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Das Geheimnis der Schwestern

Das Geheimnis der Schwestern

Titel: Das Geheimnis der Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
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da. Soll ich Montag nach der Schule kommen?«
    »Aber bitte doch.« Vivi Ann sah zu, wie sie ging, und starrte dann hinunter auf ihren Sohn. Er war fast dreieinhalb und ähnelte seinem Vater buchstäblich bis aufs Haar, da er es ebenso lang trug. Vivi Ann hatte es nicht über sich gebracht, es abzuschneiden. »Hey, kleiner Mann«, sagte sie.
    Er stand auf und kam wacklig auf sie zu. Dabei plapperte er ununterbrochen. Sie hob ihn hoch und trug ihn ins Bad, wo sie das Arzneischränkchen öffnete. Nachdem sie eine Beruhi gungstablette genommen hatte, wartete sie, dass es ihr besser ging. Der scharfe Schmerz in ihrem Innern würde bald gedämpft werden.
    Sie plauderte mit Noah, brachte ihn in die Küche und bereitete das Abendessen zu. Als sie fertig waren, badete sie ihn und las ihm dann vor, bis er in ihren Armen einschlief.
    Nachdem sie ihn ins Bett gebracht hatte, kehrte sie in ihr leeres, stilles Wohnzimmer zurück. Dort saß sie, allein, und blickte auf den Diamantring an ihrem Finger.
    »Morgen wird es besser«, sagte sie laut und versuchte, Trost daraus zu gewinnen. »Wahrscheinlich kommt morgen der Bescheid vom Gericht. Vielleicht ist er schon jetzt in der Post.«
    Als es klopfte, schrak sie auf. Sie war so tief in Gedanken – oder in ihren Träumereien – versunken gewesen, dass sie gar nicht gehört hatte, wie ein Wagen vorgefahren war. Noch bevor sie aufstehen konnte, ging die Tür auf, und Aurora stand dort im langsam schwindenden Licht der Scheinwerfer.
    »Das reicht«, sagte sie und schloss die Tür hinter sich.
    »Was reicht?«
    »Zieh dich an. Wir bringen Noah zu Richard und gehen dann ins Outlaw.«
    Aurora durchquerte das Zimmer und setzte sich neben Vivi Ann. Sie trug jetzt nicht mehr den Glitzerlook der frühen Neunziger mit Schulterpolstern und hochgetürmten Haaren, sondern war zum Lässiglook à la Meg Ryan mit T-Shirts und ausgebeulten Hosen übergegangen. Mit ihren kurzen rotbraun gefärbten Haaren, die ihr schmales Gesicht umschmeichelten, sah sie aus wie ein Kobold. »Du kannst nicht mehr so weitermachen. Es macht dich fertig, Vivi Ann. Du stehst deine Tage doch nur noch mit Beruhigungsmitteln durch.«
    »Was willst du damit sagen?«
    »Ich will damit sagen, dass du wieder aufs Pferd steigen musst. Oder zumindest auf einen Barhocker. Und keine Widerrede, du weißt, wie unangenehm ich werden kann.«
    Vivi Ann wollte nicht ins Outlaw, wo ihre alten Freunde sie mitleidig ansehen und viel zu freundlich zu ihr sein würden. Sie alle dachten, sie hätte Dallas längst »loslassen« und »weitermachen« sollen, und ihre Weigerung irritierte sie. Mode, Musik und Fernsehshows hatten sich verändert, nicht aber Vivi Ann. Ihr Leben stand still. Allerdings war die Aussicht auf einen weiteren einsamen Abend, an dem sie ins Leere starrte und von ihren Erinnerungen heimgesucht wurde, auch nicht gerade verlockend.
    »Wenn du’s schon nicht für dich tust, dann tu es für mich«, sagte Aurora mit zittrigem Lächeln. »Richard spricht in letzter Zeit kaum noch mit mir. Ich fühl mich … ich weiß nicht … als würde ich langsam verrückt. Ich muss mal wieder lachen. Und du auch, das weiß ich.«
    Da erkannte Vivi Ann, was Aurora verbergen oder leugnen wollte. Ihre braunen Augen verrieten den Kummer über eine zerbrechende Ehe.
    Offenbar gab es in letzter Zeit viel Kummer.
    »Wir könnten bei Winona vorbeifahren und sehen, ob –«
    »Nein«, sagte Vivi Ann. Ihr ganzes Leben lang war sie ein versöhnlicher Mensch gewesen, aber nicht in diesem Fall. Sie konnte sich nicht vorstellen, Winona jemals zu verzeihen, dass sie sie im Stich gelassen hatte, als sie sie am meisten brauchte. »Aber ich komme mit.«
    Sie stand auf, ging in ihr (und Dallas’) Schlafzimmer und zog ein altmodisches Laura-Ashley-Kleid mit Rüschenkragen und Volantrock an. Sie schminkte sich nicht und hielt ihr Haar nur mit einem Haarband zurück. Sie schlüpfte in ihre karamellfarbenen Cowboystiefel – und steckte im letzten Moment eine Beruhigungstablette ein. Nur für alle Fälle.
    Dann holte sie Noah aus dem Bett und kehrte ins Wohnzimmer zurück. »Ich fahre dir nach«, sagte sie zu Aurora. »Der Kindersitz ist im Truck.«
    Noah wehrte sich quengelnd, als sie ihn im Kindersitz festschnallte.
    »Ist schon gut, kleiner Mann. Du besuchst nur deinen langweiligen Onkel Richard. Keine Sorge, du wirst dort direkt wieder einschlafen.«
    Sie folgte Aurora nach Hause, gab Noah dort ab und ging zu Fuß mit ihrer Schwester die First Street

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