Das Geheimnis der Rosenlinie - Esch, W: Geheimnis der Rosenlinie
fiel ihm schwer, klare Gedanken zu fassen, einzig sein Name fiel ihm ein: Matthias Liebknecht.
Erschrocken riss er die Lider auf, als er etwas Heißes vor seinem Gesicht spürte und blickte in die Flamme einer Kerze.
»Er ist wieder wach!«, hörte er eine Stimme. Schon packten ihn kräftige Arme, zogen ihn von seinem harten Lager und ketteten ihn wieder an die Wand. Mehrere Kübel kalten Wassers klatschten eiskalt gegen seinen schwitzenden Körper und ließen ihn nach Luft ringen. Hellwach versuchte Matthias nun, sich seine Umgebung einzuprägen. An der gegenüberliegenden Wand stand die Pritsche, auf der er wohl gerade eben gelegen hatte. Inmitten des Raumes floss das Wasser, mit dem man ihn gerade abgekühlt hatte, durch einen Rost im Boden ab. Vier Kerzen in den Ecken gaben nur spärliches Licht. Zwei kräftige Männer standen zu Seiten von Liebknecht.
»Holt den Lektor!«, befahl ein Dominikanermönch. Tatsächlich erschien der Lektor wenig später, blickte eiskalt auf Matthias und befahl: »Macht weiter!«
Hämisch grinsend riss einer der beiden Folterknechte ihm den Mund auf, der andere drückte ihm den Trichter in den Hals. Wieder musste Matthias diese Flüssigkeit schlucken. Und wieder lösten sie sofort grässliche Krämpfe und Schmerzen aus, Matthias musste schmerzhaft erbrechen. Diese Prozedur wurde mehrfach wiederholt. Als Matthias zusammenzubrechen drohte, trat der Lektor vor Matthias und fragte: »Wer bist du?«
»Matthias Liebknecht«, erwiderte tonlos der Advocatus.
»Was ist deine Profession?«
Es brauchte einige Zeit, bis Matthias seine Gedanken gesammelt hatte. »Ich bin churcöllnischer Commissar«, antwortete er mühsam, ohne recht zu begreifen, was er von sich gab.
»Warum bist du hier?«
Schwer keuchend hob Matthias den Kopf und versuchte zu sprechen, doch nur ein Lallen war zu hören. Kraftlos fiel sein Kopf auf seine Brust zurück.
»Wir sind auf dem richtigen Weg«, sprach der Lektor zu dem anderen Mönch im Raum. »Gebt ihm nochmals von den Tropfen. Schon bald wird er reden und wie ein Vöglein zwitschern«, stellte der Lektor zufrieden fest. Matthias wurde wieder losgekettet und auf die Pritsche gelegt. Die scharrenden Geräusche der Knechte, die den Boden von seinem Erbrochenen reinigten, strapazierten seinen schmerzenden Kopf zusätzlich. Er krümmte sich und presste beide Hände auf die Ohren. Sein Widerstand brach langsam zusammen; lieber wollte er gestehen, was auch immer, nur um nicht noch weiter diese Qualen erleiden zu müssen.
»Ich bin Liebknecht«, fiel ihm plötzlich wieder ein, »Advocatus, Commissarius.« Und das Bild einer jungen Frau erschien ihm, schön, mit langem, dunklem Haar, das in der Sonne rötlich glänzte.
»Ein Engel, bin ich im Himmel?«, dachte er zuerst. Sie streckte ihm ihre Hand entgegen. Irgendetwas hielt sie fest! Matthias konnte es zuerst nicht genau erkennen. Doch die Hand kam immer näher und er erkannte – einen Rosenkranz! Sie sprach zu ihm, doch er konnte sie nicht hören. Verzweifelt konzentrierte er sich, um die sich stets wiederholenden Worte zu verstehen, die immer wieder das Gleiche zu sagen schienen. Schließlich ahnte er mehr als er verstehen konnte: »Hilf mir! Bitte hilf mir!« Erregt versuchte er, sich aufzurichten, doch kräftige Hände drückten ihn grob zurück. Eine Hand versuchte, ihm den Mund zu öffnen, griff mit ihren Fingern hinein. Aber immer noch sah er das Bild jener um Hilfe rufenden Frau vor sich. Er wehrte sich, wollte helfen, doch da waren die Hände, die ihn zurückdrückten und die Finger, die ihm den Mund aufreißen wollten. Nein, er wollte hoch, sich aufrichten, unter allen Umständen. Er presste die Zähne zusammen, hörte einen Schmerzensschrei, schmeckte eine warme Flüssigkeit in seinem Mund und der Druck gegen seinen Körper ließ nach.
»Ich habe es geschafft«, schoss es ihm durch den Kopf. Doch im gleichen Augenblick traf ihn ein fürchterlicher dumpfer Schlag gegen den Kopf und Matthias fiel in eine tiefe Bewusstlosigkeit.
»Verfluchter Mist!«, jammerte einer der Knechte. »Der hat mir fast zwei Finger abgebissen.« Der Knecht streckte dem Mönch zum Beweis seine blutende Hand entgegen.
»Dafür müsst ihr ihn nicht gleich umbringen. Wer hat euch erlaubt, ihn zu schlagen?!«, schalt der Mönch und funkelte den Knecht wütend an.
» Wie sollte ich sonst meine Hand aus seinem Maul kriegen?«
»Dann hättest Du eben aufpassen müssen und deine dreckigen Finger nicht so weit hineinstecken sollen.
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