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Das Geheimnis des Falken

Titel: Das Geheimnis des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne DuMaurier
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Signora Butali plausibel machen?« fragte ich.
    »Ich habe sie ins Bild gesetzt«, erwiderte er, »schon heute Vormittag, bevor ich ging. Sie ist genauso zuverlässig wie Jacopo.«
    Man hatte die Tür bereits für uns geöffnet. Es war fast, als kämen wir beide wie früher von irgendeinem Abenteuer zurück, während unsere Eltern schon mit dem Essen warteten. An Aldo war es dann gewesen, uns zu entschuldigen. Meine Rolle erschöpfte sich darin, daß ich augenblicklich zu Bett geschickt wurde.
    Unsere Gastgeberin hatte sich uns zu Ehren umgezogen. Sie war bei Lampenlicht, fand ich, noch schöner als sonst, und das dunkelblaue Kleid stand ihr besonders gut zu Gesicht. Sie kam zuerst auf mich zu und streckte lächelnd die Hand aus.
    »Ich hätte es ahnen müssen«, sagte sie, »es waren nicht Chopin und Debussy, die Sie hergezogen haben. Sie wolltenihr Haus wieder sehen, ist es nicht wahr?«
    »Es waren alle drei Dinge auf einmal«, sagte ich und küßte ihr die Hand, »und falls ich mit der Tür ins Haus gefallen bin, bitte ich um Vergebung.«
    Ich war nicht mehr der Hilfsbibliothekar, der sie nach dem Gottesdienst heimgebracht hatte. Ich gehörte. Aldos wegen, »dazu«.
    »Es ist so unglaublich«, sagte sie, »und wirklich wunderbar. Ich kann es immer noch nicht fassen. Es wird euer beider Leben ganz verändern. Ich bin so glücklich für euch.« Sie schaute von Aldo zu mir und von mir zu Aldo, und Tränen, denen sie vielleicht schon den ganzen Tag über nahe gewesen war, stiegen ihr in die Augen.
    »Nur keine Gemütsbewegungen«, sagte mein Bruder. »Wo ist mein Campari? Beo trinkt lieber Vermouth.«
    »Auf euch beide«, sagte sie, »auf ein langes Leben und alles Glück.« Dann schaute sie mich an: »Ich habe Ihren Namen immer so schön gefunden. Il Beato – der Glückliche. Ich finde, er steht Ihnen gut.«
    Aldo schüttelte sich vor Lachen. »Weißt du, was er vorstellt?« fragte er. »Er ist ein Reiseleiter, ein Schlepper und sonst nichts. Krabbelt in überfüllten Autobussen durch die Lande und zeigt den Angelsachsen Rom bei Nacht.«
    »Warum sollte er nicht?« fragte sie. »Ich bin überzeugt, daß er seine Sache gut macht und daß ihn die Touristen alle sehr gern haben.«
    »Er nimmt Trinkgelder«, sagte Aldo, »und taucht nach den Münzen im Trevi-Brunnen.«
    »Unsinn«, lächelte sie und tröstete mich: »Lassen Sie ihn reden, Beo. Er ist einfach neidisch, weil Sie die Welt zu sehen bekommen und er in einer kleinen Universitätsstadt hockt.«
    Es klang hübsch, wenn sie Beo sagte. Ich hörte es gern, und das Geplänkel zwischen den beiden nahm mir alle Befangenheit. Dennoch schaute ich beunruhigt meinen Bruder an.
    Er lief im Zimmer umher, blätterte Bücher an, griff nach irgendwelchen Gegenständen und stellte sie wieder hin, alles in derselben ruhelosen Art, die ich von früher her so gut an ihm kannte und die im Augenblick eine Aufregung verriet, die er nicht wahrhaben wollte. Es war etwas im Busch.
    Die Flügeltür öffnete sich und gab das Zimmer frei, das jetzt als Esszimmer diente. Der Tisch war für drei gedeckt und kerzengeschmückt. Das Mädchen, das das Essen auf die Anrichte gestellt hatte, zog sich zurück, damit wir uns selbst bedienen und unter uns bleiben konnten.
    Mein früheres Kinderzimmer kam mir, mit den vorgezogenen Vorhängen und dem Kerzenlicht, das auf dem polierten Tisch und unseren Gesichtern spielte, auf eine behutsame Art verwandelt vor und erschien mir nicht mehr fremd wie heute morgen. Es war wieder mein Zimmer, aber wärmer als ehedem, und mir ganz vertraut. Ich hatte den Eindruck, ich sei genau zur rechten Zeit aus meinen Kindertagen in eine neue Zeit versetzt worden, in der ich Aldos Spiele, die Spiele der Erwachsenen, endlich mitspielen durfte. Früher war es immer wieder mein Schicksal gewesen, der Dritte im Bunde zu sein, als Helfershelfer meines Bruders aufzutreten, wenn es galt, auf dem Gymnasium eine neue Freundschaft zu fördern oder im Keim zu ersticken. Er arbeitete bestimmte Sätze aus, und zu gegebener Zeit mußte ich, auf einen Wink von ihm, damit aufwarten und eine Debatte oder sogar eine Schlägerei in Gang bringen.
    Seine Methoden hatten sich nicht geändert, nur daß der Fisch, den er zu angeln wünschte, heute abend eine Frau war. Sie mit dem Köder, den er ins Wasser warf, aus der Reserve zu locken, machte ihm offenbar doppeltes Vergnügen, da ich als Zeuge dabei war. Ich überlegte, wie weit die beiden wohl gegangen sein mochten. Ob das Geplänkel

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