Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Geheimnis des Falken

Titel: Das Geheimnis des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne DuMaurier
Vom Netzwerk:
sagte sie. »Die Signorina würde es so haben wollen.«
    Irgend etwas im Gesicht der Frau kam mir vertraut vor. Sie war noch jung und sah nicht übel aus, bis auf das zerzauste Haar, das auf den misslungenen Versuch schließen ließ, irgendeinem Filmplakat-Star nachzueifern.
    »Ich habe Sie doch schon einmal gesehen, nein?« fragte sie.
    »Ich hatte eben denselben Eindruck«, antwortete ich. »aber Ruffano ist nicht groß. Vielleicht war es irgendwo auf der Straße.«
    »Vielleicht«, sagte sie und zuckte mit einem Lächeln die Schultern.
    Während sie in die Küche ging, stellte ich mich wieder ans Fenster. Der Mann war verschwunden. Fragte sich nur, ob er ins Haus oder die Straße hinauf gegangen war, aber das war im Augenblick nicht festzustellen. So blieb ich auf meinem Posten und behielt das Haus im Auge, während ich gleichgültig in einer Zeitschrift herumblätterte. Kurz darauf kam die Frau mit dem Kaffee.
    »Bitte schön, Signore«, sagte sie. »Und jetzt ist mir auch eingefallen, wo ich Sie gesehen habe. Sie beobachteten den Menschenauflauf bei Ognissanti und fragten mich, was los sei und was das Polizeiauto da täte. Ich hatte meine Kleine auf dem Arm. Sie weinte. Erinnern Sie sich?«
    Ja, ich erinnerte mich! Ruffano war wirklich sehr klein. Es gab kein Entkommen.
    »Richtig«, sagte ich, »jetzt fällt es mir auch wieder ein. In das Auto stiegen dann zwei Leute ein.«
    »Ja, die Ghigis«, bestätigte sie, »und es war so, wie ich Ihnen damals sagte. Sie mußten die Leiche der armen Marta Zampini identifizieren und auch die Kleider. Die Polizei brachte sie deswegen bis nach Rom. Stellen Sie sich vor, all die vielen Kilometer in einem Polizeiauto! Wenn der Anlass nicht so traurig gewesen wäre, hätte ihnen die Reise sicher Spaß gemacht. Keiner von beiden ist jemals in Rom gewesen. Später wurde die Leiche hierher zurückgebracht und gestern begraben. Was für ein gräßliches Verbrechen! Und alles um zehntausend Lire! Der Lump, der es getan, will immer noch nicht gestehen. Den Diebstahl, ja, den gibt er zu, nach dem, was mein Mann in der Zeitung gelesen hat, aber nicht den Mord. Ich nehme an, er lügt, um seine Haut zu retten.«
    »Vermutlich«, sagte ich.
    Während ich meinen Kaffee trank, behielt ich die Pension weiter im Auge.
    »Sie werden ihn schon noch dazu bringen, ein Geständnis abzulegen«, sagte sie. »Die Polizei hat so ihre Methoden. Das weiß man doch.«
    Sie sah mir beim Kaffeetrinken zu und genoß das Gespräch als willkommene Unterbrechung ihrer Vormittagsarbeit.
    »Kannten Sie das Opfer?« fragte ich.
    »Marta Zampini? Alle, die in der Nähe von Ognissanti wohnten, kannten Marta. Sie und Maria Ghigi haben früher, in alten Zeiten, bei Professor Donatis Vater gedient. Kennen Sie Professor Donati vom Kunstrat?«
    »Ja.«
    »Gestern wurde erzählt, er hätte dafür gesorgt, daß die Leiche zurückgebracht wurde, und auch das Begräbnis bezahlt.«
    »Warum ist sie weggegangen aus Ruffano?«
    Die Frau zuckte die Achseln. »Zuviel hiervon.« Sie machte die Geste des Trinkens. »Während des letzten Jahres war sie völlig auf den Hund gekommen, haben die Ghigis erzählt. Sie saß und brütete ständig vor sich hin. Kein Mensch wußte, was sie zu brüten hatte, denn die Ghigis sorgten gut für sie. Maria Ghigi sagt allerdings, seit Kriegsende, seit es vorbei war mit ihrem Leben bei den Donatis, sei sie nie wieder die alte geworden. Sie sehnte sich nach dem kleinen Jungen und redete dauernd von ihm. Der kleine Junge war der Bruder des Professors. Er verschwand mit den deutschen Truppen. Ja, so ist das Leben … Irgend etwas geht immer schief.«
    Ich trank meinen Kaffee aus und schob das Tablett langsam beiseite.
    »Vielen Dank«, sagte ich. »Mehr möchte ich nicht.«
    »Hoffentlich kommt Signorina Raspa bald«, sagte die Frau und fügte mit einem schlauen Blick hinzu: »Sie ist hübsch, nicht wahr?«
    »Sehr hübsch«, pflichtete ich ihr bei.
    »Die Signorina hat viele Verehrer«, sagte die Frau. »Ich weiß das, weil ich morgens oft am Abwasch sehe, daß ein Herr zum Abendessen da war.«
    Ich lächelte, sagte aber nichts.
    »Ja, ja«, machte sie, »und jetzt will ich lieber gehen. Muß noch einkaufen und kochen, bevor mein Mann zum Mittagessen nach Hause kommt. Zum Glück paßt meine Mutter auf das Kind auf, während ich bei der Signorina arbeite.«
    Im Hause Nummer 24 rührte sich immer noch nichts. Inzwischen müßte der Agent eigentlich mit der Durchsuchung meines Zimmers fertig sein und

Weitere Kostenlose Bücher