Das Geheimnis des Highlanders (German Edition)
abtupfte. Ein knappes Nicken war ihre einzige Reaktion, aber er akzeptierte es als Antwort. Diese Auseinandersetzungen mussten ein Ende nehmen.
„Ich werde Euch jetzt ruhen lassen“, erklärte er. Lieber jetzt als gleich wollte er ihre Gemächer verlassen. „Oder soll ich Ailsa noch zu Euch schicken?“
Sie wich seinem Blick nicht aus, sondern musterte ihn so, wie jemand einen wütenden Hund betrachtet, in der Angst, das Tier könnte jeden Augenblick zuschnappen. Die Lippen presste sie fest zusammen, als fürchte sie sich davor, den Mund aufzumachen. Schließlich verneinte sie und flüsterte ihm ihre Antwort zu.
Zahlreiche Erwiderungen gingen ihm durch den Kopf, doch keine davon erschien ihm in diesem Moment angemessen. Es war besser zu schweigen, anstatt sich mit einer falschen Äußerung zum Narren zu machen. Irgendwo tief in ihm regte sich der für ihn erschreckende Wunsch, ihr Trost zu spenden. Die monatelangen Überlegungen, ob er wieder heiraten sollte, hätten ihn eigentlich auf diese Situation vorbereiten sollen. Aber wenn er keine Vorsicht walten ließ,würde sich die gleiche Falle noch einmal öffnen und ihn zu fassen bekommen.
Connor hatte das letzte Mal fast nicht überlebt, und er würde bis zu seinem letzten Atemzug kämpfen, um eine Wiederholung zu vermeiden. Auf Abstand zu seiner Ehefrau zu bleiben, spielte bei diesem Plan eine gewichtige Rolle.
Noch ein paar Schritte, und er hatte die Kammer endgültig verlassen. In dem kleinen Vorraum blieb er stehen, um den Plaid richtig um seine Taille zu legen und den Gürtel zuzuziehen. Erst als er schon einige Stufen auf dem Weg nach unten zurückgelegt hatte, fiel ihm auf, dass er seine Stiefel in Jocelyns Gemächern vergessen hatte. Er würde sie am Morgen holen oder jemanden hinschicken, der das für ihn erledigte. Eine einmal angetretene Flucht sollte nicht rückgängig gemacht werden.
Am Fuß des Turms begegnete er Ailsa, wo sie unruhig auf und ab ging. Ihr Verhalten war ihm unverständlich. Er selbst hatte nicht die Absicht gehabt, Aufmerksamkeit darauf zu lenken, wann er seine Frau aufsuchte und wann er sie wieder verließ, aber er hatte eben nicht mit der Alten gerechnet.
„Wenn du mit deinen alten Knochen die Treppe hinaufgehen willst, dann sieh ruhig nach der Lady, bevor du dich zur Nachtruhe zurückziehst. Ich glaube, du wirst sie in guter Verfassung vorfinden.“
„Das war meine Absicht“, konterte sie.
„Dann will ich dich nicht aufhalten“, sagte er und verbeugte sich vor ihr.
Er wartete, dass sie die Stiegen hinaufkletterte. Danach entschied er, dass er sich noch nicht in seine Gemächer begeben wollte. Es war noch nicht lange her, da hatte er sich erschöpft und müde gefühlt, doch im Augenblick verspürte er eine große innere Rastlosigkeit. An Schlaf war noch lange nicht zu denken, das kannte er aus früheren Erfahrungen.
Weder war die Nacht so kalt noch er so alt oder kränklich, dass er unbedingt seine Stiefel benötigte, also begab er sich in Richtung Küche und verließ die Burg. Auf dem Weg zum Wachhaus atmete er die kalte, klare Luft tief ein, damit sie ihre besänftigende Wirkung entfalten konnte. Er stieg hinauf zu den Brustwehren und unterhielt sich kurz mit den Wachposten. Dann spazierte er zu einer ruhigen Ecke, wo er allein sein konnte. Von dort starrte er hinaus in die Nacht.
Der Vollmond tauchte das Land in fahles Licht, das von dem Fluss gespiegelt wurde, der sich unterhalb der Festung durch das Tal schlängelte. Der Wind war hier stärker und peitschte ihm ins Gesicht, während er zusah, wie Wolken vor den Mond zogen und gleich wieder den Blick auf ihn freigaben. Die kühle, feuchte Luft kündigte einen Wetterumschwung an, was nicht ungewöhnlich war, wenn der Sommer sich dem Ende zuneigte.
Sein Land lag vor ihm ausgebreitet, aber selbst wenn er von diesem erhöhten Standort aus den fernsten Punkt anvisierte, wusste er, dass er die Grenzen nicht ausmachen konnte. Die letzten Lairds hatten seinerzeit den Besitz des Clans stark ausgeweitet, und er würde dafür sorgen, dass sein Sohn sich nicht mit weniger zufriedengeben musste, wenn der einmal den Platz einnahm, den Connor jetzt innehatte. Sein Sohn.
Es ging nicht anders, sie musste ihm einen Sohn schenken.
Und wenn das geschehen war, dann würde er endlich all das genießen können, worauf er hingearbeitet hatte. Alles, was so viel Mühsal, Vermögen, so viele Leben und Seelen gekostet hatte. Zu viele Schwüre waren gesprochen worden, denen er sich nicht
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