Das Geheimnis der Wellen
mir so viel Metall eingesetzt, dass ich stabil wie ein Panzer bin. Und der Physiotherapeut triezt mich mit militärischem Drill … Wenn ich das aushalte, werde ich wohl auch mit einem Spazierstock herumlaufen können.«
»Hast du noch Schmerzen?«
»Manchmal, aber es nicht mehr so schlimm. Da geht es mir ganz ähnlich wie dir, Eli. Wir lassen uns nicht unterkriegen.«
Auch sie hatte abgenommen. Der Unfall sowie der komplizierte Genesungsprozess hatten neue Falten in ihr Gesicht gegraben. Aber ihr Blick war genauso kämpferisch wie eh und je, und das tröstete ihn.
»So langsam glaube ich das auch.«
Während Eli mit seiner Großmutter sprach, fuhr Duncan rechts ran und beobachtete das Haus durch sein Teleobjektiv. Dann ließ er es sinken und holte sein Aufnahmegerät hervor, um seine Notizen zu vervollständigen.
Er machte sich auf eine längere Wartezeit gefasst.
7
Langeweile gehörte zu seinem Job. Kirby Duncan hing im Sitz seiner unauffälligen Limousine und knabberte rohe Karotten. Er hatte eine neue Freundin, und die Aussicht auf Sex hatte ihn dazu bewogen, fünf Kilo abnehmen zu wollen.
Zwei hatte er bereits geschafft.
Er hatte den Wagen in den letzten zwei Stunden zweimal bewegt und überlegte, ihn erneut umzuparken. Sein Gefühl sagte ihm, dass Landon bestimmt eine Weile bleiben würde. Vermutlich gab es ein Abendessen mit der ganzen Familie. Duncan hatte Schnappschüsse von der Mutter, dem Vater und soeben auch von Landons Schwester, ihrem Mann und ihrem kleinen Kind gemacht.
Sein Auftrag lautete, Landon zu beschatten, also würde er ihn beschatten.
Er war ihm nach Boston bis zu dem Gebäude gefolgt, in dem Landons Anwalt arbeitete, was ihm trotz des Verkehrs nicht weiter schwergefallen war. Das hatte ihm die Möglichkeit gegeben, einmal um Landons Wagen herumzugehen. Doch darin gab es nichts zu entdecken.
Etwa anderthalb Stunden später war er Landon durch den Park bis zu einem teuren Friseur gefolgt und hatte draußen gewartet, während Landon sich die Haare nachschneiden ließ. Es war nicht so, dass Duncan nach dem über fünfzig Dollar teuren Haarschnitt einen sonderlich großen Unterschied bemerkt hätte. Aber über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten.
Dann ging Landon in einen Blumenladen und kam voll bepackt wieder heraus.
Ein ganz normaler Kerl, der ein paar Einkäufe in der Stadt erledigt, bevor er seine Familie besucht. Nichts Außergewöhnliches.
Soweit Duncan das beurteilen konnte, war Landon wirklich ein ganz normaler Kerl. Sollte der Typ tatsächlich seine Frau umgebracht haben und damit davongekommen sein, feierte er es jedenfalls nicht.
Sein Bericht war bisher wenig ergiebig: ein paar Strandspaziergänge, die Begegnung mit der sexy Haushälterin und der Frau, die Landon fest umarmt hatte und die sich dann als verheiratete Mutter dreier Kinder entpuppt hatte.
Gut möglich, dass es zwischen Landon und der Haushälterin knisterte. Doch er konnte nicht nachweisen, dass sich die beiden schon vor Landons Rückkehr in das Haus am Strand gekannt hatten.
Trotzdem: Seine Hintergrundrecherchen hatten ergeben, dass Abra Walsh sich in der Vergangenheit öfter mit gewalttätigen Männern zusammengetan hatte. So gesehen, wäre Landon der ideale Partner – falls er seiner Frau denn wirklich den Schädel eingeschlagen hatte, was Duncan bezweifelte. Gut möglich, dass Landon ihre neueste Eroberung war.
Selbst das bisschen, was er hatte, passte nicht zum Standpunkt seines Mandanten, dass Landon schuldig war. Und auch nicht zur Überzeugung seines alten Freundes Wolfe – immerhin einer von Bostons besten Ermittlern –, dass Landon ausgetickt sei und seiner untreuen Ehefrau den Schädel eingeschlagen habe.
Je länger er ihn beschattete, desto unschuldiger kam ihm der Mistkerl vor.
Um an Informationen zu kommen, hatte er bei der sexy Haushälterin den direkten Weg gewählt. Als er anschließend die Angestellte seiner Pension sowie andere Leute befragt hatte, war er etwas raffinierter vorgegangen. Ihnen gegenüber hatte er nur das große Haus auf den Klippen erwähnt und sich wie ein x-beliebiger Tourist nach seiner Geschichte und seinen Besitzern erkundigt.
Er hatte so einiges über ein Vermögen zu hören bekommen, das ursprünglich mit Alkohol verdient worden war. Es kursierten Geschichten über Piratenraubzüge und Whiskey destillen in der schlechten alten Zeit der Prohibition. Über geraubten Schmuck, der seit Generationen verschollen war. Und es gab Familiengeheimnisse,
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