Das Geheimnis der Sonnensteine: Roman (Sonnenstein-Trilogie) (German Edition)
seinen Abenteuern unter dem Kommando des großen Marius Askart erzählte, jenes gebürtigen Elloraners, der ihm auch zu den acht Flaschen echten elloranischen Thomisky verholfen hatte, von denen er Miranda die Hälfte zum Geschenk machte.
Miranda lächelt bei der Erinnerung an jenes Erlebnis. Noch immer wandert ihr Blick durch das Cephalon, in der Hoffnung, die beiden Proximer zu finden. Hier und da gönnt sich einer der Männer zwei, drei Sekunden Zeit, um ihr freundlich zuzunicken oder, wenn ihre Blicke sich treffen, mit einem vielsagenden Blinzeln zu antworten. Einer stößt seinem Nachbarn sogar den Ellenbogen in die Rippen und pfeift durch die Zähne. Das alles ist für Miranda nichts Neues. Wie viele Frauen bei der Raumsicherheit beschäftigt sind, weiß sie nicht zu sagen, auf jeden Fall sehr wenige. Die Rückkehr zur individuellen Geburt und Pflege des Nachwuchses – nach einer schnell und gern vergessenen Ära, die tief in biologische, in Jahrmillionen Evolution gewachsene Mechanismen eingriff – hat dazu geführt, daß es wieder echte Männer- und Frauenberufe gibt. Jedoch sind die Stimmen schon leiser geworden, die darin einen Rückfall in die Zeit der Barbarei sehen wollen. Manche nennen es scherzhaft die fünfte gesellschaftliche Arbeitsteilung.
Miranda jedenfalls kann sich nicht vorstellen, daß man noch vor wenigen Jahrzehnten auf die natürliche Zeugung und Geburt verzichtete, um als emanzipiert zu gelten. Begriffen die Frauen jener Zeit denn nicht, daß sie sich ein einmaliges, unantastbares Privileg nehmen ließen? fragte sie sich häufig, und selbst die Tatsache, daß sich die Mitglieder jener merkwürdigen, nur aus Männern bestehenden Welt auf den Planeten Elloras durch industriell gefertigte Ovariomaten, die bequem in jedes Wohnzimmer passen und in allen nur denkbaren, modischen Ausführungen lieferbar sind, fortpflanzen können, bedeutet für sie keine Verletzung dieses Privilegs. Es ist eben etwas anderes, ob eine Frau die ersten Bewegungen des noch Ungeborenen mit freudiger Erregung spürt oder ob ein Elloraner mit glänzenden Augen gegen die Klarsichtscheibe seines Ovariomaten schnippt und sich am Zucken und Pulsieren des winzigen Embryos begeistert… Das es zu solchen Übertreibungen kam, wie zur Zurück-zu-Heim-und-Herd-Bewegung, ist zu verstehen.
Eine andere Initiative aber ist zu einer mächtigen Organisation gewachsen. Man hat sie etwas hochtrabend den „Galaktischen Bund werdender Mütter“ genannt. Mitglied kann nur eine Schwangere werden, aber Veranstaltungen der Ortsgruppen darf jeder besuchen, auch ein Mann. An den meist gelangweilten Mienen der Männer konnte Miranda das Interesse ablesen, das sie einer auf die Schwangerschaft abgestimmten psychischen Konditionierung oder möglichen Lageveränderungen des Ungeborenen entgegenbringen.
Auch in die künstlerischen oder kunstgewerblichen Stunden gehen wenige Männer. Sie lieben es eben nicht, pausbäckige Babygesichter zu malen oder wollene Mützchen zu häkeln, und sie gehen in der Regel nur mit, um ihren Ehefrauen einen Gefallen zu tun.
Sie würde das von ihrem Mann nie verlangen. Soll er doch an seinem Sphärogleiter herumbasteln, wenn es ihm Spaß macht. Aber sie hat keinen Mann, dem sie soviel Großmut entgegenbringen könnte.
Plötzlich zuckt Miranda zusammen. Es war wie ein feiner Nadelstich mitten ins Herz, dieser schnell niedergeschlagene Blick aus zwei stahlblauen Augen. Terry, durchfährt es sie. Insgeheim hat sie sich gewünscht, ihn zu treffen. Aber warum, das weiß sie selbst nicht. Ihre Sympathie gehört schon längst einem anderen, trotzdem, es schmerzt noch, auch wenn sie es nicht wahrhaben will. Und es ist nicht nur Schmerz. Miranda hat sich schnell wieder in der Gewalt.
Du Lump, denkt sie amüsiert. Tust einfach so, als hättest du mich nicht gesehen. Dann müssen wir dich eben zwingen, Miranda eines Blickes zu würdigen, mein Lieber! sagt sie sich und geht schnurstracks auf ihn zu. Terry Spinks starrt angestrengt auf den Bildschirm vor seiner Nase, ohne seine Umwelt wahrzunehmen. Doch Miranda sieht an dem nervösen Zucken seiner Finger, daß er sie spürt, daß er weiß: Sie kommt.
„Guten Tag, Stellaster Spinks!“ sagt sie leise. Terry dreht sich langsam um.
„Ach, Miranda! Was verschlägt dich denn auf die Basis?“ sagt er überrascht. Miranda ist enttäuscht, nicht weil er sich verstellt, sondern weil es ihm so miserabel gelingt. Wo ist deine Selbstsicherheit, deine Überlegenheit, Terry?
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