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Das Geheimnis des Feuers

Das Geheimnis des Feuers

Titel: Das Geheimnis des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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wie er fahren musste. Bald waren sie da. Aber zu Sofias Enttäuschung war niemand zu Hause. Eine der Nachbarinnen kam Sofia begrüßen. Sie fragte nach Alfredo. Dass Mama Lydia draußen auf den Äckern arbeitete, wusste sie ja. »Alfredo ist heute bei deiner Mama«, sagte die Nachbarin. Doktor Raul stand neben dem Auto und betrachtete nachdenklich die Hütte, in der Sofia wohnte. Er sah die gerissenen Strohwände und dachte, wenn der Regen kam, dann würden sie auf dem feuchten Erdboden liegen und der Regen würde durch das schadhafte Dach tropfen. Sofia gehörte zu einer armen Familie, der ärmsten unter den Armen. Trotzdem wusste er, dass sie froh war wieder zu Hause zu sein.
    Sofia ist stark, dachte er. Sie wird es schaffen. Dennoch spürte er Wehmut, wenn er an das Leben dachte, das vor ihr lag. Ein Leben voller Entbehrungen. Das Leben der Armen. Er verabschiedete sich von Sofia. »Hoffentlich geht jetzt alles gut«, sagte er. »Wenn ich Zeit habe, werde ich dich besuchen.« Sofia wurde verlegen und schlug die Augen nieder. Sie schämte sich fast, dass sie Doktor Raul so viele Umstände bereitet hatte. Er war gezwungen gewesen, über sie gebeugt zu stehen und sie zu operieren. Bestimmt kannte er viel wichtigere Personen, um die er sich kümmern musste. Sie winkte ihm nach, als er fuhr, und fragte sich, ob sie ihn wieder sehen würde.
    Für den Rest des Tages saß Sofia im Schatten unter dem Baum neben der Hütte und genoss es, wieder zu Hause zu sein. Hin und wieder blieb jemand auf dem Weg stehen und sah sie an, als ob er seinen Augen nicht traute. Dann kamen sie zu ihr und sie musste wieder und wieder erzählen, was passiert war, und ihre Beine zeigen. Jedes Mal, wenn wieder jemand hören wollte, was nach dem Unglück passiert war, merkte sie, dass sie immer weniger erzählte. Ihr wäre es am liebsten gewesen, wenn die Menschen gar nicht gefragt hätten. Wenn alle es vergaßen, wäre es das Beste. Wenn alle es vergaßen, nur sie nicht. Denn sie konnte nicht vergessen. Wenn sie es vergaß, würde Maria verschwinden. Und das durfte niemals geschehen. Niemals, solange sie lebte.
    Es war schon später Nachmittag geworden, als Sofia Lydia auf dem Weg entdeckte. An ihrer Seite lief Alfredo. Sofia erhob sich von der Bank und winkte. Alfredo sah sie zuerst. Er zog an Lydias Arm und zeigte auf Sofia. Im selben Augenblick bemerkte Sofia, dass Lydia ein Kind auf dem Rücken trug. Sie hatte ganz vergessen, dass Lydia ein Kind bekommen würde, und sie spürte, wie ihr ganz heiß wurde vor Freude. Ein neues Kind. War es ein Bruder oder eine Schwester? Sie umarmten einander. Lydia streichelte sie, Alfredo hielt sich zurück. Er war verlegen.
    Dann nahm Lydia das Kind vom Rücken und hielt es Sofia entgegen, die sich wieder hingesetzt hatte. »Dein Bruder«, sagte Lydia und lächelte. Sofia merkte, dass Lydia mehrere Zähne verloren hatte. Sofia nahm ihren Bruder entgegen. Er schlief und war kaum mehr als einen Monat alt. Wie lange war es eigentlich her, seit sie Lydia zuletzt gesehen hatte? Für sie flössen alle Tage ineinander. Sie hielt ihren Bruder in den Armen und spürte eine große Freude.
    »Wie heißt er?«, fragte sie. »Faustino«, sagte Lydia. »Sein Papa kommt, wenn es Essen gibt.« Endlich würde sie die Antwort bekommen, auf die Sofia gewartet hatte. Jetzt wusste sie, dass sie bald Lydias neuen Mann kennen lernen würde. Es war ein wichtiger Augenblick. Sie merkte, dass sie nervös war. Aber gleichzeitig froh. Jetzt würde alles viel leichter werden, weil ein Mann im Haus war. Lydia begann das Mittagessen vorzubereiten. Sofia saß auf der Bank und hielt ihren Bruder in den Armen.
    »Dass du wiedergekommen bist«, sagte Lydia immer wieder. »Dass du wiedergekommen bist!« Im nächsten Augenblick wurde sie ernst. Sofia wusste, dass Lydias Stimmung zwischen Freude und Ernst schneller wechseln konnte als bei anderen Menschen. »Aber wie wirst du fertig werden?«, fragte sie. Sofia verstand nicht, wie sie das meinte. »Ich kann wieder gehen«, sagte sie. Lydia schüttelte den Kopf, sagte aber nichts mehr. Sofia merkte, dass sie Magenschmerzen bekam. Was hatte Lydia gemeint? Warum sollte sie nicht fertig werden? Den Gedanken konnte sie nicht mehr zu Ende denken.
    Plötzlich kam ein Mann auf sie zu. Unbemerkt hatte er sich aus den Schatten hinter ihrem Rücken genähert. Im selben Augenblick lief Alfredo in die Hütte. Der Mann war groß und kräftig. Sofia roch an seinem Atem, dass er Tontonto (Hausgebrannter

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