Das Geheimnis des Highlanders (German Edition)
gestattet wurde. Kein Wunder, dass Euer Clan am Boden liegt, wenn Euer Vater jedem erlaubt, so über MacLerie zu reden oder auch nur zu denken.“
Sein scharfer Tonfall machte sie stutzig. Auch wenn sie fand, dass er ihren Worten viel zu große Bedeutung zumaß, wusste Jocelyn, er war der Vertraute des Lairds. Wenn es ihm gelegen kam, konnte er das schwierige Verhältnis zwischen ihr und ihrem Ehemann noch komplizierter machen. Sie merkte ihm an, er war ein ehrbarer Mann, doch er war trotz allem die rechte Hand des Lairds.
„Ihr habt mich falsch verstanden, Duncan. Wenn Ihr mir den momentanen Aufenthaltsort des Lairds nennt, werde ich ihn gern persönlich aufsuchen, um ihn zu fragen. Meine Worte waren nicht respektlos gemeint.“
Er schien über ihre Bemerkung nachzudenken, dann nickte er. „Ich könnte mir vorstellen, dass Ihr Euch von der Reise und von den … den Ereignissen der letzten Tage noch nicht vollständig erholt habt. Eure Sorge um Euren Bruder ist verständlich und sogar bewundernswert, jedoch unnötig. Connor hat gesagt, es geht ihm gut, und dann geht es ihm auch gut.“
Nur die heilige Mutter Gottes wusste, wie es ihr möglich war, ihre Hand unter Kontrolle zu halten. Mit jeder Faser ihres Körpers wollte sie eine Faust ballen, so wie Ewan es ihr beigebracht hatte, und sie am Kopf dieses Narren landen lassen. Doch auf einmal wurde ihr etwas anderes bewusst: Er hatte ihre Frage nicht beantwortet, sondern nur um ihr Anliegen herumgeredet.
Er wusste etwas, das er ihr nicht enthüllen sollte.
„Duncan, wo ist mein Bruder?“ Jocelyn starrte ihm ins Gesicht und sah, wie er einen Moment lang nach Worten suchte, um eine Erklärung oder eine Ausrede zu formulieren.
„Ah, seht, Mylady, da ist Ailsa.“ Duncan drehte sich auf dem Absatz herum und rief der Bediensteten quer durch den Gang zu: „Ailsa, deine Lady ist hier. Du bist keinen Augenblick zu früh eingetroffen, denn sie muss sich ausruhen.“
Nachdem er dafür gesorgt hatte, dass jeder in der Nähe seine Worte hören konnte, war Jocelyn eines sofort klar: Sie konnte es nun nicht mehr auf eine Konfrontation ankommen lassen. Angst erfasste sie, da sie sich auszumalen begann, was ihrem Bruder zugestoßen sein mochte. Sie würde mitspielen und Duncan diese Runde gewinnen lassen, doch sie musste wissen, was mit Athdar geschehen war. Während sie einwilligend nickte, beugte sie sich vor und flüsterte so leise, dass niemand sonst sie hören konnte: „Sagt mir zumindest, ob er noch lebt. Wenigstens das müsst Ihr mir verraten.“
Sie hielt die Hände gefaltet, damit sie nicht nach seinem Plaid griff. Er verzog den Mund und rang sichtlich mit sich, was er tun sollte. Ihr wurde übel, und in ihr stieg das Gefühl auf, sich wieder übergeben zu müssen.
„Er lebt und ist wohlauf, Mylady“, antwortete er schließlich. „Über alles andere müsst Ihr mit dem Laird sprechen.“
Ailsa stellte sich nun zu ihnen und schaute zwischen ihnen beiden hin und her. Wer so aufmerksam war wie diese Frau, dem konnte die angespannte Atmosphäre nicht entgehen. Anstatt ihm beizupflichten, dass Jocelyn sich ausruhen sollte, nahm Ailsa sie am Arm und führte sie zu den Toren der Burg.
„Kommt, Mylady. Ich glaube, ein Spaziergang an der frischen Luft hilft Euch mehr, als wenn Ihr Euch in Eure Gemächer zurückzieht.“ Sie setzte sich augenblicklich in Bewegung, doch Jocelyn blieb stehen. Das hier war noch nicht beendet.
„Duncan, wann kann ich den Laird sprechen? Und wo werde ich ihn finden?“
„Er ist zu einem der entlegenen Dörfer geritten. Er wird spät am Abend oder vielleicht erst in den Morgenstunden zurückkehren.“
Also musste sie noch stundenlang oder womöglich sogar einen ganzen Tag warten, um etwas über Athdars Schicksal herauszufinden. Für den Augenblick konnte sie nichts unternehmen, wenn sie nicht gerade Duncan beleidigen oder provozieren wollte. Letzterem hätte sie zwar wesentlich lieber den Vorzug gegeben, aber es hätte ihr nicht geholfen. Ihr blieb nichts anderes übrig, als keinen Zweifel an seinen Worten zu hegen. Das betraf MacLeries Rückkehr wie auch das Befinden ihres Bruders.
„Gut, dann werde ich mit ihm nach seiner Rückkehr reden“, erklärte sie und folgte Ailsa nach draußen.
Einmal noch drehte sie sich zu Duncan um und versuchte, dessen Gedanken zu erahnen. Seine Miene ließ jene Verärgerung erkennen, die aller Wahrscheinlichkeit nach auch ihr ins Gesicht geschrieben war, allerdings aus den genau gegenteiligen
Weitere Kostenlose Bücher