Das Geheimnis des Himmels
zu entziehen.
„Eure Familie hat sich, durch welche Umstände auch immer, dem Verdacht ausgesetzt, es mit den Lutherischen zu halten, gelinde gesagt. Das ist gerade hier, im Machtbereich meiner Familie, ein schweres Vergehen. Natürlich glaube ich nicht, dass die Anschuldigungen hieb- und stichfest sind, aber auch Gerüchte können Euer Leben gefährden. Ich werde diesen Gerüchten entgegentreten. Und nicht nur das: Ich gedenke Euch zu meiner Frau zu nehmen! Und mit diesem glücklichen Umstande seid Ihr aller Sorgen ledig.“
Mit dieser Ankündigung glaubte Nickel Pflug, das Recht erworben zu haben, grenzenlos über Barbara zu verfügen – und er versuchte es sogleich einzufordern. Aber er wurde augenblicklich eines Besseren belehrt. Für ihn völlig überraschendwurde er nicht nur unsanft ins Gras zurückgestoßen, sondern Barbara sprang auf und erklärte ihm mit vor Wut zitternder Stimme: „Täuscht Euch nicht! Ich bin weder in Gefahr noch willens, mit Euch eine Verbindung einzugehen, die mehr ist als die höfische Gepflogenheit. Und damit Ihr es wisst: Ich bin verlobt. Und nun trollt Euch!“
Erst völlig überrascht, aber dann mit zornesrotem Gesicht erhob sich Nickel und baute sich bedrohlich vor Barbara auf: „Das werdet Ihr noch bereuen! Diese Gelegenheit erhaltet Ihr nie wieder! Ihr werdet noch auf Knien angekrochen kommen, um mich zu bitten, auch nur meine Magd werden zu können!“
„Darauf könnt Ihr warten, bis Ihr weiß wie der Schimmel werdet!“
Gerade wollte Nickel seine Hand zum Schlag erheben, da wurde er jäh von seinem Vorhaben abgehalten. Friedrich von der Aue kam herangeritten und hielt dicht hinter Nickel Pflug sein Pferd an.
„Welcher angebliche Edelmann will eine unbescholtene Jungfrau züchtigen? Ich werde Euch Mores lehren!“ Mit diesen Worten sprang Friedrich vom Pferd und riss Nickel mit einer kurzen Bewegung um. Bevor er sich für eine Antwort entscheiden konnte, spürte Nickel die kalte Klinge eines Kurzschwertes an seinem Hals.
„Ich wollte nur …“ Er kam nicht dazu, eine plausible Erklärung abzugeben. Zitternd vor Angst starrte er auf Friedrichs Waffe.
„Habt Ihr nicht den Befehl der Dame gehört? Trollt Euch!“
Mit wütenden Blicken eilte Nickel zu seinem Pferd zurück und sah zu, dass er möglichst schnell Abstand von dem Ort seiner Schmach fand.
„Ach Friedrich, Eure Bestimmung scheint es wohl zu sein, immer im richtigen Moment zu erscheinen“, seufzte Barbara.
„Danke, aber mir scheint, du bist durchaus in der Lage gewesen,dich der Avancen dieses Edelmannes zu erwehren.“ Das Wort „Edelmann“ konnte kaum spöttischer ausgesprochen werden. Friedrich legte seine Waffe ins Gras und zog Barbara an sich. „Wie sehr habe ich mich nach dir gesehnt!“ Er küsste sie innig.
„Wie habe ich auf dich gewartet!“ Barbaras Augen strahlten.
„Ich weiß nicht, was ich von eurem Unterschlupf halten soll“, meinte Friedrich nach einer Weile. „Einerseits seid ihr gewissermaßen sicher, andererseits hat deine Mutter ausgerechnet bei den erklärtesten Feinden der lutherischen Bewegung Asyl gefunden.“
„Ich weiß, es ist geradezu verrückt. Aber, auf der anderen Seite: Welcher Schutz könnte größer sein als der, sich im Lager von Herzog Georg zu befinden?“
„Da hast du vielleicht recht. Aber ungefährlich ist es trotzdem nicht. Der Fall eben zeigte es deutlich.“
„Vor allem müssen wir dieser Familie jeden Tag ins Auge sehen. Nickel wird jetzt versuchen, uns das Leben so schwer wie möglich zu machen.“
„Zumindest in deinem Falle könnten wir das verhindern.“
„Wie das?“
„Indem wir heiraten. Und zwar schon jetzt.“
Barbara schwieg verblüfft. Ihre Überraschung verwandelte sich in kaum verhüllte Freude, als Friedrich von der Aue sich galant vor ihr verneigte und sie noch einmal ganz formell bat, ihn zu ihrem Mann zu nehmen. Errötend versuchte sie sich zu fassen.
„Liebster Friedrich, du weißt, wie sehr ich mich danach sehne, die Ehe mit dir einzugehen. Aber wir hatten doch versprochen, zu warten, bis du deine Studien beendet hast. Vor allem meinem Vater ist sehr daran gelegen, dass sein Schwiegersohn in Lohn und Brot kommt.“
„Besondere Umstände können schon einmal lang gehegte Pläne ins Wanken bringen. Aber natürlich hast du recht. Ichwerde deine Eltern formell um Zustimmung bitten müssen. Dazu wäre es schön, wenn deine Mutter dich einmal hierhin begleiten könnte, damit ich es ihr selbst antragen kann. Denn ich
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