Das Geheimnis der Rosenlinie - Esch, W: Geheimnis der Rosenlinie
vielleicht gefährlich werden.«
»Gefährlich? Wieso? Ich bin Gefahr gewöhnt, jeden Tag, glaub mir.«
Wieder lächelte Ephraim Konrad gewinnend an.
»Na, meinetwegen!«
Gemeinsam zogen sie los zum Schloss und fragten an der Wache nach dem churfürstlichen Gesandten Liebknecht.
»Wartet hier!«, schnauzte der Wachmann, während ein anderer Soldat ins Schloss eilte. Der Wachsoldat kehrte sogleich in Begleitung eines kleineren Mannes zum Tor zurück. Der Mann mit dem beeindruckenden Doppelkinn fragte nach dem Begehr der beiden Männer. »Ich bin der Bibliothekar des Hauses«, stellte sich Bodo von Stockhausen vor, »und stehe Eurem Herrn zu Diensten. Im Moment ist es ihm nicht möglich, Euch zu sprechen, er arbeitet derzeit an wichtigen Studien.« Der Bibliothekar lächelte kalt.
»Ich muss ihn trotzdem sprechen«, brummte Gropper unwillig. »Ich habe eine wichtige Nachricht für ihn.«
»Bedauere, nein. Der Advocatus wünscht im Augenblick keinerlei Störung. Die Nachricht werde ich ihm zukommen lassen, gebt her.«
» Nein, Herr, mein Herr gab mir Order, diese Nachricht nur persönlich…» Verstehe!«, unterbrach ihn Bodo von Stockhausen unwirsch. » Wartet hier, ich werde Euren Herrn holen.« Der Bibliothekar lief zurück zum Schloss, wieder begleitet ihn der Wachsoldat.
Misstrauisch und ratlos blickte Gropper den beiden hinterher, drehte sich dann zu Ephraim Trachmann um.
»Komm, Junge, wir gehen!«
Verdutzt folgte der junge Jude dem Kutscher, der plötzlich schnellen Schrittes davon eilte. Als das Schlosstor nicht mehr zu sehen war, blieb Konrad endlich stehen.
»Wir müssen fort, Junge! Pack alles Notwendige zusammen! Hier stimmt etwas nicht. Es stinkt zum Himmel. Ich habe das Gefühl, dass man gleich nach uns suchen wird.«
Kurze Zeit später rumpelte eine Kutsche durch die Straßen von Mergentheim. Konrad Gropper trieb die Pferde zu schnellem Trab an. Neben ihm saß Ephraim Trachmann.
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Wenig später traf ein Deutschordensritter am Stadttor ein und erfuhr, dass eine Kutsche seltsam eilig die Stadt verlassen hatte.
»Sollen wir sie verfolgen, Herr?«
»Nein!«, antwortete der Chevalier kurz. »Doch haltet die Tore geschlossen. Niemand verlässt oder betritt die Stadt ohne meine Zustimmung!«
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»Und, was habt Ihr herausgefunden, Pater Eberhard?«, fragte ein asketischer Mönch mit grauem Haarkranz den Dominikaner im Lesesaal des Dominikanerkonvents.
»Nichts, ehrwürdiger Lektor«, antwortete der Dominikaner.
»Die Schriften, die dieser churcöllnische Commissar untersuchte, führen uns nicht weiter. Sie beinhalten nichts, was wir nicht schon längst wissen.«
»Habt Ihr auch seine persönlichen Sachen durchsucht?«
»Bedauere, Lektor, aber unsere Brüder kamen zu spät. Seine Diener sind wohl ausgerückt.«
»Hat man sie denn nicht verfolgt?«
»Bedauere, nein. Der Deutsche Orden hielt das nicht für notwendig. Wer weiß, wie weit sie nun schon sind.« Scharf unterbrach ihn der Lektor genannte Dominikaner mit erhobener Hand und trat dem Pater grimmig sehr nahe.
»Muss ich Euch erst daran erinnern, Pater Eberhard, dass unsere Bruderschaft kein Versagen duldet?! Mir scheint, Ihr seid Euch Eures Auftrags nicht ganz im Gewiss. Hier geht es nicht um irgendeine esoterisch anmutende kryptische Schrift. Es geht um den Fortbestand der gesamten Christenheit. Entsendet eigene Leute! Lasst die beiden suchen! Anderenfalls werde ich dafür sorgen, dass Ihr den Rest Eurer Tage auf einer Missionsstation jenseits des Meeres fristen werdet!«
»Ich werde sie sofort suchen lassen! Sofort, Lektor, sofort!«, katzbuckelte der Pater beflissen und zog sich sogleich zurück.
Matthias lag nackt und erschöpft auf einer harten Pritsche, kehrte allmählich in sein Bewusstsein zurück, doch wagte er nicht, die Augen zu öffnen. Zu groß die Angst, dass die schreckliche Tortur von neuem beginnen könnte. Je länger er so still dalag, desto mehr spürte er, wie sich sein Bewusstsein langsam zu verändern begann. Das Herz schlug ihm bis zum Hals, fast schon schmerzhaft fühlte er seinen ansteigenden Puls hämmern. Nach einer langen Zeit – so schien es ihm – fühlte er sich seltsam leicht und diese Leichtigkeit erfasste nun auch seinen geschundenen Körper. Langsam sog er Luft ein, um zu riechen, spannte die Muskeln an, um zu sehen, ob sie ihm gehorchten. Eine Schweißperle lief über sein Gesicht und benetzte seine Lippen. Er schmeckte die salzige Flüssigkeit. Jetzt versuchte er, sich zu erinnern. Doch es
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