Das Geheimnis der Schwestern
Cat verbracht hatte, und wiederholten auch die Mutmaßung, die beiden seien ein Liebespaar gewesen. Fotos vom Schlafzimmer zeigten Spuren eines Kampfes: Eine Lampe war umgekippt und zerbrochen, ein Bild war von der Wand gefallen. Wunden an Cats Handflächen legten den Schluss nahe, dass sie sich gegen ihren Angreifer gewehrt hatte, und ihre Fingerabdrücke an der Waffe ließen darauf schließen, dass sie tatsächlich versucht hatte, diese an sich zu bringen.
Stunde um Stunde saß Winona im Zuschauerraum und ließ sich von der langsamen Darlegung von Fakten und Umständen fesseln. Sie lernte mehr, als sie je gewollt hatte, über Fingerabdrücke, DNA -Analysen und Blutgruppen. Die Staatsanwaltschaft rief eine Reihe Sachverständiger auf, die nacheinander bezeugten, dass Dallas’ Fingerabdrücke an der Waffe gefunden worden waren (die einst seinem Vater, einem verurteilten Mörder, gehört hatte) und dass seine Blutgruppe der der DNA -Spur vom Tatort entsprach. Die Verteidigung hielt dagegen, dass die Spur zu klein gewesen sei, um eine aussagekräftige DNA -Analyse zu ergeben, und dass die Frage der Blutgruppe zu vernachlässigen war. Vor allem aber, und das war wahrscheinlich das Wichtigste, waren an der Waffe auch zwei nicht identifizierte Fingerabdrücke gefunden worden. Aber da war das Kind bereits in den Brunnen gefallen.
Am Morgen des vierten Prozesstages rief die Staatsanwältin Dr. Barney Olliver, einen forensischen Sachverständigen, auf. Nachdem über eine Stunde nur von seinen Referenzen und seinen Testmethoden die Rede gewesen war, kam Sara endlich zum Wesentlichen. »Dr. Olliver, wie wir gezeigt haben, sind Sie ein Experte für Haaranalysen. Gab es am Tatort Haarspuren?«
»In der Tat.«
Miss Hamm ließ eine Reihe von Haarspuren zu und sagte dann: »Ich weiß, es geht hier um komplizierte wissenschaftliche Sachverhalte, Dr. Olliver, aber könnten Sie dem Gericht erklären, was Sie am Tatort gefunden haben?«
»Gewiss. Darf ich zu den Schautafeln gehen?«, bat er und zeigte auf vier große Tafeln.
Die Richterin nickte.
In der nächsten Stunde erklärte Mr Olliver alles, was es über Haarspuranalyse zu wissen gab, inklusive Spezifizierung der am Tatort gefundenen Haare auf Struktur, Dichte, Kopfhautspuren und dergleichen mehr.
Winona sah, dass die Geschworenen das Interesse verloren und anfingen, auf ihren Notizblöcken zu kritzeln, bis die Staatsanwältin sagte: »Von den neun Schamhaaren, die am Tatort gefunden wurden und die Sie nach Ihren streng wissenschaftlichen Testmethoden geprüft haben: Passten welche davon zu denen des Angeklagten?«
»Einspruch«, rief Roy und erhob sich. »Der Begriff passten ist irreführend.«
»Stattgegeben«, bestätigte die Richterin.
Dr. Olliver zögerte kaum merklich. »Von den neun Schamhaaren, die am Tatort gefunden wurden, waren unter dem Mikroskop sechs übereinstimmend mit denen des Angeklagten.«
»Heißt das, wenn ein erfahrener Sachverständiger wie Sie die Schamhaare des Angeklagten mit denen des Täters vergliche, dann könnte man sie als identisch bezeichnen?«
»Einspruch. Dürften wir kurz vortreten?«, rief Roy und schoss von seinem Stuhl hoch.
Winona beobachtete, wie die beiden Anwälte vor die Richterbank traten, lebhaft diskutierten und sich wieder auf ihre Plätze begaben.
»Dr. Olliver, könnte man laut Ihrem Sachverständigenurteil behaupten, dass unter dem Mikroskop die Schamhaare von Dallas Raintree mit denen am Tatort übereinstimmen?«, sagte Miss Hamm.
»Ja, so ist es.«
Roy stand auf, als die Staatsanwältin Platz nahm. »Aber beweisen können Sie nicht, dass die Schamhaare vom Tatort von Dallas Raintree stammen, oder?«
»Ich kann bezeugen, dass die Haarproben unter dem Mikroskop bei stärkster Vergrößerung vollkommen mit denen von Mr Raintree übereinstimmten.«
»Aber nicht, dass sie tatsächlich von ihm stammten.«
»Nein, nicht zweifelsfrei, aber nach meiner maßgeblichen Meinung –«
»Danke«, sagte Roy. »Sie haben die Frage beantwortet.«
Miss Hamm stand noch einmal auf. »Dr. Olliver, könnten die Haarproben vom Tatort nach Ihrer maßgeblichen Meinung von Mr Raintree stammen?«
»Ja.«
»Danke.«
Am fünften Prozesstag ging das Gerücht, dass die Aussage eines Kronzeugen anstand, was die Zuschauer zu wilden Spekulationen veranlasste. Als die Besucher in den Gerichtssaal strömten und auf der Galerie Platz nahmen, war die Aufregung geradezu greifbar.
Winona setzte sich auf ihren üblichen Platz und
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