Das Geheimnis des letzten Moa: Neuseelandsaga (German Edition)
gestohlenen Geld meines Mannes!«, rief Selma verzweifelt aus.
»Gib es auf. Das gestohlene Geld ist in deinem Besitz.«
Selma wandte sich flehend an Mister Wayne.
»Gut, durchsuchen Sie doch mein Zimmer. Wenn Sie dort Geld finden, bitte, dann werde ich mit diesem Kerl gehen, wenn nicht, dann warten wir auf Damon.«
»Lassen Sie sich bloß nicht darauf ein«, mischte sich Richard in scharfem Ton ein. »Wer weiß, wo sie das Geld versteckt hat. Sie wird ja nicht so dumm sein, es unter ihr Kopfkissen zu legen. Aber mir geht es gar nicht um das Geld. Soll es vermodern, wo sie es versteckt hat. Ich will allein Gerechtigkeit für meinen Bruder.«
Ehe er sich's versah, war Selma auf ihn zugesprungen und hatte ihm eine saftige Ohrfeige verpasst.
»Da haben Sie den Beweis. Sie ist unberechenbar«, spuckte Richard verächtlich aus.
»Nun nehmen Sie diese Frau schon mit!«, verlangte Adrian Wayne. »Und du packst ihre Sachen, und zwar schnell. Die Kutsche der Herren wartet«, fügte er an seine Frau gewandt hinzu.
Selma erkannte mit Schrecken, dass die Waynes nur ein Ziel hatten: sie schnellstens loszuwerden. Und zwar, ohne dass es zu einem Skandal kam. Den fürchteten sie offenbar am meisten.
»Damon!«, schrie sie verzweifelt. »Lass nicht zu, dass Richard mich entführt! Damon, bitte! Hilf mir!« Dann hielt sie inne und sah Mister Wayne flehend an, doch er wandte sich unvermittelt ab. Ich bin verloren, dachte Selma, aber dann fiel ihr ein, womit sie die Waynes vielleicht doch noch von diesem Wahnsinn abbringen konnte.
»Mister Wayne, Sie lieben Ihren Sohn, oder? Und er liebt mich. Wie um Himmels willen wollen Sie ihm erklären, dass ich plötzlich verschwunden bin? Er wird Ihnen nie verzeihen, dass Sie mich diesem Kerl ausgeliefert haben, vor dem er mich einst gerettet hat. Er wird mich suchen!«
Mister Wayne kratzte sich nachdenklich den Bart. Ihm kommen Bedenken, vermutete Selma hoffnungsvoll.
Da fuhr Misses Wayne scharf dazwischen. »Adrian, lass dich nicht beirren von diesem Frauenzimmer. Das lass mal meine Sorge sein. Mir wird schon etwas einfallen, damit er uns keine Vorwürfe macht und nicht ganz Neuseeland nach der da absucht. Ich werde ihn schon davon überzeugen, dass sie ein unzuverlässiges kleines Flittchen ist. Darauf kannst du dich verlassen.«
»Gut, dann schafft sie mir endlich aus den Augen!«, befahl Mister Wayne. »Und du, Ida, pack bitte ihre Sachen.«
Das musste er seiner Frau nicht noch einmal sagen. Eilig verließ sie das Zimmer. Im Hinausgehen warf sie Selma noch einen gehässigen Blick zu.
Als Selma Richards brutalen Griff an ihrem Arm spürte, wusste sie, dass sie verloren hatte. Sie schrie auf vor Schmerz. Es war ihr, als würde sie aus einem schönen Traum erwachen. Was hatte sie sich nur eingebildet? Dass ihr ein Glück an der Seite von Damon Wayne vergönnt war?
Nein, gewiss nicht, aber auch etwas anderes wusste sie ganz genau: Niemals würde sie mit Richard gehen! Sie war nur noch von dem einen Gedanken besessen: diesem Mann zu entkommen! Und es gab nur einen, der ihr dabei helfen könnte. Der schüchterne junge ehemalige Matrose dort, der vor lauter Scham nicht mehr wusste, wohin er gucken sollte.
Selma suchte Peter Stevensens Blick und musterte ihn durchdringend. Aus seinen Augen sprach das wandelnde schlechte Gewissen. Er sah rasch zur Seite.
»Am besten, ihr bringt sie gleich auf die Nordinsel und überstellt sie dort der Polizei«, schlug Mister Wayne vor und drückte Richard das Geld für drei Schiffspassagen von Dunedin nach Auckland in die Hand. »Dann kann mein Sohn Damon lange nach ihr suchen!«
»Wenn er erfährt, dass Sie mich diesen Verbrechern ausgeliefert haben, wird er mich auch im Norden aufspüren«, widersprach Selma trotzig.
»Wie meine Frau schon sagte: Wir werden den Besuch dieser Herren lieber nicht erwähnen, sondern ihm eine Geschichte auftischen, bei der du, mein liebes Kind, auf jeden Fall schlecht wegkommst. Ich werde doch den Ruf meiner Familie nicht aufs Spiel setzen und mitansehen, wie mein Sohn zu einer Mörderin hält.«
»Richtig, mein Herr. Ihr leichtgläubiger Sohn hat sie schon einmal dem Arm der Gerechtigkeit entrissen. Noch einmal sollte er sich nicht mit einer Verbrecherin gemein machen«, pflichtete Richard ihm in schleimigem Ton bei. Dann zischelte er an Selma gewandt: »Nun komm endlich!«
Selma aber dachte nicht daran, ihre Entführung aus diesem Haus auch noch zu unterstützen. Sie sträubte sich mit Händen und Füßen gegen
Weitere Kostenlose Bücher