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Das Geheimnis der Schwestern

Das Geheimnis der Schwestern

Titel: Das Geheimnis der Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
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hinunter.
    Die ganze Zeit redete sie, aber als sie in den Shore Drive einbogen, spürte sie, wie sich ihr Magen zusammenzog. Erinnerungen bestürmten sie.
    »Ich weiß nicht, ob ich das wirklich will«, sagte sie, als sie sich der Bar näherten.
    Willst du tanzen?
    »Aber du tust es«, erwiderte Aurora, nahm ihre Hand und zog sie hinein.
    Es waren die üblichen Wochenendgäste da, die Musik hörten, Billard spielten, tanzten, lachten und redeten. Vivi Ann spürte, wie sie sie ansahen und flüsterten.
    »Sie haben dich fast ein Jahr nicht gesehen. Mehr hat das nicht zu bedeuten«, erklärte Aurora.
    Vivi Ann nickte und versuchte, so natürlich wie möglich zu lächeln. Mit hocherhobenem Kopf ging sie geradewegs zu ihrem alten Stammplatz.
    »Tequila pur«, sagte Bud und schob ihr ein Glas zu. »Aufs Haus.«
    »Danke.« Vivi Ann kippte ihn herunter und bestellte einen zweiten, den sie genauso schnell trank. Sie überflog die Menge, sah in einer Ecke Butchie und Erik mit ihren Frauen und Julie und Kent John am Billardtisch. Winona tanzte mit Ken Otter, dem Zahnarzt, der sich kürzlich hatte scheiden lassen.
    »Ich hab gehört, sie gehen seit kurzem miteinander aus«, sagte Aurora, die Vivi Anns Blick gefolgt war.
    »Schön für ihn«, erwiderte Vivi Ann bitter.
    Die Band beendete einen Song und fing einen neuen an. Vivi Ann erkannte ihn schon nach einem Takt: »Mamas, Don’t Let Your Babies Grow Up to Be Cowboys«.
    Sie bestellte einen dritten Tequila und kippte ihn herun ter, trotzdem spürte sie immer noch überwältigend ihren Ver lust.
    Dann sah sie, dass Winona auf sie zustrebte.
    »Ich muss hier raus«, murmelte sie.
    »Nein«, widersprach Aurora und fasste ihren Arm.
    Vivi Ann riss sich los und stürzte durch die Menge hinaus. Draußen bekam sie zwar wieder Luft, aber es reichte noch nicht. Sie musste weg, weit weg von diesem Ort, wo alles an ihn erinnerte.
    Sie rannte zu Auroras Haus, stieg in ihren Wagen und ließ Noah schlafen, dort, wo es sicher war, wo keine Erinnerungen lauerten. In Water’s Edge trat sie so heftig auf die Bremse, dass sie nach vorn schnellte und mit der Brust gegen das Lenkrad stieß. Sie stellte den Motor ab.
    Links von ihr waren ihr Cottage und das Bett, das sie mit Dallas geteilt hatte.
    Rechts von ihr stand das Haus, in dem sie aufgewachsen war, und darin war ihr Vater, ihr einstiges Idol, ihr Fels in der Brandung, der ihr jetzt nichts mehr bedeutete. Ohne ihn, ohne ihre vollständige Familie kam sie sich verloren vor, aber daran war nichts zu ändern. Ihr Vater und Winona hatten ein Jahr zuvor ihre Wahl getroffen, als sie sich gegen Dallas gewandt hatten.
    Dallas.
    Vivi Ann stieß ein leises Wimmern aus. Sie stolperte zum Reitstall, den Gang hinunter bis zu Clems Box. Sie schob den Riegel zurück und stieß die schwere Holztür auf.
    »Hey, Clem«, sagte sie, trat in die dunkle Box und schloss die Tür hinter sich.
    Leise wiehernd humpelte Clem zu ihr und stieß sie mit ihrem samtigen, grau gewordenen Kopf an.
    »Seit Moms Tod hab ich nicht mehr bei dir übernachtet, stimmt’s, mein Mädchen?«
    Clem wieherte noch einmal und rieb die Nüstern an Vivi Anns Bein.
    Bei dieser Berührung brach Vivi Ann zusammen. Alles, was sie hatte unterdrücken wollen, strömte plötzlich aus ihr heraus. Sie ließ sich an der Boxenwand heruntergleiten, sank auf die Sägespäne und senkte den Kopf auf die Knie.
    Winona war gerade an dem ausgestopften Grizzlybär mit der erhobenen Tatze angekommen, als sie sah, dass Vivi Ann zu ihr herüberblickte, bemerkte, dass sie auf sie zuging und aus dem Outlaw stürzte. Sie musste stehen bleiben, weil ihr vor Enttäuschung schwindelig wurde.
    Das alles war so untypisch für Vivi Ann. Sie hatten sich schon immer gestritten, aber sie hatten sich auch wieder vertragen und weitergemacht; das war eben so unter Geschwistern, ihr gemeinsames Leben war wie ein Quilt aus Gutem und Schlechtem zusammengeflickt. Seufzend ging sie zu Aurora, die allein an der Theke stand, auf die offene Tür starrte und an ihrer Erdbeer-Margarita nippte.
    »Ich halte das nicht mehr aus«, sagte Winona. »Was sollen wir nur machen?«
    »Wir?« Auroras Stimme klang immer noch eisig, doch Winona spürte, dass die Tür sich einen Spaltbreit geöffnet hatte.
    »Du leidest doch auch darunter.«
    »Natürlich leide ich darunter.«
    »Was sollen wir also machen?«
    Aurora wandte sich zu ihr. »Übernimm seinen Berufungsprozess. Hilf ihr.«
    Warum wollte das keiner begreifen? »Ich wäre ihm keine

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