengut befreien.
Schließlich begründete er am Tag der Geburt Miriams, der Mutter des Jehoshua von Nazareth, nach christlicher Zeitrechnung der 8. September 1474, die Bruderschaft vom Rosenkranz. Die von ihm aufgestellten Regeln der Gemeinschaft gab er dem Volke öffentlich zu lesen und verkündete, dass ein jeder der Bruderschaft beitreten könne, der sich dazu berufen fühle.
Durch Gottes weisen Ratschluss und durch geschickte Verhandlungen eines päpstlichen Legaten konnte Karl der Kühne acht Monate später dazu bewegt werden, die Belagerung von Neuß aufzugeben.
Der Jubel des Volkes kannte keine Grenzen und so schrieb man diesen glücklichen Ausgang ausschließlich den Gebeten der Rosenkranzbruderschaft zu. Kaiser Friedrich III. bat höchstselbst um Aufnahme in die Bruderschaft und gleich ihm etliche Würdenträger des Reiches.
Durch diesen Zuspruch bestärkt im Glauben, drohte jetzt allen Nichtchristen eine andere Gefahr. Die Zeit der Kreuzzüge wurde erinnert, ebenso der Schlachtruf der Kreuzritter: Gott will es!
Die Hexenjagd gegen jeden, der der christlichen Kirche und ihren Inquisitoren ein Dorn im Auge war, begann. Dabei gerieten selbst Mönche und Priester der Christen in große Gefahr.
Auch die Johannisbruderschaft gelangte in das Visier der Hexenjäger. Schnell wurde sie von den Häschern der Inquisition als unchristlich entlarvt, als häretisch durchsetzt erkannt. Gemeine Spitzel und Verräter denunzierten die ehrenwerten Männer und Frauen, machten sie zu Gejagten und Vogelfreien. Auch Konradin leeve Kneht vun de Lynde musste fliehen, wurde er doch von vermeintlichen Freunden gejagt, Kriegermönchen vom Ordo Teutonicus. Konradin kehrte nie mehr zurück.
Der Schatz jedoch, das Geheimnis der Johannisritter, fiel der Vergessenheit anheim. Wir Juden wurden ungewollt Hüter des großen Geheimnisses der Christenheit und sollten es auch für die nächsten hundert Jahre sein.
Eleazar Bar Dan aber hinterließ keine Nachkommen. Sein Schwiegersohn Immanuel Schwarz, der mit Eleazars ältester Tochter Leah verheiratet war, wurde der nächste Hüter des Geheimnisses. Dies trug sich zu im Jahre 5336 unserer Zeitrechnung, dem die Christen die Bezeichnung 1576 gaben.
In jener unglückseligen Zeit starben in der Umgebung von Deutz viele Menschen am Antoniusfeuer, einer schrecklichen Krankheit, die durch den Genuss verdorbenen Korns hervorgerufen wird.
Und wieder wurden wir Juden verantwortlich gemacht. Man beschuldigte uns des Schadenszaubers, begleitet von anderen widerwärtigen Vorwürfen, nämlich jenen, dass wir, um diesen Zauber zu bewirken, kleine Kinder entführten, diese zerstückelten und kochten. Mit dem daraus entstandenen Absud würden wir dann den Boden vergiften, aus dem schließlich Tod bringendes Korn erwachsen würde.
Auch Immanuel Schwarz
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