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Das Geheimnis des Feuers

Das Geheimnis des Feuers

Titel: Das Geheimnis des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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zu Hause zu sein bei allen, die sie kannte. Lydia hatte angefangen Essen vorzubereiten, und Alfredo saß neben Sofia und sah sie mit großen Augen an. Sofia bemerkte, dass Mama Lydia dick geworden war. Das bedeutete, dass sie bald ein Kind und Sofia noch ein Geschwister bekommen würde. Sofia fragte sich, wer von den Männern, die hereinkamen und sie begrüßten, der Vater des Kindes war. Lydia wollte sie nicht fragen. Sie würde es schon noch erfahren. Der Gedanke, dass sie noch einen Bruder oder eine Schwester bekommen würde, machte sie froh. Schon aus dem Grund, weil es bedeutete, dass es Mama Lydia gut ging.
    An diesem Abend saßen sie länger am Feuer als sonst. Immer noch tauchten Menschen aus den Schatten auf und kamen heran, um Sofia zu begrüßen. Alfredo schlief an ihrer Seite ein und schließlich saßen nur noch Lydia und Sofia am Feuer.
    »Wann kommst du wirklich nach Hause?«, fragte Lydia. »Ich weiß nicht«, antwortete Sofia. »Bald, hoffe ich.«
    »Du hättest nicht so weit mit einem Laster fahren sollen«, sagte Lydia. »Wer hat dir das Geld für die Fahrkarte gegeben?«
    »Doktor Raul.«
    »Und wenn du nun nicht zurückfindest?«
    »Die Laster folgen der Straße«, antwortete Sofia. »Und die Straße führt in die Stadt. Ich kann den Weg nicht verfehlen.« Nachdem Lydia Alfrede in die Hütte getragen hatte, sagte Sofia, sie wollte noch eine Weile am Feuer sitzen, bevor sie schlafen ginge. Lydia fragte nicht, warum, sondern verschwand in die Hütte.
    Sofia war allein. Während sie dasaß und in die Flammen starrte, wurde ihr klar, dass sie auch wegen des Feuers ein solches Heimweh gehabt hatte. Erst jetzt, als sie in der lauwarmen Dunkelheit vor der Hütte saß und den Trommeln lauschte, die in der Ferne schlugen, konnte sie richtig an all das denken, was geschehen war. Jetzt meinte sie nicht nur Muazenas und Hapakatandas Gesichter in den Flammen erkennen zu können. Jetzt war dort auch Marias Gesicht. Maria, die jetzt unter den Toten war. Sofia war erleichtert, wenn sie daran dachte, dass Maria bei Muazena und Hapakatanda war. Es war, als ob sie Marias Stimme hörte. Sie sagte, dass nicht Sofia schuld an ihrem Tod war. Niemand konnte wissen, dass gerade dort, wo Sofia ihren rechten Fuß aufsetzte, eine Mine lag. Ihre Schuld war es nicht.
    Als Sofia endlich schlafen ging, war das Feuer bis auf die Glut erloschen. Vielleicht hatte sie hierher kommen müssen, um Marias Stimme in den Flammen zu hören? Wenn das so war, hatte sie richtig gehandelt. Dann würde Veronica nicht böse auf sie sein. Sofia brauchte sich keine Sorgen zu machen, wie sie das Geld für die Rückreise beschaffen sollte. José-Maria hatte erfahren, dass Sofia zu Besuch gekommen war, und er tauchte auf. Er hockte sich vor sie hin und lächelte. »Ich wusste, dass du gut damit fertig werden würdest«, sagte er. »Bald kommst du wieder nach Hause.« Dann sagte er das Beste von allem. »Heute Nachmittag muss ich in die Stadt. Dann kannst du mit mir fahren.«
    Am Nachmittag bekam Sofia einen Korb voller Gemüse von Lydia. José-Maria kam mit seinem Auto. Es war Zeit aufzubrechen. Sofia verabschiedete sich und schaute dann zu den schwarzen Resten des Feuers vom vorherigen Abend. »Ich komme bald wieder, Maria«, flüsterte sie vor sich hin.
    An diesem Abend, als sie wieder in ihrem einsamen Zimmer lag, dachte sie, dass es jetzt leichter werden würde, da sie wusste, dass sie bald für immer nach Hause zurückkehren konnte. Außerdem hatte sie mit Maria gesprochen. Maria war bei Muazena und Hapakatanda. Dort würde es ihr gut gehen. So gut, wie es einem eben gehen kann, wenn man tot ist. Sofia dachte, das Schlimmste sei vorbei. Alle Leiden, alle Einsamkeit. Sie streichelte Kukula und Xitsongo, die neben ihrem Bett lagen. Sie waren wirklich ihre besten Freunde geworden.

9.
    Eines Tages hatte sie genug geübt. Sofia dachte, dass die Zeit, die merkwürdige, die es gab und doch nicht gab, sie wieder einmal überrumpelt hatte. Am Ende war sie so schnell vergangen, dass sie nicht einmal an die Zeit gedacht hatte. Mestre Emilio und Doktor Raul kamen in den Saal, in dem sie hin und her ging, während Benthino zuguckte. Sie sahen ihr zu und dann, als sie sich hinsetzte um auszuruhen, sagten sie, dass sie nicht mehr zu üben brauche. Jetzt könnte sie nach Hause gehen und musste nicht mehr wiederkommen. Sofia begriff es nicht. War das wirklich möglich? Dass die lange Einsamkeit vorbei war?
    »Deine Freunde kümmern sich schon sehr gut um

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