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Das Geheimnis der Salzschwestern

Das Geheimnis der Salzschwestern

Titel: Das Geheimnis der Salzschwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tiffany Baker
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Blickfeld, und zwang sie so, direkt auf ihre Narben zu blicken. Dee versuchte, den Kopf wegzudrehen, aber damit brauchte sie Jo gar nicht erst zu kommen.
    »Das hilft dir jetzt auch nicht weiter«, erklärte sie.
    Dee knabberte an ihrem Fingernagel und beäugte Jo mit bösem Blick. »Was denn?«
    »Einfach wegzugucken. So zu tun, als würde dich das anöden, und nicht auf meine Fragen einzugehen. Ich weiß, dass irgendwas dein Interesse geweckt hat. Ich hab doch gesehen, wie du dir die Lippen geleckt hast.« Dee schielte wieder zu der Kristallschale mitten auf dem Tisch hinüber. Das radierte Glas sah aus wie Eis und das Salz darin wie der letzte Schnee des Winters – aber ein Schnee wie aus dem Bilderbuch. Flocken, die niemals den Boden berührten, einfach nur in der Luft hingen und der Schwerkraft eine lange Nase drehten. Das war nicht wie das Salz, das Jo an den Leuchtturm lieferte. Das war Salz für Reiche, dachte Dee. Das Salz, für das Claire sich entscheiden würde, wenn sie denn welches nehmen würde.
    »Das da.« Dee drehte sich um und zeigte auf die billige Plastikschüssel mit dem normalen Salz. So ein Allwettersalz kannte jeder, das konnte man überall bekommen, und es war spottbillig.
    Jo zog die Augenbrauen hoch. »Wirklich? Das da?«
    Dee zuckte nur mit den Achseln. Inzwischen stand sie wirklich kurz vorm Verhungern. So wie die Kinder in Afrika. Was sollte denn dieses Fragespiel? Sie stemmte die Arme in die Hüften. Jo konnte vielleicht gut austeilen, aber Dee konnte dem Ganzen noch eins aufsetzen. »Was soll das ganze Theater überhaupt?«, wollte sie wissen. »Ich verstehe das nicht. Was macht Ihr Salz denn so besonders?«
    Einen Moment lang wirkte Jo ob ihrer Reaktion verblüfft, dann nahm ihr Auge einen listigen Ausdruck an. »Das weiß ich selbst nicht so genau«, erklärte sie. »Aber es war schon lange vor uns hier, und es wird immer noch da sein, wenn wir mal nicht mehr sind. Es kann das Wetter vorhersagen und kennt Stadt wie Land, und das ist für mich Grund genug.«
    »Und die Zukunft«, warf Dee ein. Die Vergangenheit vielleicht auch , überlegte sie, als ihr Claires ungeborene Kinder in den Sinn kamen. Nach denen hätte sie Jo so gerne gefragt, sie traute sich aber nicht.
    Jo schüttelte den Kopf. »Nein, mein Kind. Das glauben die Leute nur.« Sie beugte sich ganz nah zu Dee herunter. »Jetzt hör mir mal zu, das ist wichtig. So wie beim Essen verstärkt das Salz auch im Leben nur, was schon vorher da war. Es bringt Bitteres und Süßes zum Vorschein, und wenn die Menschen es ignorieren, wenn sie die Wahrheit ihrer eigenen Essenz verleugnen, dann geht der ganze Ärger los.« Jo richtete sich wieder auf und knallte die Schranktür zu, dann lehnte sie sich gegen die Arbeitsplatte. »Wenn du das Salz wirklich kennenlernen willst, musst du bis zum Sommer warten.«
    Der Sommer , dachte Dee. Wo ich dann wohl stecken werde? Also, sie und das Baby. Sie schaute wieder das Salz auf dem Tisch an. Jo folgte ihrem Blick.
    »Das hier.« In der Luft zeichnete Jo einen engen Kreis um die weißen Flocken. »Das hier ist wahre Magie, meinst du nicht auch?«
    Dee lief wieder das Wasser im Mund zusammen, und sie sehnte sich nach nur einem einzigen Stückchen davon auf ihrer Zunge. Das ist es, dachte sie. Das ist es, was ich will. Sie machte den Mund auf, um zu fragen, ob sie mal probieren durfte, es war jedoch nicht so einfach, alte Gewohnheiten abzulegen, deshalb spuckte sie stattdessen eine Beleidigung aus: »Magie ist was für kleine Kinder und alte Frauen. Kann ich jetzt bitte etwas Richtiges zu essen bekommen?«
    Jo sah sie einen Moment lang an, dann schob sie einen verbeulten Löffel in die Plastikschale mit dem billigen Salz und reichte sie ihr. »Du hast dir das hier ausgesucht. Davon kannst du so viel haben, wie du willst. Wenn ich etwas Netteres aus deinem Mund zu hören bekommen, dann gibt’s auch was Leckeres zu beißen. In der Zwischenzeit viel Spaß damit.« Sie machte auf dem Absatz kehrt und ließ eine verwirrte Dee mit der Schüssel in der Hand zurück. Ihre eigenen dummen Worte hatten sie zum Hungern verdammt, wieder einmal hatte sie eine Prüfung nicht bestanden. Das würde ein langer Morgen werden.
    Falls Dee sich fragte, ob und wann Whit sie aufsuchen würde, musste sie nicht lange warten. Sie hatte gerade einen Teller Rührei verputzt, als er seinen Wagen mit quietschenden Reifen vor dem Haus zum Stehen brachte und in seiner Wut unterwegs so viel Schaden wie möglich anrichtete. Claire

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