Das Geheimnis der schönen Catherine
Kloß im Hals. Er brachte keinen Ton heraus. Thomas fügte hinzu: »Wenn irgendjemand mir helfen kann, dann du. Du hast unsere Familie vor dem Bankrott gerettet. Hilf mir doch bitte, dass es nicht wieder so weit kommt.« Hugo streckte ihm die Hand entgegen. »Das werde ich.« Endlich war sein Neffe erwachsen geworden. Und er selbst ein Mitglied der Familie.
Kapitel 7
»Mr. Hugo Devenish.« Die Ankündigung des Butlers löste unter den Frauen in Roses Salon Getuschel aus. »Zwei Besuche an einem Morgen!« zischte eine der Anwesenden. »Ist er nicht sehr reich?« flüsterte eine andere Dame. Mr. Devenish trat in die Tür und versteifte sich, als er die vielen Damen erblickte, die im Salon zusammensaßen und ihn erwartungsvoll beäugten.
Er kam sich vor wie ein großes Getreidekorn, umringt von einer Schar hungriger Hühner.
Korrekt, wenn schon nicht gewandt begrüßte er die Damen. Catherine lächelte, während er gequält Konversation machte. Seine kühle, brüske Art hätte die Damen eigentlich verärgern müssen, aber sie waren Mr. Devenish keineswegs böse. Er galt als guter Fang, und je knapper und eisiger seine Antworten ausfielen, desto mehr Mühe gaben sie sich, ihn aus der Reserve zu locken. Catherine sah, wie sehr ihn die Begeisterung der Damen in Verlegenheit brachte; anscheinend war er sich seiner Attraktivität überhaupt nicht bewusst. Sie fand seinen gehetzten Gesichtsausdruck ziemlich liebenswert. Hier in diesem überheizten Raum voll überschäumender Damen erlebte sie zum ersten Mal, wie ihn seine kühle Selbstsicherheit im Stich ließ. Schließlich wandte Mr. Devenish sich an Catherine. »Eigentlich bin ich gekommen – verzeihen Sie, meine Damen –, um Miss Singleton zu bitten, mir die Ehre zu erweisen, mich auf einer Ausfahrt in den Park zu begleiten«, sagte er. »Heute ist ein so schöner Tag, und das Wetter ist wirklich wunderbar, finden Sie nicht, Miss Singleton?« Catherine errötete. Noch während sie überlegte, wie sie ihn höflich, aber bestimmt abweisen konnte, erwiderte Rose:
»Catherine ist entzückt, Sie begleiten zu dürfen, Mr. Devenish. Sie haben völlig Recht – es ist ein herrlicher Tag! Und da ich keinen Wagen halte, hat sie leider viel zu selten Gelegenheit zum Ausfahren.«
»Aber Tante Rose, ich bin gar nicht für eine Ausfahrt angezogen«, protestierte Catherine mit schwacher Stimme. Um keinen Preis wollte sie wieder mit dem impertinenten Mr. Devenish allein sein. Rose lachte. »Dann lauf nach oben, mein Kind, und zieh dich um. Mr. Devenish macht es bestimmt nichts aus, auf dich zu warten, oder, Sir?«
»Überhaupt nichts«, pflichtete Hugo ihr bei. Nur das ironische Funkeln in seinem Blick verriet, dass er Catherines Widerwillen sehr wohl bemerkt hatte. »Aber – ist es denn schicklich?« fragte Catherine verzweifelt. Die anderen Damen kicherten. »Ich denke, Mr. Devenish wird einen Bediensteten dabeihaben, und außerdem ist es in keiner Weise unschicklich, in einem offenen Wagen spazieren zu fahren. Aber natürlich gehe ich davon aus, dass du deine Kammerzofe mitnimmst«, erklärte Rose gutmütig. »Und jetzt beeile dich, mein Kind. Man soll Gentlemen nicht unnötig warten lassen.« Catherine rang sich ein Lächeln ab und eilte in ihr Zimmer. Sie läutete nach Maggie und begann schon einmal, ihr Musselinkleid mit dem runden Saum abzustreifen. Nachdem von Maggie immer noch nichts zu sehen war, klingelte sie noch einmal und begann ein blaues Promenadenkleid mit rotem, schwarzem und weißem Bänderputz an Saum, Manschetten und Schultern anzulegen. Das Kleid ohne Hilfe zuzuknöpfen war ziemlich schwierig, und an die letzten drei Knöpfe kam sie überhaupt nicht heran. Wo blieb Maggie nur? Sie hatte erst in ein paar Tagen Ausgang. In letzter Zeit war sie ziemlich unzuverlässig, was so gar nicht zu ihr passen wollte. »Oh, Miss Catherine. Entschuldigen Sie, dass ich so spät komme!« rief Maggie, als sie ins Zimmer stürzte. Sie sah erhitzt aus. »Was hat dich denn so lange aufgehalten?« Angelegentlich befasste Maggie sich mit den Knöpfen und antwortete nicht auf die Frage. »So, fertig. Sie gehen aus, Miss Catherine?« fragte sie und unterzog das Aussehen ihres Schützlings einer hastigen Inspektion. Catherine erklärte, dass sie und Maggie sich auf eine Ausfahrt mit Mr. Devenish begeben würden. Maggie verzog das Gesicht. »Ich auch?« Catherine runzelte die Stirn. »Ja. Willst du nicht mitkommen? Es tut mir Leid, aber ich brauche dich als Anstandsdame.« Die
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