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Das Geheimnis der Schwestern

Das Geheimnis der Schwestern

Titel: Das Geheimnis der Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
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fand sie sich häufig vor dem Zeitschriftenständer im King’s Market mit der neuesten Ausgabe der Brides wieder.
    Das Einzige, was jetzt noch an ihr nagte, war die Sache mit Dallas.
    Ihr ging es gegen den Strich, dass er sie nicht sehen, ihr nicht mal zuhören wollte. Vivi Ann und Noah hatten die ganze Sache fallen lassen, als Winona ihnen von Dallas’ Reaktion erzählt hatte. Vivi Ann hatte geseufzt und traurig gesagt: »Das war’s dann also.« Selbst Noah hatte es akzeptiert. Er hatte leise »Danke« gemurmelt und war gegangen.
    Aber Winona konnte nicht einfach so aufgeben. Einmal die Woche fuhr sie zum Gefängnis – jeden Samstag. Stundenlang saß sie auf ihrem Plastikstuhl vor dem schmutzigen Plexiglasfenster. Woche für Woche glänzte Dallas durch Abwesenheit.
    Jedes Mal wenn Winona das Gefängnis verließ, schalt sie sich wegen ihrer Unvernunft und schwor sich, nie wieder zu kommen. Und jede Woche brach sie diesen Schwur.
    Sie konnte nicht genau sagen, warum sie so besessen davon war. Vielleicht lag es an dem ominösen Tattoo (gewiss irrte Vivi Ann sich und es war auf seinem rechten Oberarm; etwas anderes schien undenkbar) oder an Noahs Lächeln, als sie den absurden Fall übernommen hatte, oder an Dallas’ Frage nach Vivi Ann und seinem Sohn. Vielleicht lag es aber auch an dem, was Vivi Ann nicht gesagt hatte, obwohl sie alles Recht dazu hatte: Ich hab dich vor zwölf Jahren gebeten, ihm zu helfen.
    Was auch immer es sein mochte: Sie wusste jedenfalls, dass sie erst aufgeben würde, wenn sie eine Antwort von ihm bekommen hatte. Mehr wollte sie nicht, nur ein einfaches Kommt nicht infrage, Win. Ein DNA -Test ist überflüssig, und du weißt, warum.
    Sie hatte sich genau diese Antwort von ihm schon so oft vorgestellt, dass sie manchmal, wenn sie unruhig aus dem Schlaf aufwachte, meinte, er hätte sie wirklich schon gesagt.
    »Okay«, sagte sie laut. »Dann versuchen wir doch mal was anderes.« Sie warf einen Blick auf die Uhr. Es war Donnerstagnachmittag, zwanzig nach vier. In anderthalb Stunden wollte sie mit Mark essen gehen und dann ins Kino. Sie holte ein Blatt ihres Briefpapiers für besondere Gelegenheiten heraus. Unter ihren gedruckten Namen –  Winona Elizabeth Grey, Esquire  – schrieb sie:
    Lieber Dallas,
    Du hast gewonnen. Ich bin sicher, Du könntest unser kleines Spielchen bis in alle Ewigkeit fortsetzen. Allerdings wirst Du gewiss nicht glauben, dass ich Dich nach all diesen Jahren ohne triftigen Grund besuche. Ich habe offensichtlich wichtige, geschäftliche Angelegenheiten mit Dir zu besprechen. Vor diesem Hintergrund will ich es noch einmal auf diesem Wege versuchen. Du lässt mich wie eine Idiotin dastehen – was Du zweifellos beabsichtigst. Aber es liegt in unser beider Interesse – und mit Sicherheit auch in dem Deines Sohnes –, dass Du Dich bereit erklärst, mit mir zu reden. Ich werde am Mittwoch in der Besuchszeit zwischen
16 und 18 Uhr in Deinem Zellenblock sein. Dies ist mein letzter Versuch, mit Dir zu sprechen.
    Herzliche Grüße
    Winona Grey
    Sie faltete den Brief, steckte ihn in einen Umschlag, klebte eine Marke darauf und brachte ihn schnurstracks zum Briefkasten an der Ecke.
    Jetzt hatte sie alles versucht. Nun lag es bei Dallas.
    Am Mittwoch räumte Winona sorgfältig ihren Schreibtisch auf und ging dann hinaus zu Lisa, um ihr mitzuteilen, dass sie den Rest des Tages außer Haus sei. »Wenn jemand anruft, sagen Sie ihm, ich hätte einen Termin. Notieren Sie, worum es geht, dann rufe ich direkt morgen früh zurück. Und könnten Sie bitte heute Abend, bevor Sie gehen, die Pflanzen im Wintergarten gießen? Sie sehen ein bisschen schlapp aus.«
    »Natürlich.«
    Daraufhin ging Winona zum Wagen und fuhr aus der Stadt.
    Bei der Vorstellung, dass es heute endlich vorbei wäre, wurde ihr leichter ums Herz. Ihr war erst vor kurzem klargeworden, wie sehr Noahs Anliegen sie belastet hatte. Aber jetzt würde sie diese Last loswerden. Welche Unterlassungssünde sie auch immer beim ersten Prozess begangen hatte: In den letzten sechs Wochen hatte sie dafür gebüßt. Sechs-, siebenmal, wenn sie heute mitrechnete, war sie zum Gefängnis gefahren, hatte auf einen Mann gewartet, der sich nicht blicken ließ, und war dann wieder heimgefahren. Jeder dieser Ausflüge hatte mindestens sechs Stunden ihrer Zeit in Anspruch genommen.
    Mittlerweile waren ihr viele Gesichter bei der Zugangsprozedur vertraut, so dass sie, während sie sich eintrug, ihre Sachen einschloss, durch den

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