Das Geheimnis der Totenstadt - Thriller
lesbaren Schrift gefüllt. Offenbar hatte sich Georgios Karakos besonders bemüht, die Buchstaben so zu setzen, dass nur er die Texte ohne Mühe lesen konnte. Aber er konnte sich nicht konzentrieren. Nachdenklich ließ er das Buch sinken.
Welches Interesse konnte dieser Georg von Sell daran haben, dass Elena und er wieder ins Gespräch kamen? Woher wusste er überhaupt von Elena? Obwohl von Sell sie damals im Café gesehen hatte, war ihr Name im Gespräch nie gefallen. Aber er schien zu wissen, warum Robert die Tochter von Karakos aufgesucht hatte.
Warum rätselst du hier herum, Roberto? Ruf ihn doch einfach an, und frag ihn ganz naiv.
Wie hieß doch gleich der Verlag, für den von Sell arbeitete? Das war irgendein deutscher Name. Bormann, Behrmann? Nein, Bergmann. Karl-Bergmann-Verlag in München.
Über das Internet hatte Robert die Telefonnummer schnell herausgefunden.
»Nein«, bedauerte die weibliche Stimme in der Zentrale, »Herr von Sell ist auf Reisen. Ich verbinde Sie mit dem Redaktionssekretariat.«
Wenige Sekunden später trug Robert sein Anliegen der Sekretärin noch einmal vor. Er sei ein italienischer Kollege des Herrn von Sell und müsste ihn wegen einer Information dringend sprechen.
»Italien, sagen Sie? Da haben Sie Glück. Herr von Sell ist gerade auf einem Kongress in Bologna. Ich kann Ihnen auch sagen, wann Herr von Sell zu erreichen ist. Bitte notieren Sie!«
Robert bedankte sich, schaute auf den Terminplan und griff sofort zum Hörer. Bingo! Gerade jetzt musste von Sell zu erreichen sein. Nach sechsmal Klingeln meldete sich die Mailbox mit einer Computerstimme. Weitere Versuche verliefen ebenso erfolglos. Eine Nachricht wollte er nicht hinterlassen, sein neuer »langjähriger« Freund sollte keine Gelegenheit haben, sich wiederum irgendeine Geschichte auszudenken.
Er schaute auf die Uhr. Von Florenz nach Bologna waren es etwas mehr als einhundert Kilometer. Das konnte er in gut eineinhalb Stunden schaffen. Wahrscheinlich war es sogar besser, wenn er von Sells Reaktionen beobachten konnte. Fünf Minuten später saß er im Range Rover und fuhr in schnellem Tempo Richtung Norden.
*
Roberts Berechnungen waren richtig. Nur kurz vor Bologna hatte sich wegen eines Unfalls ein Stau gebildet, der sich aber schnell wieder auflöste.
Das Foyer des Kongresszentrums war voller Menschen aller Nationen, die in kleinen Gruppen zusammenstanden und lautstark diskutierten, zwischen ihnen liefen Männer und Frauen in Business-Kleidung eilig hin und her, meistens mit einem Handy am Ohr.
Robert holte den Zettel mit seinen Notizen aus der Tasche und ging damit zum Informationsschalter.
Eine Brünette in einem blauen, uniformähnlichen Kostüm strahlte ihn an.
»Kann ich Ihnen helfen, Signore?«
Robert lächelte zurück.
»Ich denke schon. Ich muss dringend mit meinem Kollegen, Georg von Sell, sprechen. Er ist wahrscheinlich ... Moment ... im Saal 3 bei einem Vortrag, der gerade beendet sein müsste.«
»Einen Augenblick, ich schaue einmal nach.«
Sie schaute auf ihren Monitor, drückte ein paar Tasten und nickte.
»Sie haben Recht. Die Zuhörer verlassen soeben den Saal. Dann werde ich Herrn von Sell ausrufen.«
Sie drückte auf eine andere Taste, beugte sich zu einem Mikrofon hinunter und sprach auf Englisch mit italienischem Akzent:
»Mister Georg von Sell, please come to the information desk!«
Das wiederholte sie drei Mal.
»Warten Sie hier, er wird sich sicher gleich melden.« Dann lächelte sie hintergründig. »Die Leute mögen es, wenn sie ausgerufen werden.«
Robert nickte, drehte sich herum und beobachtete die vielen wichtigen Menschen, die um ihn herumschwirrten – Georg von Sell konnte er nicht ausmachen.
Die Brünette tippte ihm von hinten auf die Schulter. Diesmal lächelte sie nicht.
»Signore, ich dachte, es wäre so dringend. Ihr Kollege wartet schon!«
Robert drehte sich um.
Am Informationsschalter stand ein hagerer, mittelgroßer Mann um die fünfzig. Er hatte schüttere Haare, trug einen dunkelblauen Anzug und eine randlose Brille. Er lächelte Robert an.
»Was kann ich für Sie tun?«
Robert schaute ihn verwirrt an.
»Entschuldigen Sie, ich suche Georg von Sell!«
Der Mann lächelte noch immer.
»Der steht vor Ihnen. Mit wem habe ich die Ehre?«
Robert versuchte, gelassen zu wirken.
»Oh, entschuldigen Sie, Darling, Robert Darling. Der Georg von Sell, den ich erwartet habe, ist ein ganz anderer Mann.«
Nun lächelte der Mann nicht mehr.
»Können Sie mir das
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