Das Geheimnis des Millionaers
gedrechselten Pfosten. „Natürlich fehlen noch die Vorhänge und der Himmel.“
„Die kommen noch“, erklärte Mr. Derwent. „Miss Landers Geschäftspartnerin näht etwas ganz Besonderes dafür, nicht wahr, Miss Lander?“
Da beide sie erwartungsvoll ansahen, blieb Adrienne nichts anderes übrig, als zu nicken.
„Wann wird es denn fertig sein?“, erkundigte sich Mrs. Whitley.
„Es ist schon fertig“, gab Adrienne zu. „Ich … ich gehe und hole alles. Am besten gleich.“ Sie sah auf ihre Armbanduhr. „Sagen Sie Mr. Haddon bitte Bescheid, dass ich zum Lunch nicht hier sein kann.“
Es hatte aufgehört zu regnen, und eine fahle Sonne brach durch die Wolken, als Adrienne das Cottage erreichte.
Sie war gerade vierundzwanzig Stunden fort gewesen, und doch haftete dem Haus etwas Verlassenes an. Ein Monat, tröstete Adrienne sich. In einem Monat gehört es wieder mir.
Sie sammelte die Post ein, hörte die Nachrichten auf dem Anrufbeantworter ab, machte sich eine Tasse Kaffee und aß das Schinkenbrötchen, das sie sich im Dorf besorgt hatte. Dann schloss sie ab und ging zu Zeldas Apartment hinüber.
„Hallo.“ Zelda sah ehrlich überrascht aus. „Dich hatte ich gar nicht erwartet.“
Adrienne lächelte gezwungen. „Ich wollte die Vorhänge und den Himmel abholen. Das Vierpfostenbett ist gerade gekommen.“
Zelda starrte sie an. „Du hast es nicht abbestellt?“
„Hab ich vergessen“, gab Adrienne betreten zu.
Ein strahlendes Grinsen breitete sich auf Zeldas Gesicht aus. „Das nennt man dann wohl einen freudschen Fehler, was?“
„Das hat damit überhaupt nichts zu tun. Mir schwirrten einfach zu viele andere Dinge im Kopf.“
Zelda holte den Schlüssel zum Werkraum, und gemeinsam luden sie die schweren Stoffbahnen in Adriennes Jeep.
„Alles in Ordnung mit dir?“, fragte Zelda anschließend und betrachtete die Freundin besorgt.
„Sicher, alles bestens“, log Adrienne.
„Wirklich? Ich kann doch mitkommen und dir helfen, diese Dinger aufzuhängen, Ich weiß doch, was du von Leitern hältst.“
„Das habe ich inzwischen überwunden“, behauptete Adrienne. „Außerdem wolltet ihr doch heute Smudges Hund abholen, oder? Ich komme schon zurecht, keine Sorge.“
Doch ihre Freundin wirkte alles andere als überzeugt. „Eines Tages musst du mir ausführlich erzählen, was genau da eigentlich abläuft“, meinte sie grimmig.
Wenn ich es nur selbst wüsste, dachte Adrienne und fuhr mit einem gespielt fröhlichen Winken davon.
Bei ihrer Rückkehr wirkte The Grange menschenleer. Sie musste mehrmals die Treppen hinauf- und hinunterlaufen, um alle Bahnen in Chays Schlafzimmer zu bringen. Dann suchte sie in den Nebengebäuden nach einer Leiter.
Nicht zu hoch, versicherte sie sich, als sie die Leiter nach oben trug. „Und nicht nach unten schauen“, murmelte sie, als sie, die erste Stoffbahn über der Schulter, vorsichtig die Sprossen erklomm.
Zehn Minuten später verfluchte sie sich. Wie war sie nur auf die Idee gekommen, ein Paar Hände würde reichen?! Jedes Mal, wenn sie die Ecke richten wollte, rutschte der schwere Stoff an der Seite wieder hinunter.
„Dummes Ding“, rief sie und beugte sich vor, um den Stoff gerade zu ziehen. Die Leiter wackelte gefährlich, und mit einem Schrei griff Adrienne nach dem nächsten Pfosten, um sich festzuhalten.
„Was, zum Teufel, machst du da?“, hörte sie Chays Stimme hinter sich.
Sie sah sich um. Er stand am Fuß der Leiter und sah zu ihr auf, und plötzlich schlug die Erinnerung wie eine Welle über ihr zusammen. Sie war wieder das kleine Mädchen.
„Rühr mich nicht an.“ Ihre Stimme klang schrill. „Lass die Leiter in Ruhe.“
„Sei nicht albern, Adrienne“, knurrte er. „Komm von der Leiter runter.“ Er wollte ihr helfen, doch sie trat nach ihm.
„Nein!“
Fluchend hob Chay sie von der Leiter und drehte sie in seine Arme. Er hielt sie, bis sie sich nicht mehr wehrte und ihre leisen Schluchzer verebbten. Bis nur noch ihrer beider schwerer Atem zu hören war.
„Du verstehst es noch immer nicht, Adrienne, oder?“
Doch plötzlich hörten sie Schritte, ein leises Nachluftschnappen und eine gemurmelte Entschuldigung. Mrs. Whitley stand in der Tür und trat bereits den Rückzug an.
„Jean, warten Sie.“ Ohne Eile ließ Chay Adrienne los und wandte sich der Haushälterin zu. „Könnten Sie diese Vorhänge aufhängen, Jean? Miss Lander hat nämlich Probleme mit Höhen.“ Er lächelte beiden Frauen höflich zu und verließ das
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