Das Geheimnis des Felskojoten (German Edition)
Gebüsch raschelte. Überrascht blickte sie auf. Ein Kojote erschien hinter dem Busch und lief flink über das Plateau. Er schien sie direkt anzusehen.
Fast im gleichen Augenblick sprang Shane auf Serena zu und zog sie hinter sich her. Ihr blieb nicht einmal Zeit, sich das eben aufgenommene Foto anzusehen.
»Wir müssen jetzt wirklich weiter«, wandte Shane sich beim Gehen entschuldigend an Pauline. »Unser Freund wartet auf uns.« Er sah Serena auffordernd an. Er wollte diese Pauline Dumont unbedingt loswerden.
»Richtig, Fabian«, sagte Serena lächelnd und stolperte hinter ihm her. Sie hätte ihn gerne noch etwas in Paulines Händen schmoren lassen. »Mach´s gut Pauline«, rief sie und winkte ihr zu.
»Puh.« Shane blickte flüchtig über die Schulter, um sicherzustellen, dass sie Pauline Dumont abgehängt hatten.
»Du hast doch nicht etwa ein Problem mit Frauen?«, zog Serena ihn auf. Doch an seiner Miene merkte sie sofort, dass er in dieser Hinsicht keine Späße vertrug. »Keine Spur von Fabian«, setzte sie daher schnell hinzu. »Was machen wir jetzt?« Sie blickte sorgenvoll um sich. Ein starker Wind war aufgekommen, und die meisten der wenigen Besucher hatten das Plateau bereits verlassen.
»Ich weiß es nicht«, entgegnete Shane. Dann sah er plötzlich verwundert zum Himmel hinauf.
»Es fängt an zu schneien«, stellte Serena ungläubig fest und streckte die Hände aus. »Mitten im August!«
»Das Wetter in den Bergen ist unvorhersehbar«, meinte Shane. »Aber ich hätte damit rechnen sollen. Es ist schon seit heute Morgen so kalt und bewölkt.«
Der Wind peitschte die Schneeflocken in alle Richtungen. Es wurde von Minute zu Minute dunkler und kälter.
»Lass uns von hier verschwinden«, sagte Shane. »Es ist eine lange Strecke zurück zum Wagen.«
»Und was ist mit Fabian?«
»Er ist offensichtlich nicht hier.«
»Aber du hast am Bear Butte gesagt …«
»Ich weiß, was ich gesagt habe«, meinte Shane ruhig, »und ich weiß, wie viel du dir von dem Besuch hier versprochen hast. Aber du musst den Tatsachen ins Auge blicken, Reena.«
»Vielleicht kommt er ja noch«, sagte Serena mit flehender Stimme. »Lass uns eine Weile warten. Bitte.«
»Bei diesem Wetter? Wir werden uns den Tod holen!« Dann sah er ihr enttäuschtes Gesicht. »Komm«, meinte er sanfter. »Wir gehen zurück zum Wagen und warten dort oder im Motel, bis sich der Sturm gelegt hat.«
»Aber Fabian …«
Shane sah sie mitfühlend an. »Fabian würde es nicht gefallen, wenn ich seine kleine Schwester in einem Schneesturm herumirren ließe.«
Serena gab sich nicht so leicht geschlagen. Sie versuchte es anders.
»Ich würde mir gern die nähere Umgebung ansehen. Es gibt bestimmt noch viel zu entdecken, und ich habe eine Menge Fragen.«
»Die kannst du auf dem Rückweg stellen«, erwiderte Shane. »Und jetzt komm. Der Schnee fällt immer dichter.«
»Warte!«, rief Serena. »Ich muss meine Kamera verstauen. Außerdem habe ich irgendwo eine Mütze. Mir ist kalt.« Sie kramte betont langsam in ihrem kleinen Rucksack herum, packte ihre Kamera ein und nahm einige Dinge heraus, die ihr bei der Suche nach ihrer Mütze im Weg waren.
»Halt das bitte mal kurz.« Sie drückte Shane ein Taschenbuch in die Hand.
»Dante?«, fragte Shane irritiert. »Warum schleppst du Dante mit dir herum?«
»Die Göttliche Komödie ist Fabians Lieblingsbuch«, sagte Serena beiläufig und kramte weiter im Rucksack herum.
»Aha«, machte Shane, so als ob nach dieser Erklärung alles einen Sinn ergäbe.
»Da ist sie ja!« Serena zog die Mütze aus dem Rucksack und setzte sie auf. »Gib mir das Buch, wir können weiter.«
Sie machten sich auf den Rückweg. Die Windböen peitschten den Schnee wild umher und nahmen ihnen die Sicht.
»Also, wenn Dantes Göttliche Komödie Fabians Lieblingslektüre ist«, wollte Shane wissen, »was ist deine?«
»Peter Pan« , antwortete Serena, ohne zu zögern.
»Peter Pan?« Shane blieb abrupt stehen.
Serena drehte sich verwundert zu ihm um.
»Ja, Fabian hat mir das Buch zu meinem achten Geburtstag geschenkt und es mir oft vorgelesen. Ich habe viele schöne Erinnerungen, die mit Peter Pan verbunden sind. Aber nun komm, solche Fragen haben Zeit, bis wir am Wagen sind, oder nicht?«
Shane runzelte nachdenklich die Stirn.
Plötzlich traf ihn etwas Hartes und Eiskaltes am Kopf. Ein Schneeball.
Er drehte sich wütend um und sah geradewegs in Serenas lachendes Gesicht. Sie lachte von ganzem Herzen, und das Lachen
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