Das Geheimnis der Sonnensteine: Roman (Sonnenstein-Trilogie) (German Edition)
schiefen Türme aus vernetzten, gitterartigen Strukturen blitzen und glänzen eisblau vor ihnen. Die Strahlungsintensität ist bereits so hoch, daß ein einfacher Strahlenschutzpanzer nur noch für wenige Minuten Sicherheit bieten würde.
Elmer war nicht sehr begeistert von Quattros Befehl, ihn zu begleiten. Zwar interessieren ihn die seltsamen Exkremente der Ergophagen – Dorean nennt die Türme respektlos so – nicht weniger als den Kosmander, doch hatte er gehofft, Miranda in der Basis zu treffen. Auf Quattros Befehl hin mußten sie sich aber Hals über Kopf auf den Weg machen. Ärgerlich!
Neben und über den Gittertürmen, die an plastische Eisblumen erinnern, schweben acht gelbrote Ballons. Eine eigens hierfür gebildete Untersuchungskommission versucht seit Tagen, das Geheimnis dieser kristallinen Bauwerke zu ergründen.
„Sieh dir das an, Dorean!“ sagt Elmer erregt, als er erkennt, was Männer am Fuße des am nächsten gelegenen Kristallgewächses machen. „Sie sägen ganze Äste heraus! Sind die wahnsinnig?“
„Urteilen Sie nicht so voreilig, Proximer Ponape!“ antwortet Quattro streng. „Diese Männer wissen genau, was zu tun ist. Das sind Spezialisten, die jeden Handgriff überlegen und planen. Warum ist es Wahnsinn, Proben aus dem Material zu schneiden?“
Elmer überlegt kurz.
„Ich gehe davon aus, Kosmander“, antwortet er, „daß wir hinsichtlich der Ergophagen über keine gesicherten Kenntnisse verfügen und sich alle unsere Aktivitäten auf statistisch noch nicht auswertbare Erfahrungen und auf Vermutungen stützen.“ Er unterbricht sich zögernd.
„Weiter!“ befiehlt Quattro trocken.
„Wenn es sich nun doch nicht um tote Materie handelt?“ fährt Elmer leise fort. „Vielleicht sind diese Kristalltürme eine Art Larvenstadium…“
Quattro murmelt irgend etwas, das sowohl Zustimmung als auch Ablehnung bedeuten kann.
„Proximer Ponape arbeitet bereits an einem ergophagischen Wörterbuch, müssen Sie wissen, Kosmander“, witzelt Dorean. „Idiot!“ Elmer ist beleidigt. Dorean macht sich häufig und gern in Anwesenheit von Vorgesetzten über ihn lustig, das muß nicht sein.
„Verkneifen Sie sich das, meine Herren Proximer!“ fordert Quattro. „Was Ponape für möglich hält, ist zwar, wie er es selbst formulierte, nur eine Vermutung, aber immerhin zu beachten.“ Sie nähern sich dem vorderen dieser seltsam verbogenen und verzerrten, hoch in den Himmel ragenden Gebilde.
Die ebenfalls mit Thyonen ausgerüsteten Männer, die am Fuße dieses Gitterturmes arbeiten, der einem schmalen Korallenstock ähnelt, nehmen keinerlei Notiz von ihnen. Die Motorsäge, mit der sie die Proben herausschneiden, wird auch durch Druckgas angetrieben. Man achtet also sorgfältig darauf, keine chemische, elektrische oder atomare Energie zu benutzen.
Die Männer sägen ein zweites, stark verästeltes Stück aus dem Kristallgeflecht. Elmer kann beobachten, wie aus den Schnittstellen kleine Funken sprühen. Er pfeift leise und murmelt vor sich hin. „Beim großen Sirius! Die Dinger sind ja nicht nur radioaktiv, sondern dazu auch noch elektrisch geladen!“
„Zwischen den Schnittstellen bis zu achtzehntausend Volt“, antwortet jemand. „Ohne Thyone wäre diese Arbeit tödlich…“
Drei Schritte neben den Arbeitenden steht ein Mann im Strahlenschutzpanzer und winkt mit einem der Manipulatoren. „Kosmander Elldes?“ fragt er. Quattro geht auf den anderen zu. „Mein Name ist Drinder, Sie wurden uns angekündigt.“
In diesem Augenblick zischt ein greller Lichtbogen aus dem Geäst des Kristallgeflechts. Elmer zuckt erschreckt zusammen. Das schwingende Sägeblatt glüht hellrot auf, und feurige Tropfen fallen zu Boden. Der Mann, der die pneumatische Säge zwischen den Manipulatoren seines Thyons hält, setzt sie gleichmütig ab. „Das zwölfte Blatt, Stellaster Drinder. Hoffentlich haben wir genügend in Reserve!“
„Machen Sie weiter, Superprotektor! Es kann noch eine Weile dauern, bis Sondix mit den Keramonblättern hier ist“, antwortet Drinder.
Mit geübten Bewegungen der beiden Manipulatoren, die wie extrem vergrößerte Insektenbeine aussehen, wechselt der Superprotektor das Schneidwerkzeug aus.
„Es sind rhythmische Stromstöße“, erklärt Stellaster Drinder. „Kein gleichmäßiger Elektronenfluß. Was das zu bedeuten hat, wissen wir noch nicht. Erste Untersuchungen lassen vermuten, daß die Impulse Signalcharakter tragen. Bisher wissen wir noch nicht viel.“
Elmer
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