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Das Geheimnis der schönen Catherine

Das Geheimnis der schönen Catherine

Titel: Das Geheimnis der schönen Catherine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Gracie
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Roses Hand. Am Ringfinger glitzerte ein Ring mit einem riesigen Diamanten. Cranmore schien im Dienst des Schahs tatsächlich sein Glück gemacht zu haben. Alle gratulierten und ließen das Paar hochleben.
    Catherine freute sich für ihre Tante und schämte sich der Gedanken, die sie gehegt hatte: Sie hatte von Mr. Cranmore Rachegefühle erwartet, doch er war nur mit Liebe im Herzen nach England zurückgekehrt. Catherine war diejenige, die Rache nehmen wollte. Catherine war diejenige, die ihre Freunde betrog. Ihre ganze Welt stand auf einmal Kopf. So und nicht anders hatte es kommen müssen. Wenn sie Gelliford House nicht besucht hätten, wäre die Geschichte eben mit Mr. Cranmores Ankunft herausgekommen. Er hatte Kandahar etwa zur selben Zeit verlassen, als Maggie und sie aus Batavia abgereist waren. Es war Schicksal. Und alles würde kommen, wie es kommen musste.
    Catherine konnte nicht einschlafen. Die Stunden krochen vorüber. So lang waren sie ihr noch nie geworden. Jede Einzelne zählte sie an den Schlägen der Standuhr in der Eingangshalle ab. Zwei Uhr … Drei Uhr … Vier Uhr … Es war Zeit. Schweren Herzens erhob Catherine sich aus dem Bett. Sie ging zu der Kampferholztruhe und öffnete sie. Dann nahm sie das Päckchen aus gewachster Seide heraus, in dem sie die Verkleidung des Chinesen aufbewahrte, und wog es unentschlossen in den Händen.
    Nein, dies war keine Nacht für den Chinesen. Andererseits sollte er vielleicht zu Ende bringen, was er begonnen hatte. Nach kurzem Zögern schlüpfte Catherine in ihre Verkleidung. Sie würde alle Dinge zurückbringen, die sie gestohlen hatte, und das Chinesenkostüm dann dem Feuer überantworten. Sie holte die schwere Schachtel mit Sir Williams kostbarem Schachspiel aus dem Geheimfach und tappte die Treppe zum grünen Zimmer hinunter. Das Haus lag im Dunkeln, aber Catherines Sinne waren geschärft. Als sie daran dachte, wie sie den Leuten all ihre Freundlichkeit vergolten hatte, stiegen ihr die Tränen in die Augen. Leise öffnete sie die Tür zum grünen Zimmer. Beim ersten Mal hatte sie gequietscht, aber sie hatte sie seitdem geölt. Lautlos schwang die Tür auf. Sie schlich durch den Raum und nahm das Gemälde von der Wand, hinter dem sich der Safe ihres Gastgebers verbarg, und machte sich daran, das Schloss mit einem speziell geformten Drahtstück zu knacken. Dann bückte sie sich, um die Schachtel mit dem Schachspiel aufzuheben. »Hab ich dich!« schrie jemand, und gleichzeitig packten sie von hinten grobe Hände. Catherine ließ das Schachspiel fallen und sank in sich zusammen, als ob sie ohnmächtig wäre. »Hoppla! Der Kerl ist ohnmächtig geworden!« Der Griff lockerte sich ein wenig. Das war ihre einzige Chance. Catherine drehte sich zur Seite, rollte sich von ihrem Häscher weg und wandte sich zur Flucht, doch dann wurde sie von hinten niedergeschlagen. Sie sind zu zweit, dachte sie, als sie zusammenbrach. Es war vorbei. Alles war aus. Der Chinese war gefasst worden.
    Langsam kam sie wieder zu sich. Sir William und einige der Dienstboten beugten sich über sie. Catherine bäumte sich auf, aber es hatte keinen Sinn, denn sie war mittlerweile an Händen und Füßen gebunden. »Zünden Sie ein paar Kerzen an, Dawkins, damit wir uns diesen Schurken bei Licht ansehen können«, grollte der Hausherr. »Ganz London ist hinter ihm her – was hat er nur hier bei uns zu suchen?«
    »Ihr Schachspiel, Sir.« Catherine erkannte die Stimme. Es war der Butler. »Zum Teufel, Sie haben Recht! Mein Schachspiel wolltest du also, du elender Haderlump. In flagranti erwischt. Dafür wirst du hängen, Bürschchen. Wenn du es kaputt gemacht hast – nein. Gott sei Dank. Alles noch ganz.« Wieder sah er Catherine an. »Nun, dann wollen wir mal sehen, wen wir da haben. Dawkins, nehmen Sie ihm die Maske ab.« Jemand zerrte an ihrer schwarzen Kappe. Dieselben Hände rissen auch das schwarze Tuch zur Seite, das sie sich ums Gesicht gewickelt hatte. Es waren dieselben Hände, die ihr Tee und Muffins serviert hatten, erst am vergangenen Nachmittag. Nur waren sie da nicht so grob gewesen. Catherine widersetzte sich der Enttarnung nicht. Es war sinnlos. Als die schwarze Vermummung fiel, schrien die Männer überrascht auf. Irgendjemand fluchte. Dann herrschte plötzlich Stille im grünen Zimmer. In der Eingangshalle schlug die Uhr halb fünf. Es war eine Stunde vor Sonnenaufgang. Am liebsten hätte Catherine sich dem anbrechenden Tag gar nicht erst gestellt.
    »Miss … Miss Catherine?«

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