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Das Geheimnis der Salzschwestern

Das Geheimnis der Salzschwestern

Titel: Das Geheimnis der Salzschwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tiffany Baker
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Wehre Zähne hatten und die Erinnerung der Gräber weit zurückreichte.
    Und dennoch. Was nur, wenn das Unglück der Gillys Claire auch hier oben auf Plover Hill heimsuchte? Vorsicht ist besser als Nachsicht, dachte sie und beschloss, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen. Die Vergangenheit durfte sie auf keinen Fall einholen, um auf dem Grab ihres zukünftigen Sohnes zu tanzen. Was, wenn die Gerüchte, die sie über das Salz in die Welt gesetzt hatte, wirklich stimmten? Vielleicht war dieses Zeug tatsächlich Gift. Womöglich mussten deshalb alle Knaben auf dem Gut sterben.
    Sie verstärkte ihre Anstrengungen in der Stadt, erinnerte Mr Upton daran, dass das Salz keinerlei Regulierungen unterliege, und deutete Mr Hopper gegenüber an, wie furchtbar eine Reihe von Lebensmittelvergiftungen für sein Geschäft wäre. Bei ihren Freundinnen reichte schon der Hinweis, dass zu viel Natrium auf die Hüften ginge. Nur bei den Fischern unten am Hafen erreichte sie nichts, und das lag vor allem daran, dass Claire die Vorstellung nicht ertrug, mit Ethans Onkel Chet zu sprechen, der dieselben Augen und dieselbe Stimme wie Ethan hatte und mit seiner wenig schmeichelhaften Meinung über ihre Ehe nicht hinter dem Berg hielt.
    Eine Zeit lang dachte sie, dass ihr Plan funktionierte. Sie wiegte sich in Sicherheit und glaubte, dem Schicksal ein Schnippchen geschlagen zu haben, aber so sollte es nicht sein. Im vierten Monat ihrer Schwangerschaft verlor sie Blut, zuerst nur ganz wenig, aber dann war mit einem einzigen heftigen Blutsturz auf einmal alles vorbei. Claire war wieder sie selbst, nur leerer. Als Entschädigung dafür, dass sie das Salz aus Prospect verbannt hatte, brachte sie der Muttergottes ein Töpfchen Honig als Gabe. So etwas taten normalerweise nur junge Mütter, aber sie wollte die Jungfrau milde stimmen, damit sie ihr noch eine Chance auf ein Kind gab. Sie dachte an die alten und neuen windschiefen Grabsteine in der Marsch. Wenn sie je einen Sohn bekäme, würde der niemals an der Seite seiner gottlosen Verwandtschaft ruhen. Sie tauchte den Finger in den Honig und schmierte etwas davon auf das fleckige Gewand der Jungfrau, dann fasste sie sich damit an die Stirn.
    »Wenn du mir einen Sohn schenkst«, flüsterte sie dem Bildnis zu, »dann gebe ich dir dein Gesicht zurück.« Sie wartete, bekam aber keine Antwort, kein Zeichen. Claire stand einfach nur allein da und sprach mit einer Wand.
    Einen Monat nach der Fehlgeburt verkündete Whit, dass er ein Geschenk für Claire habe, und verband ihr die Augen mit einem sündhaft teuren Seidenschal. Zunächst dachte sie, dieses Tuch sei das Geschenk, über diesen Einfall lachte Whit aber nur und führte sie durch die riesige Turner-Küche hinaus auf die hintere Veranda und dann auf die kleine Wiese davor.
    »Streck die Hand aus«, sagte er und schlang ihre Finger um die splittrigen Bretter des Zauns. »Aber nicht gucken!« Claire leckte sich über die Lippen und sog die frische Luft ein. Sie hatte viel Zeit drinnen verbracht, und es war schön, mal wieder im Freien zu sein. Sie roch das Gras und noch ein anderes dumpfes Aroma, das sie aber nicht einordnen konnte. Man hörte ein Rascheln, dann nahm Whit ihr den Schal ab und ließ dabei die Hand auf ihrem Zopf ruhen. Claire machte die Augen auf. Vor ihr stand ein weißes Pferd.
    »Das ist ein Albino«, erklärte Whit, »nicht perfekt, aber gut genug. Er stammt von einem Araber ab. Mir schuldete noch jemand einen Gefallen, also hab ich mich in Naturalien auszahlen lassen.« Er strich über den Hals des Tieres, beeindruckt von seiner eigenen Befehlsgewalt, mit der er sich mal eben so ein Pferd besorgen konnte. »Ich hab ihn Icicle genannt.«
    Claire betrachtete das Tier, das ihr den Kopf entgegenstreckte und ihre offene Hand mit den Nüstern berührte. Sie schmolz augenblicklich dahin. Ist Liebe wirklich so einfach, dachte sie, wie die Flut, die die Salzrinnen überspült? War es das, was Ethan in Gott gefunden hatte, was sie für ein Kind empfunden hätte? Sie verzog finster die Miene und stieß die Nase des Schimmels weg. »Ich kann doch gar nicht reiten.«
    Whit gluckste. »Keine Sorge, Liebes, darum kümmere ich mich schon.« Jetzt band er ihr das blaue Tuch um den Hals – und zwar ein wenig zu eng. Er trat einen Schritt zurück und betrachtete den Knoten. »Hast du das nicht gewusst? Es gibt nichts, was wir nicht an dir ändern könnten.« Und obwohl sie doch draußen standen, abseits vom feuchten Mörtel und Putz des

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