Das Geheimnis des Millionaers
Zimmer.
„Sie hätten sofort zu mir kommen sollen, Madam.“ Mrs. Whitley schnalzte tadelnd mit der Zunge und kam in den Raum. „Sie sind ja weiß wie ein Laken.“
„Ich dachte, ich würde herunterstürzen.“ Benommen starrte Adrienne zur Tür, sah noch immer Chay mit energischen Schritten davoneilen, sah die langen, ausholenden Schritte, die ihr so vertraut waren. Was verstörte sie plötzlich an seinem Gang?
„Kommen Sie, ich stelle mich auf die Leiter, und Sie reichen mir alles.“
Mrs. Whitley plauderte unbeschwert über dieses und jenes, während sie Stoffbahnen befestigte und Vorhänge anbrachte. Adrienne antwortete nur zurückhaltend, noch immer mit den Gedanken beschäftigt, die Chays abrupter Abzug ausgelöst hatte.
Nachdem alles fertig und gebührend bewundert worden war und Mrs. Whitley die Leiter zurück in den Anbau brachte, zog Adrienne sich in ihr Zimmer zurück. Sie setzte sich auf die Fensterbank und starrte in den regennassen Garten hinaus.
Da hatte sie sich selbst einen schönen Schrecken eingejagt, aber es war ja noch einmal gut ausgegangen. Chay hatte sie gerettet. Wie früher so oft, bis auf das eine Mal. Und jetzt rettete er sie, um eine Tat wiedergutzumachen, von der er immer behauptete, sie nicht begangen zu haben. Er wusste ja nicht, dass sie ihn damals gesehen hatte.
Nur … passte alles nicht zusammen. Adrienne runzelte die Stirn. Die Gestalt, die damals vom Baumhaus weggerannt war, hatte einen ganz anderen Gang als Chay gehabt, viel kürzere Schritte. Sie war auch kleiner gewesen als er.
Verdammt, sie kannte Chay doch seit Jahren und wusste praktisch alles über ihn. Wieso war ihr damals nicht aufgefallen, dass es gar nicht Chay gewesen war, sondern jemand, der seinen grauen Anorak trug?
Mit einer seltsamen Ruhe erkannte sie die Wahrheit. Es musste Piers gewesen sein, der Erbe von The Grange, der Chay als Eindringling betrachtete. Piers, der wollte, dass Chay verschwand.
Aber warum? Warum eine so extreme Reaktion wegen des Sohns der Haushälterin?
Sie würde es noch immer nicht verstehen, hatte Chay ihr gerade gesagt. Doch, sie verstand jetzt. Und vielleicht könnte Chay ihr das Warum erklären.
Sie musste ihn finden, ihm erzählen, wie sie sich jahrelang selbst getäuscht hatte. Und ihn bitten, ihr zu verzeihen. Falls das möglich war.
Mit diesem Entschluss lief sie die Treppe hinunter zu Chays Arbeitszimmer. Leise klopfte sie an die Tür. Als niemand antwortete, klopfte sie noch einmal, diesmal energischer.
„Miss Lander?“ Mrs. Whitley tauchte hinter Adrienne auf. „Ich wollte Ihnen gerade sagen, dass ich den Tee für Sie im Salon serviert habe.“
„Oh, danke.“ Adrienne zögerte. „Ist Mr. Haddon ausgegangen?“
„Ja, Madam. Er musste nach London zurück. Er bat mich, ihn bei Ihnen zu entschuldigen und Ihnen zu sagen, dass er am Wochenende zurück sein werde.“
„Wenn seine Gäste kommen. Natürlich.“ Irgendwie brachte sie ein Lächeln zustande. „Danke, Mrs. Whitley.“
Chay ist fort, dachte Adrienne verzweifelt. Sie hatte zu lange gewartet, und jetzt war er gegangen.
Heiße Tränen brannten in ihren Augen.
9. KAPITEL
„In unserem Auftragsbuch ist keine einzige Zeile mehr frei.“ Zelda strahlte übers ganze Gesicht.
„Sieht fast danach aus.“ Adrienne brütete über einem Kostenvoranschlag. „Woher diese plötzliche Flut?“
„Die Weihnachtskarten stehen schon in den Läden, und die Leuten wollen ihre Wohnung noch schnell verschönern, bevor die Verwandten zum Weihnachtsschmaus anrollen.“ Zelda dachte nach. „Bei The Grange ist das wohl nicht das Problem. Die Gäste werden so oder so beeindruckt sein.“
„Das hoffe ich auch, aber irgendwie bezweifle ich es. Das sind alles Leute in hohen Positionen.“ Adrienne seufzte. „Chays Assistentin hat mir die Gästeliste gefaxt, inklusive Vorlieben und Interessen. Damit ich die Unterhaltung der Gäste planen kann. Bei den Männern ist das einfach, die wollen alle Golf spielen. Bei den Frauen ist es schon etwas aufwendiger. Eine ist verrückt nach Tennis, die andere schwimmt für ihr Leben gern, und die dritte sammelt Antiquitäten. Also habe ich eine Wochenendmitgliedschaft im hiesigen Country Club arrangiert und alles für einen Ausflug am Sonntagmorgen auf die Antiquitätenmesse nach Lower Winkleigh geplant.“ Sie runzelte die Stirn. „Samstagnachmittag kommen ein paar Leute aus dem Dorf auf einen Drink.“
„Jemand Interessantes dabei?“
„Sally Parfitt hat die Einladungen vom
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