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Das Geheimnis der versteinerten Traeume

Das Geheimnis der versteinerten Traeume

Titel: Das Geheimnis der versteinerten Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Ungetüm, das man besser nicht weckte, kam es ihm vor. Obwohl nicht einmal eine Maus piepste, erschien ihm die Stille irgendwie lebendig, so wie das Innehalten zwischen zwei Atemzügen. Sollten die Wächter ihn bereits entdeckt haben, wäre hier der ideale Ort für einen Hinterhalt. Sie konnten ihm ungestört die Kehle durchbeißen und ihm in aller Ruhe das Mark aus den Knochen saugen.
    »Du spinnst!«, zischte Leo und lief weiter.
    Er folgte einem dunklen Gang, der in Richtung Halle führte. Plötzlich stieß er mit dem Fuß gegen ein Hindernis. Sein großer Zeh schien zu explodieren.
    »Au!« Etwas schabte über den Boden. Leo kniff die Augen zu und atmete tief durch. Als der Schmerz nachließ, humpelte er zu dem Gegenstand und hob ihn auf.
    Es war eine verrostete Eisenstange. Nichts im Vergleich zu Orlas
Schwert Ariki, dachte er. Anmutig wie eine Tänzerin hatte sie den Hyänenschweinen damit Tod und Verderben gebracht. An ihre Kampfkunst reichte er zwar nicht einmal annähernd heran, doch die Stange mochte ihm trotzdem nützlich sein. Es war ein T-Profil, wie man es für Zaunpfähle und Gerüststreben benutzte, mit der Hand gut zu umfassen. Er hob es auf und nahm es mit.
    Endlich lösten sich die tiefen Schatten auf. Vor Leo erstreckte sich eine Reihe von Fenstern. Von der Straßenbeleuchtung fiel gerade genug Licht herein, um den Korridor ohne weitere Verletzungen zu durchqueren. Auf dem Boden lagen Dreck, Glassplitter und Pflastersteine – wahrscheinlich hatten irgendwelche Typen damit ein Zielschießen auf die Fensterscheiben veranstaltet.
    Unsicher näherte er sich einem breiten Durchgang, der augenscheinlich in einen größeren Raum führte. Es hingen keine Türen in den Angeln – wohl, weil man sie als Schrott verhökert hatte. Leo sah auf seine Armbanduhr. Zehn Minuten nach halb zwei verriet das grün schimmernde Ziffernblatt. Irgendetwas ließ ihn zögern.
    Plötzlich hörte er ein Geräusch.
    Reflexhaft duckte er sich, huschte in die Schatten zur Linken und legte die freie Hand auf den Eisdolch. Wartete Durs Huber etwa schon auf ihn?
    Leo schlich an den Durchgang heran und spähte in den dahinter liegenden Raum. Es war die Brauhalle. Die größeren Fenster hier ließen mehr Licht herein. Dadurch bemerkte er sofort, dass ihn tatsächlich jemand erwartete. Aber es war nicht der Hausmeister, der da so ungeduldig hin und her tigerte. Leo traute seinen Augen nicht. Die gedrungene Gestalt, der plattfüßige Gang und die kurz geschorenen Haare waren unverwechselbar. Er betrat die Halle.
    »Benno?«

    »Leo!«, hallte es überschwänglich durch den Raum. »Mann, bin ich happy, du lebst!«
    Die zwei liefen aufeinander zu, trafen sich neben einem gemauerten Sockel und fielen sich um den Hals. Leo war geradezu trunken vor Erleichterung darüber, seinen Freund in einem Stück wiederzusehen. Erst nach einigen Sekunden herzlicher Umarmung begann er sich zu wundern und löste sich aus Bennos Umklammerung.
    »Ich habe dich im Haus des Illúsischen Rates gesehen. Wie bist du Refi Zul und den Hyänenschweinen entkommen?«
    »Der König hat mich gehen lassen.«
    Leo wich einen Schritt zurück. »Was? Hat er dich hierher geschickt ?«
    »Nein. Das war Huber. Ich habe in Salem angerufen. Er will mich hier abholen.«
    »Mich auch.« Leo schüttelte den Kopf. »Das kapier ich nicht. Wieso lässt Zul dich einfach frei?«
    »Er meinte, ich sei für ihn wertlos geworden.«
    »Und vorher warst du es nicht?«
    Benno warf die Arme in die Luft. »Was weiß ich? Fängst du jetzt an wie Orla?«
    »Orla ist tot.«
    »Was? Ist nicht dein Ernst.«
    Leo kämpfte gegen die Tränen an. »Meinst du, ich mach Witze über so was? Refi Zuls Wächter haben sie im Kristallhaus umgebracht, kurz bevor es zerstört wurde.«
    Benno schüttelte den Kopf. »Tut mir echt leid, Leo. Das musst du mir glauben. Du weißt, dass ich sie nicht besonders mochte, aber das habe ich nicht …« Er verstummte jäh.
    Leos Augen verengten sich. »Nicht gewollt? Hast du Refi Zul etwa geholfen?«

    »Hältst du mich jetzt auch für einen Verräter?«
    »Bist du es denn?«
    »Ich bin dein Kumpel.«
    »Du weichst mir aus, Benno. Warum bist du mir in Salem durch das Drusentor gefolgt?«
    »Das habe ich dir schon erklärt. Da war Mark Laurel …«
    »Ausflüchte!«, schrie Leo. Ihm war, als falle er ins Bodenlose. Hatte Orla mit ihrem Verdacht etwa doch recht gehabt? War Benno ein Spion Zuls? »Hast du mir das Fläschchen ins Bett gelegt ?«
    »Was für ein

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