Das Geheimnis der Wellen
alle sind nervös und beunruhigt. Ich weiß, dass Eli nichts damit zu tun hat, weil ich in der Mordnacht mit ihm zusammen war. Er kann schlecht an zwei Orten gleichzeitig sein. Mein Privatleben geht nur mich etwas an, außer, ich erzähle freiwillig davon. Wenn jemand Probleme mit meinen privaten Entscheidungen hat – bitte sehr! Wer den Kurs bei mir abbrechen will, kann das gern tun. Ich erstatte sämtliche Gebühren zurück. Ansonsten sollten wir uns auf unsere Matten setzen und atmen.«
Sie rollte ihre Matte aus und setzte sich. Als die anderen ihrem Beispiel folgten, löste sich der Knoten in ihrem Magen ein wenig.
Obwohl sie es nicht schaffte, ihre Mitte zu finden, ihr seelisches Gleichgewicht, leitete sie die anderen an.
Nach der Stunde blieb Maureen noch etwas länger. Abra hatte nichts anderes erwartet.
»Gehen wir zu dir oder zu mir?«, fragte Maureen.
»Zu mir. Ich habe in einer Stunde einen Putzjob und muss mich noch umziehen.«
»Gut. Du kannst mich mitnehmen. Ich bin zu Fuß hier.«
»Hast du gestern Abend Eis gegessen?«
»Nein, aber ich habe heute Morgen einen Tiefkühlstrudel aufgebacken. Ich sollte so etwas gar nicht erst kaufen, aber ich bin schwach.«
»Dann bereite dich schon mal darauf vor, wieder schwach zu werden. Ich habe Brownies gebacken.«
»Du verdammtes Miststück!«
Sie zwängten sich in den Wagen. »Ich muss gerade an die Plaudertasche denken.«
»Die Plaudertasche ist eine Idiotin.«
Abra seufzte. »Ja, sie kann echt nervig sein. Aber wir alle sind manchmal nervig.«
»Heather ist von Natur aus nervig.«
»Nein, sie ist von Natur aus eine Plaudertasche. Und auch wir beide hecheln ganz gern etwas durch, und das sogar ziemlich oft. Ich versuche, ihr anzurechnen, dass sie Kinder hat, auch wenn sie meiner Meinung nach eine ziemliche Glucke ist. Aber ich habe keine Kinder.«
»Ich schon, und sie übertreibt es wirklich. Sie würde ihren Kindern einen Chip einsetzen lassen, wenn das möglich wäre. Und jetzt hör endlich auf, so tolerant und verständnisvoll zu sein! Heather hat eine Grenze überschritten. Alle, sogar ihre beste Freundin Winnie, sehen das so. Meine Güte, Abra, sie hat sich förmlich daran geweidet, dass die Polizei Bluff House auf den Kopf stellt.«
»Ich weiß, ich weiß.« Abra hielt mit quietschenden Bremsen vor dem Naturstein-Cottage. »Hauptsächlich deswegen, weil sie die Neuigkeit verkünden durfte, aber sie hat sich an Elis Unglück geweidet. Ich bin alles andere als tolerant und verständnisvoll.« Sie zwängte sich aus dem Wagen, griff nach ihrer Handtasche und knallte die Tür zu. »Ich bin sauer.«
»Gut, ich nämlich auch. Los, lass uns jede Menge Brownies essen.«
»Ich würde am liebsten zu ihm rübergehen«, sagte Abra, als sie zur Tür gingen. »Aber ich fürchte, das würde alles nur schlimmer machen. Und ich würde Heather gern eine saftige Ohrfeige verpassen. Aber anschließend würde ich mich nur noch schlechter fühlen.«
»Ja, aber ich nicht.«
»Nein, im Ernst.« Abra ließ ihre Tasche hinter der Tür fallen und ging direkt in die Küche, um die Frischhaltefolie von den Brownies zu nehmen.
»Was, wenn ich ihr eine Ohrfeige verpasse und du nur zu siehst?« Maureen holte Servietten, während Abra den Wasserkessel aufsetzte. »Würdest du dich dann auch schlecht fühlen?«
»Vermutlich schon.« Abra nahm sich einen Brownie, biss hinein und machte eine weit ausholende Geste. »Sie glaubt, ich lüge, wenn ich sage, dass ich zur Zeit des Mordes mit Eli zusammen gewesen bin. Sie hat mich so seltsam angesehen, so nach dem Motto: ›Du armes, ahnungsloses Ding. Ich mache mir Sorgen um dich.‹«
»Ich hasse diesen Blick.« Aus Solidarität biss auch Maureen in ihren Brownie. »Er ist überheblich, unaufrichtig und macht einen einfach nur wütend.«
»Wenn sie denkt, dass ich lüge, denkt es die Polizei vermutlich auch. Das macht mir noch viel mehr Sorgen.«
»Sie haben keinerlei Veranlassung zu glauben, dass du lügst.«
»Ich schlafe mit ihm.«
»Das hast du noch nicht getan, als der Mord passiert ist.«
»Aber jetzt schlafe ich mit ihm.« Abra biss erneut in ihren Brownie, bevor sie den Tee aufgoss. »Und das sehr gern.«
»Vermutlich tust du es deshalb so oft.«
»Er ist gut im Bett.«
»Normalerweise würde ich sagen: Hör auf, so anzugeben. Aber unter den gegebenen Umständen darfst du ruhig weiterreden.«
Fast schon lachend stellte Abra die Vase mit Schwertlilien vom Küchentisch auf die Marmortheke und brachte die
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